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Die achte Karte

Die achte Karte

Titel: Die achte Karte Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Kate Mosse
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Nachdrucke – der Schlüssel dazu waren.
    Julian war regelrecht besessen. Er beantragte Genehmigungen für Ausgrabungen, steckte sein ganzes Geld und alle seine Mittel in die Suche. Mit spärlichem Erfolg. Er fand lediglich ein paar westgotische Grabbeigaben – Schwerter, Schnallen, Trinkbecher, nichts Besonderes. Als seine Grabungsgenehmigung auslief, machte er illegal weiter. Er war süchtig geworden, wie ein Spieler, und überzeugt, dass es nur noch eine Frage der Zeit war.
    Als das Hotel vor vier Jahren zum Verkauf stand, überredete er Seymour, ein Kaufangebot zu machen. Und absurderweise hatte sich dieser Schachzug trotz der gewaltigen Differenzen zwischen ihnen als sinnvoll erwiesen. Ihre Partnerschaft hatte gut funktioniert, bis Seymour vor einigen Monaten angefangen hatte, sich mehr um die Leitung des Hotels zu kümmern. Und die Bücher einsehen wollte.
    Die Sonne auf dem Rasen war heiß und strömte durch die hohen Fenster des alten Arbeitszimmers der Domaine de la Cade. Julian blickte nach oben zu dem Gemälde an der Wand über seinem Schreibtisch. Es war ein altes Tarotsymbol und sah so ähnlich aus wie eine auf die Seite gelegte Acht. Das Symbol der Unendlichkeit.
    »Bist du so weit?«
    Julian drehte sich um und sah seinen Neffen mit schwarzem Anzug und Krawatte in der Tür stehen, das volle schwarze Haar aus der Stirn nach hinten gekämmt. Hal war Ende zwanzig und sah mit seinen breiten Schultern und der reinen Haut noch immer aus wie der Sportler, der er an der Uni gewesen war. Ein Rugby-As und ein ausgezeichneter Tennisspieler.
    Julian beugte sich vor, drückte seine Zigarettenkippe in dem Glasaschenbecher auf der Fensterbank aus und leerte sein Whiskyglas. Er wollte die Beerdigung möglichst schnell hinter sich bringen, damit die Dinge wieder ihren gewohnten Gang nehmen konnten. Er hielt es einfach nicht mehr aus, dass Hal sich hier herumtrieb.
    »Ich komme gleich«, sagte er. »Zwei Minuten.«

Kapitel 14
    Paris
    M eredith erreichte den oberen Treppenabsatz, zog den Perlenvorhang beiseite und öffnete die hellblaue Tür.
    Sie gelangte in einen kleinen Flur, so eng, dass sie die Wände berühren konnte, ohne die Arme ausstrecken zu müssen. Links von ihr hing eine Karte mit den Tierkreiszeichen, ein Wirbel von Farben und Mustern und Symbolen, von denen Meredith die meisten nicht kannte, an der rechten Wand ein altmodischer Spiegel mit verspieltem Goldrahmen. Sie betrachtete sich kurz prüfend darin, wandte sich dann ab und klopfte an eine zweite Tür direkt vor ihr.
    »Hallo? Ist da jemand?«
    Keine Antwort.
    Meredith wartete einen Moment und klopfte erneut, diesmal etwas lauter.
    Noch immer nichts. Sie drückte die Klinke, und die Tür öffnete sich.
    »Hallo?«, sagte sie und trat ein. »Ist jemand da? Hallo?«
    Das Zimmer war klein, wirkte aber überaus lebendig. Die Wände waren in leuchtenden Farben gestrichen, wie in einem Kindergarten – gelb, rot, grün, mit Linien, Streifen, Dreiecken und Zickzackmustern in Lila, Blau und Silber. Das einzige Fenster direkt gegenüber der Tür war mit einem durchsichtigen lila Gazevorhang bedeckt. Meredith konnte durch ihn hindurch die helle Steinmauer des aus dem 19 . Jahrhundert stammenden Gebäudes sehen, das sich dahinter erhob, die schwarzen schmiedeeisernen Balustraden und hohen Türen mit geschlossenen Läden, aufgelockert durch Blumenkästen mit Geranien und herrlichen dunkelroten und orangegelben Stiefmütterchen.
    Die einzigen Möbelstücke im Raum waren ein kleiner quadratischer Holztisch genau in der Mitte, dessen Beine unter einem schwarz-weißen Leinentischtuch hervorragten, das mit Kreisen und noch mehr astrologischen Symbolen bedruckt war, und auf beiden Seiten ein Holzstuhl mit geflochtener Sitzfläche, wie in dem Bild von van Gogh, dachte sie.
    Meredith hörte eine andere Tür irgendwo im Haus schlagen, dann Schritte. Sie merkte, wie sie rot wurde. Es war ihr peinlich, dass sie hier so uneingeladen stand, und sie wollte gerade gehen, als eine Frau hinter einem Bambusparavent am anderen Ende des Zimmers hervortrat.
    Sie war Mitte vierzig, attraktiv, trug eine taillierte Bluse und eine Khakihose, und ihr gutgeschnittenes, schulterlanges braunes Haar war mit Grau durchsetzt. Sie lächelte freundlich, und Meredith dachte, dass sie sich eine Tarotkartenlegerin anders vorgestellt hatte. Wo waren die Kreolenohrringe, das Zigeunerkopftuch?
    »Ich hab angeklopft«, sagte Meredith verlegen. »Es hat niemand aufgemacht, da bin ich einfach rein.

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