Die Abenteuer von Sherlock Holmes
›das ist in der Tat sehr ernst.
Es bekümmert mich, Sie das sagen zu hören. Der Fonds ist natürlich zur Propagierung und Verbreitung der Rotköpfe so gut wie für ihren Unterhalt gedacht. Es fügt sich außerordentlich unglücklich, daß Sie Junggeselle sind ‹
Mein Gesicht wurde lang, Mr. Holmes, denn ich glaubte, daß ich nun die Stelle nicht mehr bekommen würde. Aber nachdem er einige Minuten überlegt hatte, sagte er, es ginge schon in Ordnung.
›In einem anderen Fall‹, sagte er, ›könnte der Einwand
verhängnisvoll sein. Aber Ihnen müssen wir doch einiges zugute halten, einem Mann mit einem solchen Schopf! Wann können Sie die Stellung an treten?‹
›Also, das ist ein bißchen schwierig, denn ich betreibe bereits ein Geschäft‹, sagte ich.
›Oh, das macht nichts‹, sagte Vincent Spaulding. ›Ich werde schon nach dem Rechten sehen ‹
›Und wie wäre die Dienstzeit?‹ fragte ich.
›Von zehn bis zwei ‹
Die Arbeit eines Pfandleihers konzentriert sich meist auf den Abend, Mr. Holmes, besonders auf den Dienstag- und Freitagabend, vor den Zahltagen, so paßte es mir sehr gut, in den Morgenstunden etwas hinzuzuverdienen. Außerdem wußte ich, mein Gehilfe ist ein guter Mann und würde alles Anfallende erledigen.
›Damit käme ich gut zurecht‹, sagte ich. ›Und die Bezahlung?‹
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›Vier Pfund die Woche ‹
›Und die Arbeit?‹
›Ist kaum als Arbeit zu bezeichnen ‹
›Was verstehen Sie unter, kaum als Arbeit zu bezeichnen?‹
›Nun, Sie müssen im Büro sein oder wenigstens im Haus, die ganze Zeit über. Wenn Sie weggehen, verlieren Sie Ihre Position für immer. Das Testament ist in dem Punkt sehr klar. Sie verletzen die Bedingungen, wenn Sie sich während dieser Zeit, aus dem Büro entfernen ‹
›Es sind nur vier Stunden am Tage. Ich glaube nicht, daß ich ans Weggehen denken werde‹, sagte ich.
›Es gilt keine Entschuldigung‹, sagte Mr. Duncan Ross, ›weder Krankheit, noch Geschäft, noch irgendetwas anderes. Hier müssen Sie bleiben, oder Sie verlieren den Anspruchs‹ - ›Und die Arbeit?‹
›Besteht darin, die Encyclopaedia Britannica abzuschreiben. Dort drüben in dem Schrank liegt der erste Band. Sie müssen sich Ihre eigene Tinte, Ihre eigenen Federn und das Papier besorgen. Wir stellen den Tisch und den Stuhl zur Verfügung. Werden Sie morgen antreten können?‹
›Gewiß‹, antwortete ich.
›Dann auf Wiedersehen, Mr. Jabez Wilson, und lassen Sie mich Ihnen noch einmal zu dieser bedeutsamen Stellung gratulieren, die Sie errungen haben ‹
Er komplimentierte mich aus dem Zimmer, und ich ging mit meinem Gehilfen nach Hause und wußte nicht, was ich sagen oder tun sollte, so zufrieden war ich in meinem Glück. Nun, den ganzen Tag lang dachte ich über die Sache nach, und gegen Abend war ich dann niedergeschlagen, denn da hatte ich mir fast eingeredet, daß die Angelegenheit ein großer Jux oder Betrug sein müsse, wenn ich mir auch nicht vorstellen konnte, zu welchem Ziel. Ich hielt es für unglaublich, daß jemand, so ein Testament gemacht haben sollte oder daß man eine solche Summe für etwas derart Leichtes wie Abschreiben der Encyclopaedia Britannica zahlen würde. Vincent Spaulding tat, was er konnte, um mich aufzuheitern, doch beim Schlafengehen hatte ich mir das Ganze aus dem Kopf geschlagen.
Dennoch entschloß ich mich am Morgen, mir die Sache anzusehen.
Ich kaufte mir eine Flasche Tinte für einen Penny, eine Kielfeder und sieben Blatt Pro-Patria-Papier und machte mich auf den Weg nach Pope's Court. Zu meiner Überraschung und Freude hatte alles seine
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Richtigkeit. Der Tisch stand für mich bereit, und Mr. Duncan Ross war anwesend, um zu sehen, daß ich die Arbeit ordentlich aufnahm. Er ließ mich mit dem Buchstaben A beginnen und ging dann weg; aber von Zeit zu Zeit kam er wieder und schaute, ob mit mir alles stimmte.
Um zwei Uhr wünschte er mir einen guten Tag, lobte mich wegen der Menge, die ich geschrieben hatte, und verschloß die Tür hinter mir.
Das ging Tag um Tag so, Mr. Holmes, und am Samstag kam der Manager und zählte vier goldene Sovereigns für die Arbeit einer Woche auf den Tisch. So lief es in der nächsten Woche, so auch in der Woche darauf. Jeden Morgen war ich um zehn da, und jeden Nachmittag um zwei Uhr ging ich weg. Allmählich gewöhnte Mr.
Duncan Ross es sich an, nur einmal am Morgen hereinzuschauen, und dann nach einiger Zeit kam er überhaupt nicht mehr. Dennoch wagte ich natürlich nicht,
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