Die Achte Fanfare
unter ihm herführten.
Piep … piep … piep …
Das monotone Geräusch der medizinischen Maschinen und Monitore konnte einen schon in den Wahnsinn treiben, bis das Ohr sich daran gewöhnt hatte. Unmöglich war es allerdings, sich an das Atmen zu gewöhnen. Ein gurgelndes Scharren hätte das Geräusch besser beschrieben, wie von einem Asthmatiker bei einem Anfall, den kein Inhalator lindern konnte. Das Geräusch wurde von den zahlreichen Lebenserhaltungsmaschinen noch verstärkt, die das Atmen überhaupt erst ermöglichten.
Quintanna war niemals innerhalb dieses Vorhangs gewesen, nicht ein einziges Mal. Und doch paßten seine dunklen Gesichtszüge und die ebenfalls dunkle Kleidung genau zur Umgebung. Er war ein großer Mann, dessen hagere Gestalt von langen, sehnigen Muskelbändern überzogen war. Er trat vorsichtig an den schwarzen Vorhang, sich bewußt, daß jeder seiner Schritte vom Fahrstuhl hierher von der auf dem Gestell des Vorhangs montierten Videokamera verfolgt wurde, deren Bilder auf einen Bildschirm hinter dem Vorhang übertragen wurden, damit der Mann – oder was von dem Mann noch übrig war – sie verfolgen konnte. Quintanna blieb an der üblichen Stelle stehen und wartete mit vorgetäuschter Ehrfurcht darauf, daß die Stimme sich an ihn wandte. Er war darin geübt, denen, die ihm helfen konnten, etwas vorzumachen, und der Mann hinter dem Vorhang half ihm dabei, sein Lebensziel zu verwirklichen. Es war ein edles Ziel, sogar ein heiliges Ziel, eins, das seine Brüder schon in längst vergangenen Zeiten verfolgt haben sollten. Damals hatten sie als Instrumente der Macht gedient, anstatt diese Macht für sich selbst zu erstreben. Doch das Schicksal war zu ihnen nicht so gnädig gewesen wie zu ihm. Das Schicksal hatte ihn zu dem Mann hinter dem Vorhang geführt, der die gewaltigen Mittel besaß, die er brauchte, wollte er sein Ziel erreichen.
Quintanna stand da und wartete. Als die Stimme erklang, durchfuhr sie ihn – wie immer – wie mit einem Messer. Es war weniger eine Stimme als einzelne Silben, die zwischen flachen Atemzügen hinausgepreßt wurden, als könne der Mann das Sprechen und das Atmen nicht voneinander trennen und müsse statt dessen beides kombinieren. Die Worte wiesen niemals einen Tonfall auf, und auch keinen Rhythmus, keine eigentliche Betonung. Sie waren nur Stöhnen und halb gebildete Laute, der Schatten von Worten, aber nicht deren Form. Sie kamen aus einem kleinen Lautsprecher, der so schwarz war wie der Vorhang, an dem er hing.
»Mr. Quintanna«, sagte der Kasten, »Sie haben mir Neuigkeiten zu berichten?«
»Wir haben weitere Informationen über unseren Fehlschlag in Atlanta bekommen«, erwiderte Quintanna mit einer Stimme, die aus so vielen Akzenten gebildet wurde, daß ihre tatsächliche Herkunft nicht mehr feststellbar war.
»Warum nennen Sie es ›unseren‹ Fehlschlag, wo es doch nur der Ihre war?«
»Wie Sie wollen.«
»Ich will, daß Ihre Leute einfach ihren Teil der Abmachungen erfüllen. Sie und Ihre Gruppe wurden hinzugezogen, um solche Komplikationen zu vermeiden.«
»Es ist doch nur eine Frau.«
»Nicht bloß eine Frau!« Die Stimme klang wie ein geflüstertes Schreien. »Ein Zahnrad, ein lebenswichtiges Zahnrad in einer Maschine, die ausgeschaltet werden muß, bevor der Rest meiner Operation beginnen kann. Es steht zu befürchten, daß Sie Ihren Teil der Abmachungen nicht einhalten werden. Vielleicht sollte ich meinen Teil auch nicht einhalten.«
»Wir werden die Frau eliminieren. Die Situation ist unter Kontrolle.«
»Ach ja? Und was sind das für weitere Informationen, die Sie mir überbringen wollen?«
»Die Eiseman wurde von einem Mann gerettet, der anscheinend hinter unsere Pläne gekommen ist.«
»Dieser Mann … wie heißt er?«
»Sein Name ist Jared Kimberlain.«
Weiteres bedeutungsschwangeres Atmen. »Sie haben diesen Namen schon einmal erwähnt, Mr. Quintanna. Nun möchte ich wissen, wer er ist.«
»Er ist vieles, und vor allem gefährlich.« Quintanna trug eine Zusammenfassung aus Kimberlains ziemlich umfangreicher Akte vor. Als er damit fertig war, füllte lange Sekunden der Klang des Atemgeräuschs seine Ohren, bevor dann die Stimme wieder zu vernehmen war.
»Sie haben frei gesprochen, Quintanna. Anscheinend wissen Sie viel über diesen … Fährmann.«
»Während seiner Dienstzeit bei den Caretakern kam er uns auf die Spur.«
»Und trotzdem haben Sie ihn nicht getötet. Warum nicht? Hatten Sie Angst? Haben Sie Angst vor
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