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Die achte Karte

Die achte Karte

Titel: Die achte Karte Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Kate Mosse
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schaute sie noch immer erwartungsvoll an, mit einer forschenden Eindringlichkeit, die leicht provozierend wirkte.
    Schließlich erwiderte Meredith etwas, nur um das peinliche Schweigen zu beenden. »Ich glaube, dahinter steckt die Vorstellung, dass die Karten zwar allem Anschein nach wahllos gelegt werden, aber durch das Mischen der Karten unsichtbare Verbindungen sichtbar gemacht werden können.«
    Er hob anerkennend die Augenbrauen. »Gut formuliert.« Er starrte sie weiter an. »Haben Sie sich schon mal die Karten legen lassen, Ms. Martin?«
    Ein ersticktes Lachen entfuhr ihr. »Wieso fragen Sie?«
    Er zuckte die Achseln. »Aus reinem Interesse.«
    Meredith funkelte ihn an, wütend auf ihn, weil er sie in Verlegenheit brachte, wütend auf sich selbst, weil sie es zuließ.
    In diesem Moment legte sich eine Hand auf ihre Schulter. Sie zuckte zusammen und sah sich erschrocken um, doch diesmal sah Hal lächelnd auf sie herab.
    »Tut mir leid«, sagte er. »Ich wollte Sie nicht erschrecken.«
    Hal nickte seinem Onkel zu und setzte sich in den leeren Sessel Meredith gegenüber. Er nahm die Flasche aus dem Eiskübel und schenkte sich Wein ein.
    »Wir sprachen eben über Tarotkarten«, sagte Julian.
    »Ach ja?«, sagte Hal und blickte von einem zum anderen. »Und worüber genau?«
    Meredith sah ihm in die Augen und erkannte resigniert, was sie ausdrückten.
    Sie hatte keine Lust, in ein Gespräch über Tarot verwickelt zu werden, aber Hal kam das Thema anscheinend sehr gelegen, weil sein Onkel dann vielleicht nicht nachfragen würde, was die Polizei in Couiza von ihm gewollt hatte.
    »Ich habe Ms. Martin eben gefragt, ob sie schon einmal bei einer Tarot-Sitzung war«, sagte Julian. »Sie war im Begriff zu antworten.«
    Sie sah ihn an, dann Hal, und musste einsehen, dass sie um eine Antwort nicht herumkommen würde, falls ihr in den nächsten zwei Sekunden kein geschickter Themenwechsel gelang.
    »Also, ja, ich war mal auf einer Sitzung«, sagte sie schließlich mit einem möglichst lustlosen Unterton in der Stimme. »Vor kurzem, in Paris, vor zwei Tagen.«
    »Und, war die Erfahrung angenehm, Ms. Martin?«
    »Sie war interessant, keine Frage. Und Sie, Mr. Lawrence? Haben Sie sich schon mal die Karten legen lassen?«
    »Julian, bitte«, sagte er. Meredith sah in seinem Gesicht einen belustigten Ausdruck aufflackern, Belustigung gepaart mit irgendetwas anderem. Frisch gewecktes Interesse?
    »Aber nein«, sagte er. »So etwas ist nichts für mich, obschon ich, wie ich zugeben muss, die Symbolik, die mit Tarotkarten verbunden ist, zum Teil durchaus interessant finde.«
    Meredith spürte, wie sich ihre Nerven anspannten, da sie ihren Verdacht bestätigt sah. Der Mann machte nicht bloß Konversation. Er wollte auf etwas Bestimmtes hinaus. Sie trank wieder einen Schluck Wein und setzte eine ausdruckslose Miene auf. »Was Sie nicht sagen.«
    »Die Symbolik der Zahlen beispielsweise«, fuhr er fort.
    »Wie gesagt, ich kenne mich damit kaum aus.«
    Julian griff in seine Tasche. Meredith verkrampfte sich. Es wäre einfach haarsträubend, wenn er jetzt einen Satz Tarotkarten hervorholte, gemein. Er schaute ihr einen Moment lang in die Augen, als wüsste er genau, was ihr durch den Kopf ging, dann holte er eine Packung Gauloises und ein Feuerzeug aus der Tasche.
    »Zigarette, Ms. Martin?«, fragte er und hielt ihr die Packung hin. »Obwohl wir dafür leider nach draußen gehen müssten.«
    Sie war wütend, dass sie sich derart blamierte – schlimmer noch, es so zu zeigen –, und schüttelte den Kopf. »Ich rauche nicht.«
    »Sehr vernünftig.« Julian legte die Packung mit dem Feuerzeug obendrauf auf den Tisch zwischen ihnen und sprach weiter. »Die Zahlensymbolik in der Kirche in Rennes-le-Château zum Beispiel ist ungemein faszinierend.«
    Meredith warf Hal einen Blick zu, als Aufforderung, etwas zu sagen, aber der saß einfach da und starrte bloß stur vor sich hin.
    »Ist mir nicht aufgefallen.«
    »Ach nein?«, sagte er. »Vor allem die Zahl Zweiundzwanzig taucht erstaunlich oft auf.«
    Trotz der Antipathie, die sie für Hals Onkel empfand, horchte Meredith auf. Sie wollte hören, was Julian zu sagen hatte. Sie wollte nur nicht den Eindruck erwecken, dass es sie interessierte.
    »In welcher Form?« Die Worte kamen ein wenig schroff heraus. Julian schmunzelte.
    »Das Taufbecken im Eingangsbereich, die Statue des Teufels Asmodeus. Die müssen Sie doch gesehen haben?«
    Meredith nickte.
    »Asmodeus war angeblich einer der

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