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Die achte Karte

Die achte Karte

Titel: Die achte Karte Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Kate Mosse
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schuldig.«
    Meredith spürte, dass sie es Hal überlassen musste, wie weit er sich öffnen wollte, daher fragte sie nicht nach, was er mit dem letzten Satz gemeint hatte. Stattdessen stellte sie eine vollkommen unverfängliche Frage, um ihm erst einmal Zeit zu lassen.
    »Was hat Ihr Vater beruflich gemacht?«
    »Investmentbanker. Und ich bin ihm nach der Uni mit einem bemerkenswerten Mangel an Phantasie in dieselbe Firma gefolgt.«
    »Ist das auch ein Grund, warum Sie gekündigt haben?«, fragte sie. »Erben Sie den Anteil Ihres Vaters an der Domaine de la Cade?«
    »Eher ein Vorwand als ein Grund.« Er dachte kurz nach. »Mein Onkel will mich auszahlen. Das hat er zwar noch nicht gesagt, aber ich weiß, dass er das will. Aber irgendwie denke ich, Dad hätte es vielleicht gern gesehen, wenn ich mich einbringe. Da weitermache, wo er aufgehört hat.«
    »Haben Sie je mit Ihrem Vater darüber gesprochen?«
    »Nein. Es war ja anscheinend keine Eile geboten.« Er sah Meredith an. »Verstehen Sie?«
    Während des Gesprächs waren sie langsam weitergegangen und standen jetzt vor einer eleganten Villa, die direkt an einer schmalen Straße lag. Gegenüber war ein hübscher architektonischer Garten mit einem großen Steinbassin und einem Café. Die hölzernen Fensterläden waren geschlossen.
    »Das erste Mal war ich mit Dad hier«, sagte Hal, »vor sechzehn, siebzehn Jahren. Lange bevor er und mein Onkel auch nur daran dachten, gemeinsam Geschäfte zu machen.«
    Meredith lächelte leise, weil sie jetzt begriff, warum Hal so viel über Rennes-le-Château wusste und praktisch nichts über die übrige Gegend. Das Dorf war für ihn etwas Besonderes, weil es mit Erinnerungen an seinen Vater verbunden war.
    »Jetzt ist ja alles schön hergerichtet, aber damals war es ziemlich heruntergekommen. Die Kirche war zwei Stunden am Tag geöffnet und wurde von einer schrecklichen
gardienne
bewacht, die ganz in Schwarz gekleidet war und mir eine Heidenangst eingejagt hat. Die Villa Béthania hier«, er deutete auf das imposante Haus vor ihnen, »hat Saunière eher für Gäste als für sich selbst bauen lassen. Als ich mit Dad hier war, war sie für die Öffentlichkeit zugänglich, aber alles war völlig chaotisch. Da konnte es passieren, dass man in eines der Zimmer spazierte und auf einmal eine Wachsfigur von Saunière auf dem Bett sitzen sah.«
    Meredith verzog das Gesicht. »Hört sich furchtbar an.«
    »Alle Papiere und Dokumente lagen in unverschlossenen Vitrinen rum, in feuchten, ungeheizten Räumen unter dem Belvedere.«
    Meredith grinste. »Der Alptraum eines Archivars.«
    Er deutete auf das Geländer, das den Weg von dem architektonischen Garten trennte.
    »Inzwischen ist das Dorf eine echte Touristenattraktion, wie man sieht. Im Dezember 2004 , als der Erfolg von
Sakrileg
Massen von Besuchern anlockte, wurde der Friedhof, wo Saunière neben seiner Haushälterin beerdigt liegt, für die Öffentlichkeit geschlossen. Er ist da unten.«
    Sie gingen schweigend weiter, bis sie zu einem hohen, wuchtigen Eisentor gelangten, das den Friedhof abschirmte.
    Meredith legte den Kopf in den Nacken, um die Inschrift auf dem Keramikschild über dem verschlossenen Tor zu lesen.
    »Memento homo quia pulvis es et in pulverem reverteris.«
    »Und das heißt?«, fragte Hal.
    »Asche zu Asche«, sagte sie. Ein kalter Schauder lief ihr über den Rücken. Der Ort hatte etwas Unheimliches an sich. Irgendwie lag etwas Düsteres in der Luft, das Gefühl, beobachtet zu werden, obwohl die Straßen menschenleer waren. Sie holte ihr Notizheft hervor und schrieb den lateinischen Spruch ab.
    »Schreiben Sie sich immer alles auf?«
    »Allerdings. Ist eine Berufskrankheit.«
    Sie lächelte ihn an und fing das Lächeln, das er ihr entgegnete, auf.
    Meredith war froh, den Friedhof hinter sich zu lassen. Sie folgte Hal an einem steinernen Wegkreuz vorbei, dann bogen sie auf einen Weg und gelangten zu einer kleinen Statue, die Notre Dame de Lourdes gewidmet war und hinter einem schmiedeeisernen Gitter stand.
    Die Worte PÉNITENCE, PÉNITENCE und MISSION 1891 waren in den Fuß des kunstvoll gearbeiteten Steinpfeilers eingemeißelt.
    Meredith starrte darauf. Der Jahreszahl war nicht zu entrinnen. Sie tauchte immer wieder auf.
    »Das ist angeblich der originale westgotische Steinpfeiler, in dem die Pergamente gefunden wurden«, sagte Hal.
    »Ist er hohl?«
    Er zuckte die Achseln. »Muss ja wohl.«
    »Ist doch verrückt, dass sie ihn hier einfach stehenlassen«, sagte

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