Die Abtrünnigen von Kregen
ist er liebenswert. Und vergiß die Frau der Sterne nicht.«
»Es muß ein guter Kern in ihm stecken«, sagte Duhrra.
»Andererseits hat er verdammt viele gute Zairer zu Zim emporgeschickt.«
»Dafür wird er natürlich büßen.«
Damit meine Pläne Erfolg haben konnten, brauchte ich eine ähnlich sensationelle Prise wie Gafard. Ich konnte ihn am Ende einer Kette anschleppen und auf der Krozairinsel Zy abliefern – ich könnte ihn Pur Kazz, dem Ersten Abt, vorstellen und damit vielleicht wieder Aufnahme in den Orden finden.
Ich glaube, der Anblick der Frau der Sterne beeinflußte damals schon die Entscheidung. Ich hatte ihr Gesicht gesehen und mit ihr gesprochen. Ich spürte die Anziehung, und war fest davon überzeugt, daß sie Gafard so sehr liebte, wie er sie. Und dann der Mann selbst, selbstbewußt, hart, doch liebenswert, großzügig, freundlich. Die beiden Hälften seiner Persönlichkeit waren sich nicht fremdartiger als die beiden Seelen, die in meiner Brust wohnten.
Der Gedanke, daß ich ihn gemein verraten könnte, nachdem er mir die Hand zur Freundschaft gereicht hatte, machte mich krank.
Für meine Delia hätte ich es natürlich sofort getan. Es gab nichts, was ich für meine Delia nicht getan hätte. Dagegen kam die Frau der Sterne nicht an, oder ...?
Mein unvorhergesehener und unmittelbarer Kontakt zu der Frau der Sterne veranlaßte Gafard, mir eine Aufgabe anzuvertrauen, mit der auf Kregen große Ehre verbunden ist. Ich habe schon berichtet, daß auf dieser Welt die Banner und Standarten von Armeen und Schiffen mit besonderer Verehrung behandelt werden. Ähnliches gibt es auch auf der Erde. Es gab Armeen, in denen Männer nur zu gern bereit waren, allein dafür zu sterben, daß sie die Ehre hatten, die Flagge zu tragen. Nun ja, Einfalt ist sicher eine verbreitete Eigenschaft.
Zu Gafard gerufen, fand ich ihn in einer langen weißen Seidenrobe vor; er hatte die alltäglichen Sorgen zunächst beiseite geschoben. Er saß in einem der luxuriösen Salons seines Palastes, ein Raum mit gepolsterten Wänden, zierlichen Möbelstücken, weicher Beleuchtung und zahlreichen Topfpflanzen, deren Duft schwer in der schwülen Luft hing. Zahlreiche Weine standen zur Auswahl. Er winkte den Hausdiener fort und hieß mich näher kommen. Ich trug Kettenhemd und Waffen, eine Angewohnheit, von der ich nicht abwich, seit ich Grodnim geworden war.
»Setz dich, Gadak – möchtest du Wein? Ich will dir etwas mitteilen, und anschließend habe ich noch ein zweites Anliegen.«
»Ich erwarte deine Befehle, Gernu.«
Eine Fristlesklavin in Schmuck und Perlen schenkte den Wein ein. Gafard wartete, bis sie fertig war, und winkte sie dann fort. Wir waren allein. Er reichte mir den Weinkelch, der aus massivem Gold bestand und an Schalenrand und Stiel große Rubine trug. Ich nippte daran und bedeutete ihm durch Zeichen meinen Dank. Es war Zondwein.
»Wenn wir früher diesen Wein tranken, Gernu«, sagte ich in dem Bemühen, ihn dazu zu bringen, das Gespräch zu beginnen, »sagten wir immer ›Gesegnete Mutter Zinzu! Das tat gut!‹«
»Jene Zeit sollte lieber vergessen bleiben.« Er trank hastig. Dabei wirkte er weniger erregt, als aufgekratzt. »Du, Gadak, wirst die Standarte meiner Frau der Sterne tragen.«
Ich starrte ihn mit aufgerissenem Mund an.
»Mund zu, du Fambly! Hör gut her!«
Ich schloß den Mund hörbar.
»Sie wird mich auf der bevorstehenden Expedition begleiten. Sie wird sich als Mann kleiden und auch so reisen, als großer Gernu. Dies aus Gründen, die dich nicht betreffen. Ihre Kabine an Bord der Volgodonts Klauen ist vorbereitet. Niemand wird sie sehen. Doch als Oberherr braucht sie ihr Banner. Dies obliegt dann dir.«
Da wußte ich, was von mir erwartet wurde. Ich neigte den Kopf. »Diese Ehre habe ich nicht verdient, doch ich werde ihr bis in den Tod nachkommen.«
Einem Grünen Grodnim bedeutete ein solches Versprechen nichts.
»Gut.« Gafard stand auf. »Ich habe Gefallen an dir gefunden Freund Gadak. Nach dieser Expedition, wer weiß, heißt du vielleicht Gadak mit einem Ehrentitel. Komm – dies wollte ich dir zeigen.«
Er führte mich zu einer großen Tür, die er mit einem Bronzeschlüssel von seinem Gürtel öffnete. Wir betraten einen schmalen Raum, der durch hohe, schmale Fenster erhellt wurde. Eine einzige grelle Farbe herrschte hier vor.
Das Rot!
Banner und Standarten aller Arten und Formen hingen an den Wänden. Kerzenständer von Krozair-Herkunft – allerdings waren
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