Bücher online kostenlos Kostenlos Online Lesen
Die Abschaffung der Arten

Die Abschaffung der Arten

Titel: Die Abschaffung der Arten Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Dietmar Dath
Vom Netzwerk:
na, ein Weltenlenker, Menschenkaiser, ein Oberhemd. Hekuba. Und du schwankst immer noch, Herr Muli.«
    »Ich ... es geht ... wackwack schon jahaaa wieder, Votiv.« Immerhin, das wirkte. Der Chef hechelte gestreßt. Wog bei sich etwas ab. Und sagte: »Dein erster Kunde kommt gleich. Ein guter, übrigens. Rank, schlank, zahlungskräftig. Er wartet ...«
    »Wo?«
    »Drübenhintenobenunten, was weiß ich, geh halt mal die Wunderkammern lang. Wird schon irgendwo sitzen, der Paarhufer.«
    »Paar ...«
    »Ein Laufschwein. Aus diesem stinkigen Brückenverhau drüben, heißt, Moment«, Veloursass Votiv schneuzte sich, schluckte, roch, riet unrätlich herum, dann wußte er's, weil die Duftspur noch in der Luft hing, schwadig, um seine spitze Besserwisserschnauze: »Dingens, Hubert Hilbert ... Hébert Loskauf, richtig.«
    »Was will er?«
    »Frag ihn selber, kchh«, hustete Votiv, scharrte sich imaginären Dreck von den Pfoten, auf dem glänzend gewienerten Boden, und sauste um eine Ecke davon.

    Unterm Clown erschien der Kunde, den der Pudel angekündigt hatte. Das Schwein machte sich gut im Smoking, mit goldgeränderter Brille auf dem Rüssel. »Sie sind Storikal?«
    »Zu juckelgunk Diensten.«
    »Ich suche Modelle.«
    »Modelle. Jaahaa. Was bissusel für welche jaaahaa denn?«
    »Hemm, architektonische ... alte ... es gibt hier, hat man mir versichert«, die kleinen, klugen Augen blickten lebhaft nach allen Seiten, als wollte er Storikal herausfordern, indem er andeutete, er könne ohne dessen Hilfe womöglich schneller finden, was er suchte, »ein paar schöne Gipsentwürfe, von allen Kontinenten, aus der zurückgelassenen Epoche.«
    »Waiwaiwmmmm ... jaahaaa ... et ... was Bestimmtes?« gab sich Storikal großzügig.
    Das Laufschwein lachte: »Etwas Bestimmtes, in der Tat! United States of America, so hieß die Gegend während der späten Langeweile.« Jetzt war's an Storikal, den Blick woanders hinwandern zu lassen: Regte sich der Clown und machte Faxen? Sein Kopf hing schlafend auf der Brust.

    »Und wo hopphofel da jahaa genau?« Das Maultier führte, allein mit der Bewegung seiner Schultern und der Hinterläufe, das Laufschwein sanft um eine stumpfe Regalkurve, auf eine der Schleusen zu. Storikal hatte bereits die Witterung der Information aufgenommen, die Loskauf suchte, die Impfung durch den Pudel schlug gut an.
    »Princeton hieß das. Es geht um ein Labor, das man, sagen wir, zu früh aufgegeben und abgeschrieben hat, wenn stimmt, was ich ... woanders in Erfahrung bringen durfte. Lewis Thomas Laboratory for Molecular Biology and Biotechnology.«
    »Ahhha! Ahaaaa, jaaahaa! Folgen guffel ruck Sie mir, das flurx haben wir gleich.«

V.
HUND UND KATZE
1. Liebende, besser als Musik
    Er wartete in dem Hotel, an dessen Bar sie einander kennengelernt hatten.
    Dmitri Stepanowitsch strich auf und ab, halb verzagt, halb zitternd vor gewittriger Begeisterung, immer am Bett entlang, von dem er nicht wußte, ob es das Richtige für sie beide war.
    Wie will ich dich, was blüht mir?
    Er schnupperte und fand: Die Luft ist voller Lilienspuren, ganz wie mein armer Kopf. Er fletschte die Zähne.
    Dann betrachtete er seine neuen Handflächen. Menscheneigenschaften, Menschengliedmaßen, Menschenschmuck: Clea Dora hatte damit angefangen, er war gefolgt.
    Ihre kindliche, ansteckende, auch ein bißchen verbotene Freude an veränderten Körperbauplänen: Laß uns Menschsein spielen. Unschuldig und zugleich hinterhältig, wie die ganze Person. Inzwischen nannte er sie deshalb »Lynxchen«: niedlich gefährlich, das bist du, Schönste.

    Sie rümpfte, wenn er sie so ansprach, die Nase, weil sie fand, daß der Kosename sich allzu grob übers »Wetzelchen« lustig machte, das ens ineffabile , das die Vestalinnen mit den Habichtsköpfen in den Isottatempeln neuerdings verehrten: »Sei nicht respektlos.«
    »Wieso nicht? Nur weil deine Leute«, er meinte die Polyarchenpartei, der Clea Dora bei den Wahlen treu war, wie er wußte, »finden, daß wir, um eine echte Kultur zu werden, wieder Gegenstände der Verehrung brauchen? Wie in der Langeweile?«
    »Als ob du deinen blöden Löwen nicht verehrtest.«
    »Das ist was anderes.«
    Sie schmatzte: »Eben – für deine eigenen ›Gegenstände der Verehrung‹ forderst du Respekt, aber die anderer Leute ...«
    Nein: Frömmigkeit, fand Dmitri, erstickt das Denken, nimmt ihm alle Luft. Das sagte er aber nicht, sondern neckte Clea Dora lieber: »Wenn ich eine Nase hätte wie du, mein Böses, würde ich

Weitere Kostenlose Bücher