Die Achte Fanfare
ihn gegen den Kopf des Ungeheuers.
Quail sprang auf Lisa zu und sah zu spät, daß sie einen weiteren Becher mit flüssigem Schmerz auf ihn geworfen hatte. Obwohl er die Augen schloß und das Gesicht abwandte, brannte sich das Zeug diesmal in seinen Kopf und fraß sich von der Schläfe bis zum Überrest seines linken Ohrs durch die Maske. Er versuchte, den tosenden Schmerz in seinem rohen Fleisch zu ignorieren, in dem die Nerven freilagen, und griff erneut nach ihr, als sie zum Fenster lief.
Lisa kam der Griff, der sich um ihr Handgelenk schloß, unmenschlich vor, sowohl was seine Kraft als auch die Größe der Hand betraf. Als das Monstrum sie ins Zimmer zurückzerrte, spürte sie, wie sinnlos es sein würde, Widerstand zu leisten, und griff statt dessen nach der messerscharfen Nagelfeile, die hinter ihrem Ohr steckte. Mit einer schnellen Bewegung trieb sie sie so kräftig, wie sie konnte, dem Monstrum in den Arm.
Sie verfehlte ihr Ziel, als er sie heftig herumriß, doch die Nagelfeile senkte sich tief in seinen Handrücken. Aufheulend sprang er zur Seite, an dem Fenster vorbei, und sie konnte ihn nun deutlicher ausmachen.
Lisa keuchte entsetzt auf.
Er hatte kein Gesicht! Überhaupt kein Gesicht!
Bevor er sich erholen konnte, machte sie einen Satz auf das Fenster zu, und diesmal gelangte sie hinaus und auf die schrägen Dachschindeln. Das Haus hatte Dächer auf verschiedenen Ebenen, was bedeutete, daß sie nur ein Stockwerk anstatt zwei springen mußte. Doch das konnte sie sich auch nicht leisten, denn ihr Schwung würde sie bestimmt auch über den Rand des tiefergelegenen Daches tragen. Sie durfte nur springen, wenn sie ihre Bewegungen auch kontrollieren konnte.
Lisa erreichte den Fuß des Schrägdaches und kniete nieder. Sie hatte die Absicht, sich an der Regenrinne festzuhalten und dann hinabzulassen, wodurch sie die Höhe und damit auch das Risiko verringerte. Sie schwang gerade ein Bein über den Dachrand, als die gewaltigen schwarzen Pranken des Monstrums sie erneut zum Fenster zurückrissen.
Sie schlug hart auf und stellte fest, daß das Ungetüm auf sie zukam. Langsam und bedächtig, um ihr beide möglichen Fluchtwege abzuschneiden. Wen immer sie auch wählte – der Vorsprung oder wieder zurück durchs Fenster –, er konnte vor ihr dort sein. Sie sprang auf und fand ihr Gleichgewicht zurück.
Durch die Stille der Nacht drang ein neues Geräusch an ihr Ohr.
Wop-wop-wop …
Ein Hubschrauber! Es war ein Hubschrauber!
Ein Strahl schnitt durch die Dunkelheit und wurde immer heller, als er sich der Insel näherte. Neue Hoffnung durchflutete sie. Wenn sie dem Ungeheuer vielleicht noch eine Minute lang entwischen könnte, würde Hilfe eintreffen.
Doch ihr Widersacher hatte den Lichtstrahl ebenfalls bemerkt und griff an. Lisa wollte zur Seite treten, hatte die Neigung des Dachs jedoch falsch berechnet, glitt aus und prallte hart auf die Schindeln. Die dunkle Gestalt bäumte sich über ihr auf, bereit, ihr den Todesstoß zu versetzen. Das gleichförmige Wop-wop-wop des Hubschraubers war nun sehr laut, und der Lichtstrahl fiel auf das Haus. Doch nichts davon spielte eine Rolle, denn das gesichtslose Ungetüm war jetzt über ihr und verdunkelte mit seiner massigen Gestalt sogar die Sterne.
Quail zögerte, senkte die Hand noch nicht. Heute würde er es tun. Heute würde er die Schmerzen besänftigen, die heiß in seinem Gesicht und seiner Hand wüteten, indem er der Frau das noch schlagende Herz aus der Brust riß. Er verspürte einen Haß auf sie, wie er ihn noch nie zuvor irgendeinem seiner Opfer entgegengebracht hatte, denn sie hatte ihn mit ihrer Kraft und ihrem Lebenswillen überrascht.
Sein Zögern gab Lisa Eiseman die Chance, die sie brauchte, um sich an den Kugelschreiber an ihrem Gürtel zu erinnern. Sie griff voller Verzweiflung danach, während das Monstrum einen kehligen Schrei ausstieß und die Hand zu ihrer Brust senkte.
Lisa stieß den Kugelschreiber mit der stählernen Mine nach vorn hoch.
Der Schlag des Ungetüms traf ihre Rippen und trieb ihr den Atem aus den Lungen. Doch indem sie dem Ungetüm den Kugelschreiber tief in den Hals trieb, hatte sie den Schlag so weit abgeschwächt, daß sie mit dem Leben davonkam. Die Augen des Monstrums schienen aus den Höhlen zu quellen, als es versuchte, den Kugelschreiber herauszuziehen. Dabei verlor er auf dem Schrägdach das Gleichgewicht und stürzte taumelnd hinab.
Lisa sah, wie der Mann rückwärts fiel, hörte das dumpfe Geräusch, mit
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