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Die Abschaffung des Zufalls: Roman (German Edition)

Die Abschaffung des Zufalls: Roman (German Edition)

Titel: Die Abschaffung des Zufalls: Roman (German Edition) Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Patrick McGuinness
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das »Schönheitszentrum« im InterContinental ganze Arbeit geleistet oder in Belgrad war es sehr sonnig gewesen.
    Ich wuchtete mich aus dem Bett und ging ins Wohnzimmer, raus aus der Atmosphäre von Krankheit und Abhängigkeit. Während sie Tee kochte, wickelte ich mich in einen peinlichen, karierten Bademantel und setzte mich auf das Sofa. Als sie zurückkam, berührte ich sie am Arm. Sie erstarrte.
    Die Kälte ihrer Haut, die Art, wie sich ihr Körper bei meiner Berührung straffte, verrieten mir, dass es aus war. Sie strahlte nur noch erkaltete Libido und mitleidige Fürsorge aus. Ihre Entscheidung stand fest, denn ihr Körper hatte entschieden – Denken kann man beeinflussen, rationale Mechanismen lassen sich revidieren und umkehren, doch das Wissen des Körpers ist unumstößlich. Daran lag es, wie ich jetzt begriff, dass sie mir während der letzten Wochen aus dem Weg gegangen war, dass sie nicht mit mir geredet, sich seit dem Abend mit Nicu und den Serben nicht mehr bei mir gemeldet hatte.
    »Ich wollte schauen, wie es dir geht«, sagte sie unbeteiligt.
    »Und?«
    »Und was? Was du wirklich von mir hältst, hast du mir neulich gezeigt. Du hast mich an dem Abend angestarrt, als wäre ich dein Eigentum, warst erregt, als diese Idioten mich begrapscht haben, und dann hättest du sie am liebsten umgebracht … Ich dachte, wir könnten zusammen sein, aber jetzt weiß ich, dass das nicht geht. Du vertraust mir nicht. Ich weiß nicht einmal, ob ich dich wirklich interessiere. Das bildest du dir natürlich ein, aber wenn Sex und Rausch vorbei sind, verachtest du mich nur noch. Du bist mir gefolgt. Hast mir nachgeschnüffelt. Du hast das in deiner Verblendung für Liebe gehalten. Du tust mir leid. Du hast mir sogar unterstellt, etwas mit dem zu tun zu haben, was diesen Jungs widerfahren ist … Mein Gott!« Sie wandte den Blick ab.
    »Was ist ihnen passiert?«, fragte ich rasch.
    »Keine Ahnung. Woher sollte ich das wissen? Aber du hast geglaubt, ich wäre dafür verantwortlich.«
    »Das stimmt nicht. Ich war besessen von dir. Ich bin es immer noch. Das weißt du.«
    »Ich habe mir eingebildet, es zu wissen. Jetzt ist mir klar, dass du dachtest, ich wollte wie die Leute im Westen sein. Du findest, dass ich nicht so edel oder rein bin wie jene, die leiden müssen, zum Beispiel deine neue Gefährtin, diese Ottilia …«
    »Mit Ottilia läuft nichts.«
    »Nein, wahrscheinlich nicht – weil sie dich durchschaut. Ich habe das nicht getan. Das war mein Fehler. Deine Freunde haben mich von Anfang an gehasst. Leo, der sich hinter seinen Albereien versteckt; deine ›reinen‹ Freunde, die besser sind als ich; Ioana mit ihrer weißen Weste; Ottilia mit ihrem Job im Krankenhaus …« Cilea schluckte, wollte weiterreden, zog an der Zigarette und blies den Rauch in meine Richtung. Ihre Hände zitterten. Sie schloss die Augen. Sie hatte noch nicht alles gesagt. »Außerdem weiß ich jetzt, dass ich nicht frei bin und wahrscheinlich nie frei war.«
    »›Frei‹? Fang gar nicht erst damit an. Ich habe die Nase voll von diesen beschissenem Gerede über Freiheit …«
    »Halt die Klappe! Frei, um mit dir zusammen zu sein, meinte ich. Ich hätte nie etwas mit dir anfangen dürfen.«
    »Dann hast du also jemand anderen? Das habe ich mir doch gedacht!«
    »Nein. Ich hatte jemanden, bevor wir uns begegnet sind – nicht während unserer gemeinsamen Zeit. Hier, in dieser Wohnung. Du weißt es, und sie wissen es auch.« Damit meinte sie Leo und Ioana. »Belanger …« Sie verstummte kurz. »Die Sache ist kompliziert.«
    »Ich habe das Studium zwar abgebrochen, aber ich denke schon, dass ich kapiere, was los ist: Während ich in England bin, um das Haus meiner verstorbenen Eltern zu entrümpeln, wirft sich meine Freundin ihrem Ex in die Arme! Wie dumm, dass ich geblieben bin! Wie dumm, dass ich an jenem Abend im InterContinental aufgekreuzt bin!«
    »Nein, so war es nicht. Er hat mich angerufen und gebeten, zu ihm zurückzukehren. Ich habe nichts versprochen und nur eingewilligt, ihn wiederzusehen. Mein Vater, der ihn hasst, hat dafür gesorgt, dass er das Land verlassen musste. Also bin ich nach Belgrad geflogen, um ihn zu treffen. Das tut mir leid. Ich hätte dich nicht hintergehen dürfen.«
    »Und du hast sechs Wochen benötigt, um das in die Wege zu leiten?«, fragte ich so verächtlich wie möglich. Ich hatte längst verloren. »Oder hast du die Entscheidung zwischen dem Tänzchen mit Nicu, der Maniküre und den Essen im Capsia

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