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Die achte Karte

Die achte Karte

Titel: Die achte Karte Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Kate Mosse
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womöglich eine Verknüpfung zwischen der Familie Lascombe und den Verniers gab, zumal durch die Familie Bousquet ja eine Verbindung zum Druckereigewerbe bestand. Andererseits konnten auch sämtliche Bücher von dem
vide grenier
stammen, den Hal erwähnt hatte.
    Sie schaute durchs Fenster nach draußen in die Dunkelheit. An den äußeren Rändern des Rasens konnte sie die Umrisse der Bäume erkennen, schwankend, wogend, wie eine Armee von Schatten. Auf einmal hatte sie das Gefühl, beobachtet zu werden, als wäre jemand am Fenster vorbeigegangen und hätte hereingeschaut. Meredith sah genauer hin, konnte aber nichts erkennen.
    Dann merkte sie, dass sich tatsächlich jemand von hinten näherte. Sie hörte Schritte. Ein freudiges Prickeln lief ihr über den Rücken. Sie lächelte und drehte sich mit strahlenden Augen um.
    Doch statt in Hals Gesicht blickte sie in das seines Onkels, Julian Lawrence. Leichter Whiskygeruch lag in seinem Atem. Verlegen korrigierte sie ihren Gesichtsausdruck und wollte aufstehen.
    »Ms. Martin«, sagte er und legte ihr leicht eine Hand auf die Schulter. »Bitte bleiben Sie doch sitzen.«
    Julian ließ sich in den Ledersessel rechts von Meredith fallen, beugte sich vor, goss sich etwas Wein ein und lehnte sich wieder zurück, ehe sie ihm sagen konnte, dass das Hals Platz war.
    »
Santé«,
sagte er und hob sein Glas. »Hat mein Neffe sich schon wieder in Luft aufgelöst?«
    »Er reserviert für uns einen Tisch zum Abendessen«, erwiderte sie.
    Höflich, zur Sache, aber nicht mehr.
    Julian lächelte wortlos. Er trug einen hellen Leinenanzug und ein blaues Hemd, das am Hals offen stand. Wie schon bei ihren wenigen Begegnungen zuvor wirkte er dominierend und zugleich entspannt, obwohl sein Gesicht leicht gerötet war. Unwillkürlich glitten Merediths Augen auf seine linke Hand, die auf der Armlehne des Sessels ruhte und sein Alter verriet. Ende fünfzig, nicht Mitte vierzig, wie sie ihn eingeschätzt hätte, aber seine Haut war sonnengebräunt, und die Finger auf dem roten Leder wirkten kräftig. Er trug keinen Ring.
    Meredith, die das Schweigen als drückend empfand, blickte in sein Gesicht. Er betrachtete sie ruhig und unverwandt.
    Die gleichen Augen wie Hal.
    Sie verdrängte den Vergleich.
    Julian stellte sein Glas wieder auf den Tisch. »Was wissen Sie über Tarot, Ms. Martin?«
    Die Frage überrumpelte sie völlig. Sprachlos starrte sie ihn an, während sie sich fragte, wie in Gottes Namen er ausgerechnet auf dieses Thema verfallen war. Ihre Gedanken überschlugen sich: das Foto, das sie von der Wand in der Lobby stibitzt hatte, die Tarotkarten in ihrer Reisetasche, die als Lesezeichen markierten Webseiten auf ihrem Laptop, das Klavierstück, alles kam ihr gleichzeitig in den Sinn. Er konnte nicht Bescheid wissen, unmöglich, aber trotzdem spürte sie, wie sie vor Verlegenheit rot wurde, als wäre sie bei etwas Peinlichem ertappt worden. Schlimmer noch, sie sah ihm förmlich an, dass er ihr Unbehagen auskostete.
    »Jane Seymour in dem Bond-Film ›Leben und sterben lassen‹«, sagte sie in dem Versuch, witzig zu sein. »Damit hat es sich auch schon.«
    »Ah, die wunderschöne Solitaire«, sagte er und hob die Augenbrauen.
    Meredith sah ihm in die Augen und antwortete nicht.
    »Ich persönlich«, fuhr er fort, »finde die Geschichte des Tarots interessant, obwohl ich wahrhaftig nicht glaube, dass sich das Leben mit Hilfe von Kartenlesen und dergleichen planen lässt.«
    Meredith fiel auf, dass er eine ganz ähnliche Stimme hatte wie Hal. Sie hatten die gleiche Angewohnheit, ihre Worte so zu betonen, als wäre jedes einzelne etwas ganz Besonderes. Doch der entscheidende Unterschied war, dass Hal das Herz auf der Zunge trug, jede Emotion offen zeigte. Julian dagegen klang immer leicht spöttisch. Sarkastisch. Sie schaute zur Tür, doch die wollte sich einfach nicht öffnen.
    »Wissen Sie etwas über die Auslegung von Tarotkarten, Ms. Martin?«
    »Nicht viel«, sagte sie knapp und wünschte, er würde das Thema wechseln.
    »Tatsächlich? Mein Neffe hat in mir den Eindruck geweckt, Sie würden sich dafür interessieren. Er hat gesagt, sie beide wären auf Tarotkarten zu sprechen gekommen, als sie heute Morgen durch Rennes-le-Château spaziert sind.« Er zuckte die Achseln. »Da muss ich wohl was missverstanden haben.«
    Meredith zermarterte sich das Hirn. Natürlich war Tarot zur Zeit für sie ein Thema, aber sie konnte sich nicht erinnern, mit Hal darüber gesprochen zu haben. Julian

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