Bücher online kostenlos Kostenlos Online Lesen

Die Achte Fanfare

Titel: Die Achte Fanfare Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Jon Land
Vom Netzwerk:
dem er auf dem tiefergelegenen Dach aufschlug, und fand die Kraft, einen Schrei auszustoßen. Der Helikopter schwebte direkt über ihr und erhellte die gesamte rückwärtige Hälfte des Hauses, als er tiefer ging. Dominick Torelli hatte schon ein Bein hinausgeschwungen. Lisa rutschte zum Dachrand und schaute in das Licht hinab, das von den verschiedenen Dachebenen und dem Erdboden reflektiert wurde.
    Nichts.
    Das Ungetüm war verschwunden.

 
DIE SECHSTE FANFARE DIE SCHRECKENSKAMMER Samstag, 21. November, 4 Uhr
     
21
    Es war vier Uhr morgens, als das Klingeln des Telefons Jared Kimberlain aus einem unruhigen Schlaf riß.
    »Tut mir leid, daß ich zu dieser Stunde anrufe«, sagte Torelli und fuhr damit fort, Kimberlain eine sehr kurze Zusammenfassung der Ereignisse der Nacht zu geben.
    »Ich habe Sie gewarnt.«
    »Ich bin schon genug bestraft worden, nicht auf Sie gehört zu haben. Sechsundzwanzig meiner Männer sind tot.«
    »Aber Lisa ist in Ordnung?«
    »Sie zittert am ganzen Leib und redet Unsinn. Etwas in der Art, daß der Mann, der sie überfallen hat, kein Gesicht hatte.«
    Kimberlain spürte, wie er fröstelte. Quail! Peet hatte recht behalten. Peet hatte es gewußt!
    »Wir versuchen noch herauszufinden, wie sie auf die Insel gekommen sind«, sagte Torelli. »Ein Hubschrauber muß sie abgesetzt haben, und sie sind geflohen, bevor wir …«
    »Nicht ›sie‹.«
    »Was?«
    »Nicht ›sie‹, sondern ›er‹.«
    »Ein Mann?«
    »Genau, wie Lisa es gesagt hat.«
    »Das ist doch nicht Ihr Ernst. Es ist unmöglich, daß ein einziger Mann anrichten kann, was in dieser Nacht auf meiner Insel geschehen ist.«
    »Sein Name ist Dreighton Quail. Er ist auch bekannt als der ›Fliegende Holländer‹.«
    Torelli zögerte. »Sie kennen ihn?«
    »Hauptsächlich vom Hörensagen.«
    »Ich bringe Lisa an einen noch sichereren Ort, verdreifache die Wachen, engagiere notfalls eine ganze Armee und sperre sie in ein absolut sicheres Gewölbe ein, wenn es ein muß.«
    »Er wird an sie herankommen. Sie braucht mehr Schutz, als Sie ihr geben können, Dom.«
    »Mehr als eine verdammte Armee?«
    »Genau.«
    »Und ich nehme an, Sie haben das, was sie braucht, gerade zufällig zur Hand.«
    »In der Tat«, sagte Kimberlain, obwohl er es eigentlich nicht wollte. »Das habe ich.«
    Er hatte nicht mehr richtig schlafen können, seit Peet den Raum verlassen hatte. Er hätte Sekunden nach ihm auf den Gang stürmen, das Krankenhaus abriegeln lassen und die Polizei rufen können. Oder er hätte einfach abwarten und den Behörden die Telefonnummer nennen können, die Peet ihm gegeben hatte. Schließlich tat er jedoch nichts davon. Er versuchte wieder einzuschlafen, nur um jedesmal, wenn er eindöste, verschiedene Versionen des gleichen Traums zu träumen. In jeder erwachte er, während sich Peet mit einem verderbten Lächeln über sein Bett beugte. In der einen Fassung hielt der Riese eine Pistole in der Hand, in der nächsten ein Messer; er hatte immer eine andere Waffe, doch seine Absicht blieb gleich. Schließlich gab Kimberlain es auf und versuchte, die Augen offen zu halten.
    Warum habe ich ihn nicht den Behörden ausgeliefert?
    Weil ich tief im Inneren weiß, daß er recht hat.
    Weil ich ihn brauche.
    Die zweite Erkenntnis machte ihm am meisten zu schaffen. Falls Peet wirklich recht hatte und sie einander mehr ähnelten , als daß sie sich unterschieden hätte das allein schon genügt, ihn davon abzuhalten, Alarm zu schlagen. Er hatte das Monstrum nicht getötet, als er die Gelegenheit dazu gehabt hatte, und Kamanski und das System gegeißelt, als sie auch nicht imstande waren, ihn auf den elektrischen Stuhl zu bringen. Tief im Innern, so nahm er an, war er jedoch froh, daß Peet verschont geblieben war, und vielleicht genauso froh, daß er entkommen war. Er hatte den Eindruck, daß Peet seinem Dasein Sinn, Berechtigung und einen Maßstab gab. Sein gesamtes neues Leben beruhte lediglich auf abstrakten Unterschieden zwischen Gut und Böse, die sich anzogen und wieder abstießen und einander brauchten, um ihm eine Rechtfertigung zu geben. Doch existierten Gut und Böse unabhängig voneinander, oder stellten sie einfach unterschiedliche Interpretationen der gleichen Sache dar, wie Peet annahm?
    Kimberlain richtete seine Gedanken jetzt auf praktische Erwägungen, wobei er noch immer darüber nachdachte, warum er Peet hatte entkommen lassen. Er brauchte Peet noch, denn Quail war noch nicht mit Lisa fertig, und Peet war ihre einzige Hoffnung,

Weitere Kostenlose Bücher