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Die achte Karte

Die achte Karte

Titel: Die achte Karte Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Kate Mosse
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Meredith. »Wenn der Ort so ein Magnet für Anhänger von Verschwörungstheorien und für Schatzjäger ist, sollte man doch meinen, dass die Behörden Angst hätten, er könnte gestohlen werden.«
    Meredith betrachtete fasziniert die gütigen Augen und stummen Lippen der Statue, die auf dem Pfeiler stand. Während sie das steinerne Antlitz studierte, sah sie, wie auf dem huldvollen Gesicht, zunächst kaum merklich, dann immer tiefer und deutlicher, Kratzspuren erschienen. Rillen und Furchen, als fahre jemand mit einem Meißel über die Oberfläche.
    Was zum Teufel …?
    Sie traute ihren Augen nicht und trat vor, hob die Hand und berührte den Stein.
    »Meredith?«, sagte Hal fragend.
    Die Oberfläche war glatt. Schnell nahm sie die Finger weg, als hätte sie sich verbrannt. Nichts. Sie drehte die Handflächen nach oben, als erwartete sie, dort irgendwelche Male zu sehen.
    »Was haben Sie denn?«, fragte er.
    Nichts, außer dass ich anfange, Dinge zu sehen.
    »Alles in Ordnung«, sagte sie mit Nachdruck. »Die Sonne ist ganz schön grell.«
    Hal blickte besorgt, und Meredith merkte, dass ihr das irgendwie gefiel.
    »Sagen Sie, was ist eigentlich aus den Pergamenten geworden, nachdem Saunière sie gefunden hatte?«, erkundigte sie sich.
    »Er soll sie nach Paris gebracht haben, um ihre Echtheit überprüfen zu lassen.«
    Sie runzelte die Stirn. »Das ergibt doch keinen Sinn. Wieso sollte er nach Paris reisen? Für einen katholischen Geistlichen wäre es logisch gewesen, schnurstracks zum Vatikan zu eilen.«
    Er lachte. »Ich merke schon, Sie lesen wirklich nicht viele Romane.«
    »Aber um mal kurz den Advocatus Diaboli zu spielen«, fuhr sie fort, »das Gegenargument wäre wahrscheinlich, dass er befürchtete, die Kirche würde die Dokumente zerstören wollen.«
    Hal nickte. »Das ist die beliebteste Theorie. Dads Argument war immer, wenn ein Dorfpfarrer in einem vergessenen Winkel Frankreichs tatsächlich auf ein sensationelles Geheimnis gestoßen wäre – zum Beispiel eine Heiratsurkunde oder einen Beweis für bis ins erste Jahrhundert zurückreichende Nachkommen –, dann wäre es für die Kirche einfacher gewesen, ihn einfach loszuwerden, anstatt ihn für sein Schweigen zu bezahlen.«
    »Sehr richtig.«
    Hal zögerte. »Obwohl ich noch eine ganz andere Theorie habe.«
    Meredith wandte den Kopf und sah ihn an, weil sie die Unsicherheit in seiner Stimme hörte. »Und die wäre?«
    »Dass die ganze Sage um Rennes-le-Château reine Verschleierung war, ein gezielter Versuch, die Aufmerksamkeit von Ereignissen abzulenken, die sich zur selben Zeit in Rennes-les-Bains abgespielt haben.«
    Meredith war, als hätte sie einen Schlag in die Magengrube bekommen. »Was sollte verschleiert werden?«
    »Saunière war bekanntermaßen mit der Familie befreundet, der die Domaine de la Cade gehörte. Es gab eine Reihe von unerklärlichen Todesfällen in der Gegend – eine Art Wolf oder, wahrscheinlicher, eine Bergkatze –, doch die Gerüchte, dass irgendein Teufel sein Unwesen treibe, wurden immer lauter.«
    Krallenspuren.
    »Die Ursache für das Feuer, das 1897 einen Großteil des ursprünglichen Hauses zerstörte, wurde zwar nie zweifelsfrei geklärt, doch es weist einiges darauf hin, dass es absichtlich gelegt wurde. Vielleicht, um das Gebiet von diesem Teufel zu befreien, der auf dem Grundstück der Domaine de la Cade gewohnt haben soll. Außerdem ging es um einen Satz Tarotkarten, der irgendwie mit der Domaine in Verbindung stand. Auch damit soll Saunière zu tun gehabt haben.«
    Das Bousquet-Tarot.
    »Ich weiß jedenfalls, dass es zwischen meinem Onkel und Dad deswegen zum Zerwürfnis kam«, sagte Hal.
    Meredith zwang sich, ihre Stimme ruhig zu halten. »Zerwürfnis?«
    »Ende April, kurz bevor mein Vater beschlossen hat, sich endgültig hier niederzulassen. Ich habe ihn ein paar Tage in London besucht, habe bei ihm gewohnt, und als ich ins Zimmer trat, bekam ich den Schluss der Unterhaltung mit. Des Streits, genauer gesagt. Ich habe nicht viel verstanden. Irgendwas von der Nachbildung eines älteren Grabes in Saunières Kirche.«
    »Haben Sie Ihren Vater danach gefragt?«
    »Er wollte nicht darüber reden. Er hat nur gesagt, er habe erfahren, dass es irgendwo auf dem Gelände der Domaine de la Cade ein westgotisches Mausoleum gegeben hat, eine Grabkapelle, die zum selben Zeitpunkt zerstört wurde, als das Haus in Flammen aufging. Übriggeblieben sind nur ein paar alte Steine, Ruinen.«
    Eine Sekunde lang war Meredith

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