Die Abtrünnigen von Kregen
und in der Staatsführung ist er ein Genie – eigentlich in allem, außer dieser einen Kleinigkeit. Und dabei hat er das Yrium {*} , zu tun, was er will, und es dennoch als rechtmäßig dastehen zu lassen.«
Wieviel Yrium Genod auch besitzen mochte: wenn er Gafard die Frau der Sterne wegnahm, wie würde dieser Mann reagieren, wie würde sein Gewissen über seinen höchsten Herrn entscheiden? Diese Frage stellte ich mir insgeheim. Würde er womöglich zum Schwert greifen?
Am nächsten Tag war uns klar, daß eine mühsame Etappe vor uns lag. Die Ruder wurden hinabgelassen, die angeketteten Sklaven wurden mit Peitschen angefeuert, sich Mühe zu geben. Der Himmel wölbte sich weit und blau über uns. Viel Wind würde es heute nicht geben, vielleicht eine leichte Brise am Abend, die uns aber, wenn wir Pech hatten, genau ins Gesicht blasen konnte.
Auf dem Binnenmeer, das oft sehr flach ist, gibt es unzählige kleine und kleinste Inseln, die wir jeweils als Nachtquartier ansteuerten. Die nächste Etappe jedoch würde die ganze Nacht hindurch bis in den nächsten Vormittag dauern, ehe wir die Benarej-Inseln erreichten. Hier sollte eine Schwadron von Ruderern zu uns stoßen, um den Konvoi auf dem letzen Abschnitt zur Südküste zu begleiten.
Nun, der Tag schleppte sich dahin. Die Ruderer mühten sich redlich. Die Sonnen schimmerten messingfarben, grünlich-rubin-rot, und stachen selbst durch die Sonnensegel, die wir überall gespannt hatten. Wir schwitzten sehr. Der Gedanke an die Sklaven unter Deck und die Hitze, die sie dort erdulden mußten, stimmte mich gereizt.
Als Krozair von Zy hätte ich sicher eine Entschuldigung gefunden, nach unten zu gehen, die Peitschen-Deldars zu töten und die Sklaven zu befreien, um das Schiff für Zair zurückzuerobern. Aber das allein hätte nicht genügt, um mich in meinen alten Stand als Krozair einzusetzen. So etwas war für einen Krozair eine ganz einfache, logische Tat. Aber ich war kein Krozair mehr. Also schwitzte ich und ließ meinen Zorn an Duhrra aus und stellte mich in den Bug, um die Linie des Horizonts zu beobachten.
Allmählich veränderte der Himmel seine Farben. Ich schaute genau hin. Es mochte sich um einen ganz gewöhnlichen Rashoon handeln, aber auch um die viel gefährlichere Manifestation der Herren der Sterne, die wieder einmal in mein Geschick eingreifen wollten.
»Natürlich muß es jetzt passieren, wo wir keine Leeküste zum Schutz haben.«
Ich wandte mich um.
Der Schiffs-Hikdar Nath ti Hagon hatte sich neben mich gestellt. Er starrte widerwillig auf den heraufziehenden Sturm. Er mochte mich nicht, und wer konnte ihm das nach der Szene in der Achterkabine verdenken, als ich zum erstenmal an Bord der Volgodonts Klauen gebracht wurde? Aber der Zorn auf die Elemente lockerte ihm die Zunge.
»Das wird ein hübsches Unwetter«, sagte ich in dem Bewußtsein, daß dies die ruhigste und beste Antwort war, die ich in diesem Augenblick geben konnte. Ich wandte mich ab, um nach achtern zu gehen. Doch er hielt mich mit leiser Stimme auf.
»Du weißt, daß ich dich nicht mag, Gadak. Aber hör mir zu. Wenn du unseren Herrn irgendwie hintergehst, bringe ich dich um!«
Schock? Freude? Ärger? Meine Gefühle überstürzten sich.
»Du brauchst mir nicht zu sagen, was meine Pflicht ist, Nath ti Hagon«, sagte ich. »Aber damit du ruhig schlafen kannst, will ich dir sagen, daß es meine Aufgabe ist, meinen Herrn zu schützen. Sieh du nur zu, daß du ihn nicht deinerseits enttäuschst.« Damit wandte ich mich zum Gehen.
Er sagte nichts weiter, und ich vermutete, daß er mir mit zornigen Augen nachblickte und mich am liebsten in Stücke gerissen hätte. Ich eilte nach unten, um dafür zu sorgen, daß in unserer Kabine alles gut festgezurrt war.
Der Ruderer wurde auf den Sturm vorbereitet. Gafard, ein erfahrener Kapitän, wußte mit den Schiffen des Binnenmeeres umzugehen. Sein Erster Leutnant, Nath ti Hagon, hatte sein Können ebenfalls schon unter Beweis gestellt. Ich hatte eigentlich keine Angst, daß wir in dem Unwetter Schaden nehmen könnten.
Und nun trat eine andere Facette von Gafards Wesen zutage. Ein Mann in seiner Position, ein Günstling des Königs, hätte normalerweise den Admiral gespielt und das Flaggschiff von einem regulären Kapitän führen lassen. Doch für Gafard, den Kämpfer des Königs, kam so etwas nicht in Frage. Er befehligte sein Schiff wie ein Kapitän und hatte Freude daran. Der sterile und dem Schlachtfeld entrückte Ruhm der Admiralität
Weitere Kostenlose Bücher