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Die achte Karte

Die achte Karte

Titel: Die achte Karte Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Kate Mosse
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und zwar in das Jahr 1891 , in dem ein Mann namens Bérenger Saunière Pfarrer von Rennes-le-Château war und angeblich Pergamente gefunden hat, die diese Blutlinie Christi von der Gegenwart bis zurück ins erste Jahrhundert belegten.«
    Meredith erstarrte. »Achtzehnhunderteinundneunzig?«
    Hal nickte. »In dem Jahr startete Saunière ein umfangreiches Restaurierungsprojekt, das viele Jahre dauerte. Zuerst war die Kirche dran, doch dann der ganze Rest, Gärten, Friedhof, Haus, einfach alles.« Er verstummte, und Meredith spürte, dass er zu ihr herübersah.
    »Alles in Ordnung mit Ihnen?«, fragte er.
    »Jaja«, beteuerte sie. »Alles klar. Erzählen Sie weiter.«
    »Diese Pergamente waren angeblich vor langer Zeit im Innern eines westgotischen Pfeilers versteckt worden. Die meisten Einheimischen halten das Ganze für einen Riesenschwindel. In Aufzeichnungen aus der Zeit Saunières ist nirgendwo die Rede von irgendeinem großen Geheimnis um Rennes-le-Château, abgesehen von der dramatischen Vermögensvermehrung des Pfarrers.«
    »Er ist reich geworden?«
    Hal nickte. »Die Kirchenoberen beschuldigten ihn der Simonie – also des Verkaufs von Messen gegen Geld. Seine Gemeindemitglieder waren da nachsichtiger. Sie dachten, er hätte irgendeinen westgotischen Schatz gefunden, aus dem er sich bediente. Sie nahmen es ihm nicht übel, weil er so viel davon für die Kirche und seine Schäfchen ausgab.«
    »Wann ist Saunière gestorben?«, fragte sie und dachte an die Jahreszahlen auf Henri Boudets Gedenktafel in der Kirche von Rennes-les-Bains.
    Hal richtete seine blauen Augen auf sie. »Neunzehnhundertsiebzehn«, sagte er. »Er hinterließ alles seiner Haushälterin Marie Denarnaud. Mit den religiösen Verschwörungstheorien ging es erst Ende der siebziger Jahre los.«
    Meredith notierte sich die Information. Der Name Denarnaud hatte auf dem Friedhof auf mehreren Gräbern gestanden.
    »Was hält Ihr Onkel von diesen ganzen Geschichten?«
    Hals Gesicht verdunkelte sich. »Dass sie gut fürs Geschäft sind«, sagte er und verfiel dann in Schweigen.
    Offensichtlich waren er und sein Onkel sich nicht grün, und Meredith fragte sich, wieso er noch hierblieb, wo die Beerdigung doch nun vorbei war. Ein Blick in sein Gesicht verriet, dass ihm die Frage bestimmt nicht recht wäre, also sagte sie nichts.
    »Und Debussy?«, sagte sie schließlich aufmunternd.
    Hal schien sich aus seinen Gedanken zu reißen. »Ach ja, Verzeihung. Angeblich soll es eine Geheimgesellschaft gegeben haben, die als Hüter der Blutlinienpergamente fungierte, also der Dinge, die Saunière vielleicht, nur vielleicht, in der westgotischen Säule gefunden hat. Diese Organisation soll auch ein paar sehr berühmte führende Köpfe gehabt haben, Galionsfiguren, wenn Sie so wollen. Leonardo da Vinci zum Beispiel oder Newton. Und eben Debussy.«
    Meredith war dermaßen perplex, dass sie losprustete.
    »Ich weiß, ich weiß«, sagte Hal und musste grinsen. »Aber genau so hat mein Onkel es mir erzählt.«
    »Das ist völlig absurd. Debussy hat für seine Musik gelebt. Und er war kein umgänglicher Typ. Sehr zurückgezogen, nur einem kleinen Freundeskreis sehr treu ergeben. Die Vorstellung von ihm in einer Geheimgesellschaft … tja, das ist einfach verrückt!« Sie wischte sich mit dem Ärmel über die Augen. »Welche Beweise gibt es denn für diese abenteuerliche Theorie?«
    Hal zuckte die Achseln. »Um die Jahrhundertwende hat Saunière wirklich viele bedeutende Pariser und andere Gäste in Rennes-le-Château empfangen – übrigens noch ein Argument für die Verschwörungstheorien –, Staatsoberhäupter, Sänger. Jemand namens Emma Calvé? Schon mal gehört?«
    Meredith überlegte. »Französische Sopranistin, kommt von der Zeit her ungefähr hin, aber ich bin ziemlich sicher, dass sie nie eine große Partie für Debussy gesungen hat.« Sie schrieb den Namen auf. »Ich werde das überprüfen.«
    »Es könnte also zeitlich passen?«
    »Jede Theorie kann passend gemacht werden, wenn man sich nur genug Mühe gibt. Aber dadurch wird sie nicht wahr.«
    »Behauptet die Wissenschaftlerin.«
    Meredith hörte und mochte den gutmütig neckenden Tonfall in seiner Stimme. »Behauptet die Person, die ihr halbes Leben in Bibliotheken verbracht hat. Das wirkliche Leben passt nie so nahtlos. Es ist durcheinander. Da gibt es Überlappungen, Fakten, die sich widersprechen. Man findet ein Beweisstück und denkt, das bringt einen weiter. Man hat einen Volltreffer gelandet. Und

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