Die Achte Fanfare
verdammt, verdammt«, murmelte er.
Einen Augenblick, nachdem sie ihm die Injektion verabreicht hatte, erschlaffte er. Eine Minute später drehte sie seinen Kopf zu sich um. Er öffnete die Augen; sie waren glasig und leer.
»Wie heißen Sie?« fragte sie ihn.
»James Robert Stanton Stone. Freunde nennen mich Jim Bob.«
»Mr. Stone …«
»Jim Bob.«
»Jim Bob, was ist Spinnennetz?«
Seine Stimme kam langsam und schleppend, wie eine Bandaufzeichnung, die man auf einem Kassettenrecorder mit zu schwachen Batterien abspielte. »Eine Operation, um die zukünftige Ölversorgung zu gewährleisten, wenn alle anderen Quellen versiegt sind.«
»Was für eine Operation?«
»Die Ausbeutung der größten Ölreserven auf der Erde. Viel größere Reserven als in allen arabischen Ländern zusammen.«
»Wo?«
»In der Antarktis.«
Danielle beugte sich näher zu ihm. »Welche Bedeutung hat der Begriff ›Spinnennetz‹?«
Jim Bob ergriff wieder das Wort; seine Blicke waren ins Leere gerichtet. »Das Problem liegt nicht darin, die Ölvorkommen zu finden und zu fördern; das Problem liegt in den gewaltigen Entfernungen. Wir sind auf die Lösung gekommen, eine Pipeline zu bauen, die alle Quellen mit einer zentralen Pumpstation verbindet. Wir nennen sie ›Spinnennetz‹, weil sie so durch die Landschaft verläuft.«
»Ab wann soll gefördert werden?«
»Wir fördern schon seit Jahren. Wir lagern das Öl in unterirdischen Containern, um die Preise stabil zu halten. Da liegt mehr Rohöl, als wir gebrauchen können.«
Danielle hielt inne und dachte nach. Die gesamte Operation war unter größter Geheimhaltung durchgeführt worden; weder die Presse noch die Öffentlichkeit wußten davon. Und dafür gab es einen guten Grund. Schließlich galt die Antarktis in vielerlei Hinsicht als eine der letzten unberührten Wildnisse der Erde. Die Bohrmannschaften konnten so ungestört arbeiten. Doch was hatte das alles mit den gestohlenen Plänen eines Super-Trident der Jupiter-Klasse zu tun? Es gab nur eine mögliche Verbindung.
»Warum sind Informationen über ›Spinnennetz‹ in den Datenbanken des Verteidigungsministeriums enthalten?«
»Weil Öl die beste Verteidigung gegen jede zukünftige ökonomische Abhängigkeit von nicht so wohlgesonnenen Staaten ist. Spinnennetz ist ein gigantisches Rettungsboot, das vom Stapel gelassen werden soll, sobald das Land zu sinken anfängt.«
Der Feind besaß nicht nur die Pläne für ein Super-Trident-U-Boot, sondern auch Unterlagen über diese Operation Spinnennetz, die Stone gerade beschrieben hatte. Offensichtlich gab es einen Zusammenhang. Doch welchen?
»Erzählen Sie mir von der zentralen Pumpstation, die Sie erwähnt haben. Wie wird sie genannt? Wo liegt sie?«
»Außenposten 10«, gab Jim Bob gefühllos zurück. »Sie liegt hinter dem Schelfeis des Ross-Meeres und dem Transantarktischen Gebirge, etwa hundert Kilometer nordwestlich der Shackleton-Eisfälle. Fast genau am Südpol.«
»Wie konnte solch eine gewaltige Operation vor der Öffentlichkeit und der Presse geheimgehalten werden?«
»Vor Ort sind fast ausschließlich Ingenieure der Army stationiert, und die Koordination liegt in der Hand einiger weniger Geschäftsleute wie mir, Benbasset …«
Danielle hörte an seiner Stimme, daß die Wirkung des Sodium-Amytals nachließ, und sie wagte es nicht, ihm eine weitere Injektion zu verabreichen. »Sie sagten ›fast ausschließlich‹. Also sind noch andere Gruppen daran beteiligt. Welche?«
»Das Eis war das Problem. Wir mußten uns durch Eis und gefrorene Tundra bohren, um die Pipeline zu verlegen. Das hielt uns monatelang auf, bis wir erfuhren, daß die Firma Cyberdine Systems ein neues Bohrverfahren erfunden hatte. Es ist unglaublich. Wir konnten die verlorene Zeit wieder aufholen.«
Stones Kopf fiel auf seine Brust. Danielle schob ihn wieder hoch und drückte sein Kinn zusammen, um seine Aufmerksamkeit zu erzwingen.
»Wer war Ihr Kontaktmann bei Cyberdine?« fragte sie. »Mit wem haben Sie zusammengearbeitet?«
»Mendelson«, sagte Jim Bob mit ersterbender Stimme. »Dr. Alan Mendelson.«
Dann wurde er ohnmächtig und fing an zu schnarchen.
DIE VIERTE FANFARE
DER FLIEGENDE HOLLÄNDER Donnerstag, 19. November, 22 Uhr
14
Das Bett wurde von einem schwarzen Kunststoffvorhang umschlossen, der sogar die Schatten verschluckte. Er fiel von der Decke bis zum Boden und schuf eine Begrenzung, die nur von den Dutzenden von Drähten und Leitungen durchbrochen wurde, die
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