Die Abtruennigen
getötet wurden, wie so viele andere Dorfbewohner auch.“ Seine Stimme schien ohne jede Emotion zu sein.
„Meine Eltern wurden getötet?“ Er nickte. Ich wusste nicht so recht, was ich davon halten sollte. Ich hatte seit einer ganzen Weile nicht mehr an sie gedacht. Ich hatte sie immer sehr lieb gehabt, bis sie versucht hatten, mich zu töten. Jetzt wusste ich nicht mehr so wirklich, was ich für sie empfinden sollte.
„Wer ist dafür verantwortlich? Und warum?“, wollte ich wissen. Das Dorf, in dem ich gelebt hatte, war klein und unwichtig, nicht grenznahe. Was für einen Grund konnte es für einen Angriff geben, der so viele Menschen das Leben gekostet hatte?
„Menschen, die sich selbst Dämonenjäger nennen.“ Ich schaute Tyrok überrascht an. Warum würden sie versuchen ein ganzes Dorf auszurotten?
„Sie haben sicherlich davon gehört, dass du verwandelt wurdest, und haben sich daran gemacht, Informationen über dich und deinen Aufenthaltsort zu bekommen. Wie mein Informant mir mitteilte, begannen sie sofort nach ihrer Ankunft mit der Befragung der Dorfbewohner. Sie wollten genau wissen, was in der Nacht deiner Verwandlung geschehen war. Manchmal passiert es dabei, dass diese Fanatiker noch paranoider werden und ich denke, das war hier der Fall.“
Er machte eine kurze Pause. Fassungslos stellte ich mir vor, wie diese Spinner von Haus zu Haus gingen, um Leute zu befragen oder zu bedrohen.
„Sie betrachteten jeden im Dorf als potenziell infiziert. Da niemand wusste, wohin du verschwunden bist, waren sie davon überzeugt, sie stecken mit dir unter einer Decke, weshalb sie mit dem Töten begannen. Einige der Dorfbewohner bekämpften sie, aber die meisten waren viel zu überrascht, um etwas zu tun. Einem der Bewohner gelang es jedoch in die nächste Stadt zu fliehen, wo er Hilfe fand. Als die Männer der Miliz anrückten, flohen die Dämonenjäger, nur ein paar von ihnen wurden getötet.“
Es hatte etwas von Ironie, dass die Dorfbewohner starben, weil andere Menschen annahmen, sie würden sich in Valdrac verwandeln, nachdem genau diese Dorfbewohner versucht hatten, mich zu töten, weil ich in eine Valdrac verwandelt worden war.
„Geschieht ihnen ganz recht“, murmelte ich. Tyrok sah mich an. „Nicht alle von ihnen waren in jener Nacht unter denen, die versuchten dich zu töten, wie du weißt.“ Wieso hatte er ausgerechnet jetzt Mitleid mit ihnen?
Ich nickte, aber ich konnte einfach kein Mitleid für sie empfinden, nicht das kleinste Bisschen. Nicht einmal für meine Eltern, sie hatten mich nicht nur aufgegeben, sondern sogar versucht mich zu töten, ihre eigene Tochter. Jetzt hatten sie genau das bekommen, was sie verdient hatten.
„Was ist mit meiner Großmutter?“, hakte ich nach, da Tyrok sie gar nicht erwähnt hatte. Das erste Mal in diesem Gespräch schien sich so etwas wie Traurigkeit auf seinen Zügen zu spiegeln.
„Sie ist noch am Leben, aber sie wurde schwer verwundet und in ihrem Alter ist es zweifelhaft, dass sie sich davon noch einmal erholen wird.“ Ich fühlte mein Herz in die Hose sinken. Dann tat Tyrok etwas völlig Unerwartetes und zog mich in eine innige Umarmung. Meine Augen begannen sich mit Tränen zu füllen, er hielt mich fest an sich gedrückt. Nach einer Weile ließ er mich wieder los und ich sagte: „Ich will sie sehen.“
Ich erwartete, er würde mir sagen, es wäre zu gefährlich oder so etwas in der Richtung aber zu meiner Überraschung stimmte er zu.
„Wir können uns sofort auf den Weg machen, wenn du möchtest. Die Kutsche steht bereit.“ Es überraschte mich ein wenig, dass er mich begleiten wollte, war aber auch sehr dankbar dafür.
Ohne zu zögern verließ ich das Schloss und begab mich zum Stall, wo die Kutsche tatsächlich bereitstand. Ich drehte mich zu Tyrok um, der mir gefolgt war. „Denkst du nicht, es wäre schneller, wenn wir einfach unsere Pferde nehmen?“ Er schüttelte jedoch den Kopf.
„Glaub mir, das ist schneller.“ Mit der Hand deutete er auf die Vorderseite der Kutsche. Mein Blick folgte seiner Hand und ich sah, dass die Kutsche nicht, wie sonst immer, von zwei Pferden gezogen wurde, sondern von sechs.
Ich grinste. „Okay, das wird wohl gehen.“ Ich sprang in die Kutsche, Tyrok folgte mir und einen Augenblick später waren wir auf dem Weg.
„Erzähl mir von deiner Großmutter“, bat Tyrok mich. Also begann ich ihm über unsere Reisen zu erzählen, berichtete ihm über ihre Geschichten und ihre Tagebücher. Er schien sehr
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