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Die achte Karte

Die achte Karte

Titel: Die achte Karte Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Kate Mosse
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Sals neben ihnen fließen, ein ständiger Begleiter, manchmal sichtbar, ein Glitzern von Sonnenlicht auf Wasser, manchmal verborgen. Als wollte es ein Versteckspiel treiben, verriet das Wasser murmelnd seine Anwesenheit, sprudelte über Steine, rauschte durch die verschlungenen Zweige der Weiden, die sich tief über den Fluss neigten, geleitete sie immer näher an ihr Ziel.

Kapitel 23
    ∞
    D ie Pferde polterten über eine niedrige Brücke und fielen in langsamen Trab.
    Ein Stück weiter vorne, in der Biegung der Straße, erhaschte Léonie einen ersten Blick auf Rennes-les-Bains. Sie sah ein weißes, dreigeschossiges Gebäude mit einem Schild, das es als das Hôtel de la Reine auswies. Daneben war eine Ansammlung von recht unansehnlichen, schmucklosen Bauten, von denen sie annahm, dass es sich um verschiedene Einrichtungen des Thermalbades handelte.
    Der
courrier
verlangsamte auf Schritttempo, als sie auf die Hauptstraße bogen, die rechter Hand von der riesigen grauen Wand der Berge begrenzt wurde. Links reihten sich Häuser, Pensionen und Hotels aneinander. Schwere, mit Metall eingefasste Gaslampen waren in die Mauern eingelassen.
    Ihr erster Eindruck war anders als erwartet. Der Ort hatte eine Atmosphäre von eleganter und moderner Lebensart und schien zu florieren. Großzügige, bearbeitete Steinstufen und Trittsteine säumten die Straße, die zwar ungepflastert war, aber doch sauber und passierbar. Rechts und links der Straße hatte man breite Holzkübel mit Lorbeerbäumen und Rhododendronbüschen aufgestellt, als wollte man den Wald in die Stadt holen. Sie sah einen rundlichen Herrn im hochgeknöpften Gehrock, zwei Damen mit Sonnenhüten und drei Krankenschwestern, die jede einen Rollstuhl schoben. Eine Gouvernante hütete eine Schar Mädchen mit Schleifen im Haar, weißen Rüschen und Unterröcken.
    Der Kutscher bog von der Hauptstraße ab und zügelte die Pferde, bis sie stehen blieben.
»La Place du Pérou. S’il vous plaît. Terminus.«
    Der kleine Platz war auf drei Seiten von Gebäuden begrenzt und wurde von Linden beschattet. Goldenes Sonnenlicht drang durch den Blätterbaldachin und warf Schachbrettmuster auf den Boden. Es gab einen Wassertrog für die Pferde, und die soliden Stadthäuser waren mit Blumenkästen geschmückt, aus denen die letzten Sommerblumen quollen. In einem kleinen Café mit gestreifter Markise nahmen gutgekleidete, behandschuhte Damen mit ihren Begleitern Erfrischungen zu sich. In einer Ecke öffnete sich der Zugang zu einer bescheidenen Kirche.
    »Alles sehr malerisch«, raunte Anatole.
    Der Kutscher sprang vom Bock und begann, das Gepäck abzuladen.
»S’il vous plaît, Mesdames et Messieurs. La Place du Pérou. Terminus.«
    Die Fahrgäste stiegen nacheinander aus. Es folgten die üblichen verlegenen Abschiedsfloskeln unter Menschen, die gemeinsam ein Stück gereist sind, die aber sonst nicht viel verband. Maître Fromilhague zog den Hut und verschwand sogleich. Gabignaud schüttelte Anatole die Hand, reichte ihm seine Visitenkarte und erklärte, er hoffe sehr, dass sich während ihres Aufenthaltes eine Gelegenheit für ein Wiedersehen ergebe, vielleicht zu einem Kartenspiel oder bei einer der musikalischen Soireen, die in Limoux oder Quillan stattfanden. Dann grüßte er mit dem Hut in Léonies Richtung und hastete über den Platz davon.
    Anatole legte seinen Arm um Léonies Schultern. »Das sieht vielversprechender aus, als ich befürchtet hatte«, sagte er.
    »Es ist zauberhaft. Ganz zauberhaft.«
    Ein junges Mädchen in der grau-weißen Kluft eines Hausmädchens erschien, ganz außer Atem, in der oberen linken Ecke des Platzes. Sie war drall und hübsch, hatte tiefschwarze Augen und einen sinnlichen Mund. Strähnen ihres vollen schwarzen Haars quollen unter der weißen Haube hervor.
    »Ah! Das könnte unser Empfangskomitee sein«, sagte Anatole.
    Hinter ihr tauchte ein junger Mann auf, ebenfalls außer Atem, mit einem breiten, sympathischen Gesicht. Er trug ein kragenloses Hemd und ein rotes Halstuch.
    »
Et voilà«,
fügte Anatole hinzu, »wenn ich mich nicht sehr irre, erklärt das die mangelnde Pünktlichkeit des Mädchens.«
    Das Mädchen brachte so gut es konnte sein Haar in Ordnung und kam dann auf sie zugelaufen. Sie machte einen Knicks.
    »Sénher Vernier? Madomaisèla. Madama schickt mich, um Sie zur Domaine de la Cade zu bringen. Sie bittet vielmals um Entschuldigung, aber es gibt ein Problem mit dem Gig. Es wird gerade repariert, aber Madama meint, es ginge

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