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Die Abschaffung des Zufalls: Roman (German Edition)

Die Abschaffung des Zufalls: Roman (German Edition)

Titel: Die Abschaffung des Zufalls: Roman (German Edition) Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Patrick McGuinness
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ihren flachen Busen, den sie mit einem muskulösen Arm schützte.
    »Wie mag das Leben dieser armen Mädchen aussehen? Sie leben in Trainingslagern, werden mit Steroiden und Drogen vollgepumpt, und irgendwann gabelt er sie auf. Sie machen die Beine breit, denken an Rumänien, hoffen, dass er sich beeilt, und er scheint fair genug zu sein, diese Hoffnung zu erfüllen. Sportlerinnen dürfen immerhin die Pille nehmen …« Leo murmelte dies aus einem Mundwinkel, ohne die beiden aus den Augen zu lassen.
    Nicu wischte erst die laufende Nase mit Zeigefinger und Daumen ab, dann die Finger an der Hose. Stoicu führte ihn zur Bar und bestellte Getränke: Champagner und Johnnie Walker. Nicu ließ den Blick über die Prostituierten gleiten. Stoicu stellte ihn den Serben vor, die ihn begeistert begrüßten. Nur Milošević blieb kühl. Die anderen mochten Macht und Status sehen, doch er sah einen Bauerntrampel, einen Polizeistaat-Playboy mit zitternden Händen, einen Parasiten des morschen Systems. Er gab Nicu die Hand, setzte sich wieder, schenkte ihm keine weitere Beachtung.
    Es dauerte nicht lange, bis Nicu Cilea bemerkte; dass sie sich trotz des Altersunterschieds von zwanzig Jahren kannten, war nicht weiter verwunderlich. Er spendierte eine Runde für alle, breitete die Arme aus, begrüßte die Gäste, sprach einen Toast aus. Er flüsterte einem Leibwächter etwas zu. Dieser ging zum DJ, der wie ein in der Falle sitzendes Tier hinter seinem Pult zitterte und dann gehorsam langsame Tanzmusik aus den Achtzigern auflegte. »Aha«, sagte Leo mit Kennermiene, »Klassiker der Anmache. Ich hatte auch schon Gelegenheit, sie zu bestellen.«
    Nicu probierte zur Disco-Musik der achtziger Jahre diverse Tanzpartnerinnen aus, als wäre dies sein feudales droit de seigneur . Genauso machte er es in Iași, seinem Lehen; dort war er Parteichef, und dort ging niemand mehr in Bars oder Restaurants, weil jeder Angst hatte, ihm über den Weg zu laufen. Nicu forderte zuerst Elena Ralian auf. Sie erhob sich zögernd, schmiegte ihren ansehnlichen Körper gegen den seinen, biss sich auf die Unterlippe, schloss die Augen. Er begrapschte sie, kniff sie sanft in den Hintern und packte sie noch fester, als sie zusammenzuckte. Er schien Widerstand zu mögen, seine Macht gern auszuspielen. Aber Elena war nur eine Aufwärmübung, denn er behielt Cilea die ganze Zeit im Blick. Seine kleine Turnerin drehte den Strohhalm ihrer Cola hin und her und wirkte erleichtert – vielleicht kam sie heute Nacht ungeschoren davon. Nach drei Songs führte Nicu Elena Ralian wieder an ihren Tisch. Dort war »Zwei Bretter« der Wirkung dessen erlegen, was auch immer in seinen Drink gemischt worden war. Sein Kopf mit den nassen Haaren, auf denen sich Zigarettenasche häufte, lag auf dem Tisch.
    Nicu steuerte auf Cilea zu, zwängte sich neben sie, aber sie wechselte kurzerhand den Tisch. Er folgte ihr unverdrossen, rief sie zurück. Sie überhörte ihn. Alle sahen zu. Sogar die Musik schien leiser und langsamer geworden zu sein. Nicu legte eine Hand auf Cileas Bein. Sie riss sie so heftig weg, dass sie sich von seinem Körper gelöst zu haben schien. Er sprang Cilea an, packte ihre Kehle, presste seine Lippen auf ihren Mund.
    Titanu handelte blitzschnell. Bevor wir uns versahen, hatte er Nicu von hinten gepackt, drückte dessen Arme fest gegen den Oberkörper. Nicu wedelte mit den Händen und brüllte Unflätigkeiten, während Stoicu versuchte, Titanus Griff zu lösen. Nicus Gesicht war rot und aufgequollen; er hustete zwischen den Brüllattacken, warf seinen Hinterkopf gegen Titanus Brust. Dieser wartete, bis Nicu die Luft ausging. Dann trug er ihn in die Lobby und ließ ihn auf den Marmor knallen. Nicus Mädchen waren entsetzt. Sie würden diese Demütigung ausbaden müssen. Seine Leibwächter hielten sich am Rand, waren so damit beschäftigt, ihn zu beruhigen, dass sie keine Zeit hatten, sich Titanu vorzuknöpfen, der jetzt wie ein Granitblock neben Cilea stand. Cilea rieb keuchend ihren Hals, unterdrückte die Tränen. Ihre Freunde hatten sich bis auf den selig schlummernden »Zwei Bretter« verzogen. Ich wollte zu Cilea gehen, aber Leo bremste mich. Der Blick, den sie mir zuwarf, sagte mehr als deutlich, dass ich mich aus der Sache heraushalten sollte.
    Stoicu brüllte den stoischen Titanu an: »Du bist erledigt! Du und dein Boss! Ihr seid erledigt!« Und zu Cilea: »Du kleine, versnobte, bourgeoise Schlampe! Ihr ändert euch nie! Ihr haltet euch immer noch für etwas

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