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Die Abschaffung der Arten

Die Abschaffung der Arten

Titel: Die Abschaffung der Arten Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Dietmar Dath
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bei euch – und das längste, das Konzeptalbum, die erste Oper sozusagen, habe ich Katja geschenkt.«
    »Was ist damit passiert?«
    »Glaubst du das«, sie lachte, »die hat das verbummelt. So war sie. Obwohl wir da schon ... ich meine, das war meine große Liebe, verstehst du, und nicht zuletzt deshalb, weil es ja dann schließlich sogar erwidert wurde. Ich erinnere mich an den Abend, als mir das zum ersten Mal aufging, daß es nicht dabei bleiben mußte, daß ich sie aus der nahen Ferne anhimmle, sondern daß da wirklich was gehen kann, mit uns. Wir hatten ... es war ein Theaterabo, kollektiv, der ganze Leistungskurs, das hatte diese Frau Fuchs-Stockmann organisiert, und wir fuhren also nach Basel im Bus, als ... das Stück, also das war grauenhaft, so ein abstrakt absurder Knetkram über das Elend des Menschen im fordistischen Dingsbums, es gab da diese eine Handbewegung, am Hebel, in der Fabrik, die immer gemacht werden mußte, von den Figuren, aber pantomimisch, das heißt, es war gar kein Hebel da und ... ich habe es kaum ausgehalten, bis auf ... ich habe Katja beobachtet, den ganzen Abend lang, wie sie das, ich meine, wenn schon ich, die ja eigentlich offen war für schwerste Kunstgenüsse, da Hummeln im Hintern hatte ... wie würde so eine sprühende ... und tatsächlich ist sie rumgerutscht, als säße sie in einem schwankenden Boot, es war wirklich ganz allerliebst, wie dieser superlebendige Körper sich dem Schwachsinn und der Verödung auf der Bühne zu entziehen suchte, bis sie schließlich sogar die Zurückhaltung aufgab, die uns verboten hat, den Kopf hin und her zu drehen – sie saß eine Reihe vor mir, schräg, drei Plätze weiter, und drehte sich um, und sah mich an, und sah, daß ich sie sah, und da wußte ich es, das war, wie wenn es wieder so um die Ecke gewetzt kommt, dieses, wie Johanna sie deswegen dann taufte: dieses Wetzelchen.«
7. Anschlag
    Esprit war wieder einmal gekommen, der höchste Feiertag der Hunde, inzwischen ein alles andere als liebliches Fest. Die Ausrichtung trug Merkmale des Angebrannten, Überholten, Ungewollten. Der Zorn und die Angst der Gente nahm häßliche Züge an: Wo man an den Rändern der Städte noch Menschen fing, die es nicht in die ausgeschilderten Flüchtlingszonen geschafft hatten, wurden viele von diesen aus Anlaß des Jahrestages gebunden und öffentlich verbrannt. Der Gestank drohte mehrere Tage lang sogar die königlichen Pherinfone zu ersticken, von denen immer dieselbe Parole ausging: Wir werden sie aufhalten, wir werden sie abwehren.
    Wer war »wir«?

    Der König, den Dmitri heute aufsuchte, um eine ganz besondere Nachricht zu überbringen, hatte sich ins Sandelholzzimmer zurückgezogen, dessen Wände inzwischen ganz mit Schwingspiegeln ausgekleidet waren. Um ihn wucherten Satellitenaufnahmen wie exotisches Unkraut.
    Er sah älter aus als je, aber längst nicht besiegt.
    Dmitri ertappte sich dabei, wie ihm der Anblick hohe Achtung und etwas wie Liebe einflößte – vielleicht chemisch induziert, aber es fühlte sich aufrichtig an. Der Wolf mußte an seinen toten Freund, das Laufschwein, denken und fragte sich, ob der Löwe von hier aus zugesehen hatte, auf diesen Schirmen, als Hébert ermordet worden war. In die meteorologischen Aufnahmen waren Diagramme der beschleunigten genetischen Drift infolge des Feldzugs der Keramikaner eingeschaltet. Es sah alles trübe aus.
    Als wäre er ein Mime auf dem Theater, begann der König, melodisch und durchdringend zu erläutern, wie sich der Zustand der Welt für ihn malte: »In alter Nomenklatur: Afrika haben sie ganz, China zu größten Teilen, die amerikanischen Kontinentalhälften ohnehin. Wir werden uns verschanzen, lustigerweise eben dort, wo die erste tellurische Technozivilisation, die menschliche, die wir vielleicht allzu flapsig die Langeweile getauft haben, vor Tausenden von Jahren ihren Anfang nahm. Der Feldzug ...«
    »Es ist kein Feldzug«, Dmitri hatte nicht vor, sich auf die hohltönende Propaganda länger einzulassen. Ihm war freies Geleit zugesichert worden, obwohl er in Georgescus Datenbanken als Deserteur geführt wurde. Die Werft, die ganze Insel und alle, die dort arbeiteten und lebten: Das war eigentlich in Acht und Bann. Er nicht: Zeitlebens, dachte er, bin ich Diplomat.
    »Kein Feldzug?« Der Löwe schmunzelte, er wußte immer noch, wie man den Eindruck erzeugte, mehr zu wissen als alle anderen.

    »Jedenfalls nicht mehr, als das Verschimmeln von altem Brot ein Feldzug des Schimmels

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