Die Achte Fanfare
gesehen.«
»Wurde eine Leiche gefunden?«
»Bei den Strömungen, die zu dieser Jahreszeit dort herrschen, bezweifle ich, daß jemals eine gefunden werden wird.«
»Er lebt, David. Er lebt, weil Sie nicht dafür gesorgt haben, daß er hingerichtet wurde, als Sie die Gelegenheit dazu hatten, und jetzt wird er hinter mir her sein.«
»Selbst, falls er überlebt haben sollte … glauben Sie wirklich, daß er es auf Sie abgesehen hat?«
»Nur das treibt den Mistkerl an. Sie haben ihn vor zwei Tagen ja nicht gesehen. Ich habe ihn besiegt, und ich bin der einzige, dem das jemals gelungen ist. Leben und Tod bedeuten ihm rein gar nichts, wenn er diese alte Rechnung begleichen kann. Er lebt, und er hat es auf mich abgesehen. Darauf können Sie sich verlassen.«
Diese Gewißheit hatte die Freude über den ersten Durchbruch gedämpft, der ihnen bei den Ermittlungen über diesen letzten Serienmord gelungen war. Wenn Captain Sevens Annahmen zutrafen, mußte der Mörder zu irgendeinem Zeitpunkt Zugang zu Instrumenten oder Entwicklungsunterlagen der Firma Cyberdine Systems in Boston gehabt haben. Vielleicht ein ehemaliger Angestellter, oder ein Freund eines derzeit dort Beschäftigten. Kimberlain beabsichtigte, alle Möglichkeiten zu überprüfen.
Das Taxi hielt auf der Congress Street vor dem hochmodernen Gebäude der First National Bank of Boston an. Der Fährmann entlohnte den Fahrer, stieg aus und musterte das Hochhaus. Es bestand aus kostbarem braunen Marmor und erinnerte unwillkürlich an einen Pflock, den man in die Landschaft getrieben hatte. Die mittleren sieben Stockwerke ragten symmetrisch aus den vier darunter- und neun darüberliegenden heraus. Diese mittleren sieben Etagen beherbergten die Firma Cyberdine, und Kimberlain nahm den Fahrstuhl zum zehnten Stock, in dem sich Alan Mendelsons Büro befand. Eine Empfangsdame rief bei Mendelsons Sekretärin an, um sie über seine Ankunft zu unterrichten. Er hatte für elf Uhr einen Termin, und bis dahin blieben noch gut fünfzehn Minuten.
Kurz darauf erschien Mendelsons Sekretärin, eine große, dunkelhaarige Frau, und führte ihn durch einen langen, gewundenen Gang, in dem man sich wie in einem futuristischen Raumschiff vorkam. Die Ecken waren abgerundet, und die Türen, an denen sie vorbeikamen, glitten automatisch auf und zu; so etwas Altmodisches wie Klinken gab es hier nicht mehr.
»Dr. Mendelson erwartet Sie«, sagte die Sekretärin, als sie die letzte Tür erreicht hatten. Sie drückte auf einen Knopf an der Wand, und die Tür glitt auf. Die Sekretärin lächelte gekünstelt und bat ihn einzutreten.
»Mr. Kimberlain, nehme ich an«, erklang am anderen Ende des großen Büros eine Stimme. »Bitte, kommen Sie herein.«
Als sich die Tür hinter ihm schloß, fand sich Kimberlain in dem modernsten Büro wieder, das er je gesehen hatte. Der Teppich war blaugrau, die Wände beige getönt und mit abstrakten Gemälden geschmückt. Die gesamte hintere Wand, vor der sich ein halbkreisförmiger weißer Schreibtisch befand, bestand aus Fenstern, und das durch sie fallende Licht tauchte das Büro in gleißende Helligkeit, was besonders den zahlreichen Zimmerpflanzen und kleinen Bäumen zugute kam, die im ganzen Büro verstreut standen. An jedem Topf war eine Röhre angebracht, die im Teppich verschwand; wahrscheinlich handelte es sich dabei um ein automatisches Bewässerungssystem.
»Wassersysteme sind meine Spezialität, Mr. Kimberlain«, fuhr die Stimme fort, und Kimberlain mußte in das helle Sonnenlicht des Spätvormittags blinzeln, um den Sprecher sehen zu können. Alan Mendelson trat hinter seinem Schreibtisch hervor, und nun konnte Kimberlain ihn deutlicher erkennen. »Sensoren im Mutterboden verraten den Pumpen, ob die Blumen Wasser brauchen, und schalten im Bedarfsfall die Düsen an. Wir erproben dieses System in einem viel größeren Maßstab auf Farmen im Mittelwesten. Damit könnte man Millionen Arbeitsstunden und noch viel mehr Geld einsparen.«
Kimberlain trat zu ihm, und die beiden Männer gaben sich die Hände. Mendelson erwiderte seinen Blick; der Wissenschaftler wirkte ängstlich und unentschlossen. Er führte Jared zu drei Stühlen vor seinem Schreibtisch, bat ihn aber nicht, Platz zu nehmen. Die Stühle schienen aus dem gleichen Material zu bestehen wie der Teppich, wie der Auswuchs einer hybriden Pflanze. Das gleiche galt für den Rest des Büromobiliars – ein Tisch und zwei Sofas, die eine Sitzecke bildeten. Nichts davon besaß eine
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