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Die Abenteuer von Sherlock Holmes

Die Abenteuer von Sherlock Holmes

Titel: Die Abenteuer von Sherlock Holmes Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Sir Arthur Conan Doyle
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hat - wie lange war er bei Ihnen schon beschäftigt?"
    "Damals ungefähr einen Monat."
    "Wie ist er zu Ihnen gekommen?"
    "Er hat sich auf ein Inserat von mir gemeldet."
    "War er der einzige Bewerber?"
    "Nein, es gab ein Dutzend."
    "Aber warum wählten Sie ihn aus?"
    "Er war anstellig und billig."
    "Und er hat tatsächlich für den halben Lohn gearbeitet?"
    "Ja."
    "Wie sieht er aus, dieser Vincent Spaulding?"
    "Klein, gedrungen, in allem sehr schnell, kein Haar im Gesicht, obwohl er bald dreißig ist. Er hat von einer Säure einen weißen Fleck an der Stirn zurückbehalten."
    Holmes richtete sich ziemlich erregt im Stuhl auf.
    "Das dachte ich mir", sagte er. "Haben Sie gesehen, ob seine Ohren durchstochen sind für Ringe?"
    "Ja, Sir, er erzählte mir, daß eine Zigeunerin das gemacht hat, als er ein junger Bursche war."
    "Hm." Holmes versank in dumpfes Brüten. "Er ist noch bei Ihnen?"
    "O ja, Sir, vorhin war er noch da."
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    "Und er hat sich während Ihrer Abwesenheit um Ihr Geschäft gekümmert?"
    "Ich kann mich nicht beklagen. Morgens gibt es nie viel zu tun."
    "Das reicht, Mr. Wilson. Ich werde mich glücklich schätzen, wenn ich Ihnen in der Sache in ein, zwei Tagen Bescheid sagen kann.
    Heute ist Samstag; ich hoffe, daß wir am Montag zu einem Schluß gekommen sind."
    "Nun, Watson", sagte Holmes, als der Besucher uns verlassen hatte, "was halten Sie von alledem?"
    "Ich kann nichts damit anfangen", antwortete ich offen. "Das ist eine höchst mysteriöse Geschichte."
    "Es ist ein Gesetz", sagte Holmes, "daß sich die bizarrsten Geschehnisse als die am wenigsten mysteriösen herausstellen. Es sind die gewöhnlichen, gesichtslosen V erbrechen, die wirklich verwirren, geradeso wie sich ein gewöhnliches Gesicht schwer identifizieren läßt. Aber ich muß mich beeilen."
    "Was wollen Sie jetzt tun?" fragte ich.
    "Rauchen", antwortete er. "Das ist ein Drei-Pfeifen-Problem, und ich bitte Sie, mich in den nächsten fünfzig Minuten nicht
    anzusprechen!" Er rollte sich in seinem Sessel zusammen, zog die Knie bis an die Habichtnase und saß so mit geschlossenen Augen, die schwarze Tonpfeife ragte vor wie der Schnabel eines seltsamen Vogels. Ich nahm an, er sei eingeschlafen, und döste auch, aber plötzlich sprang er entschlossen auf und legte die Pfeife auf den Kaminsims.
    "Heute spielt Sarasate in der St. James' Hall. Was glauben Sie, Watson, können Ihre Patienten Sie für einige Stunden entbehren?"
    "Ich habe heute nichts zu tun. Meine Praxis nimmt mich nie voll in Anspruch."
    "Dann setzen Sie sich den Hut auf und kommen Sie mit. Wir gehen erst durch die City, unterwegs nehmen wir einen Lunch zu uns. Es steht viel deutsche Musik auf dem Programm, das ist mehr nach meinem Geschmack als die italienische oder die französische. Sie ist introspektiv, und ich möchte heute introspektiv sein. Also kommen Sie!"
    Wir fuhren mit der Untergrundbahn bis Aldersgate; von dort machten wir einen kleinen Spaziergang zum Saxe Coburg Square, dem Schauplatz der seltsamen Geschichte, die wir am Morgen gehört hatten.
    Es war ein kleiner, verwinkelter Platz von
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    heruntergekommener Eleganz, an den vier Seiten von schmutzigen zweistöckigen Backsteinhäusern umstanden, die auf eine kleine umzäunte Fläche sahen, wo ein verwilderter Rasen und einige mickrige Lorbeerbüsche einen harten Kampf gegen die
    rauchgeschwängerte, unzuträgliche Luft führten. Drei vergoldete Bälle und ein braunes Brett mit der Aufschrift Jabez Wilson in weißen Lettern an einem Eckhaus bezeichneten den Ort, an dem unser rothaariger Klient sein Geschäft betrieb. Sherlock Holmes blieb davor stehen, neigte den Kopf zur Seite und musterte den Laden mit hellwachen Augen aus zusammengekniffenen Lidern. Dann ging er langsam die Straße hinauf und wieder zurück bis zur Ecke, wobei er unverwandt und eingehend die Häuser betrachtete. Schließlich verharrte er vor der Pfandleihe, und nachdem er zwei- oder dreimal mit dem Stock heftig auf das Pflaster gestoßen hatte, trat er zur Tür und klopfte. Sofort öffnete, ein heiter aussehender, glattgesichtiger junger Bursche und forderte ihn auf, einzutreten.
    "Vielen Dank", sagte Holmes. "Ich wollte nur wissen, wie man von hier zum Strand kommt."
    "Dritte Straße rechts, vierte links", antwortete der Gehilfe prompt und schloß die Tür.
    "Ein geriebener Bursche", stellte Holmes fest, als wir davongingen.
    "Er ist meiner Meinung nach der viertgerissenste Mann von London; ich bin mir sogar nicht ganz sicher, ob er

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