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Die achte Karte

Die achte Karte

Titel: Die achte Karte Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Kate Mosse
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Auch die glauben, dass Sie bereits mit Du Pont abgereist sind.«
    Furcht flackerte in ihren Augen, als ihr klar wurde, wie gut er informiert war.
    Victor Constant zog einen Stuhl heran und setzte sich so dicht vor Marguerite, dass sie seinen Atem auf der Haut spürte. Unter dem akkuraten Schnurrbart sah sie volle Lippen, rot in dem blassen Gesicht. Es war das Gesicht eines Raubtiers, eines Wolfs. Und es hatte einen Makel. Eine kleine Schwellung hinter dem linken Ohr.
    »Mein Freund …«
    »Der verehrte General hat bereits eine Mitteilung erhalten, die Ihre Verabredung auf heute Abend halb neun verschiebt.« Er schaute zur Uhr auf dem Kaminsims. »Bis dahin sind es noch über fünf Stunden. Sie sehen also, wir haben keinerlei Eile. Und was er bei seiner Ankunft vorfindet, liegt ganz bei Ihnen. Lebendig, tot. Für mich ist das bedeutungslos.«
    »Nein!«
    Die Messerspitze drückte jetzt unter ihr rechtes Auge.
    »Ich fürchte,
chère
Marguerite, es würde Ihnen in dieser Welt ohne Ihr hübsches Aussehen schlecht ergehen.«
    »Was wollen Sie? Geld? Schuldet Anatole Ihnen Geld? Ich kann seine Schulden begleichen.«
    Er lachte. »Wenn es doch so einfach wäre. Außerdem ist Ihre finanzielle Situation, nun, sagen wir, prekär. Und auch wenn Ihr Geliebter zweifellos generös sein kann, ich glaube nicht, dass General Du Pont dafür bezahlen würde, Ihren Sohn vor dem Konkursgericht zu bewahren.«
    Mit einer federleichten Bewegung drückte Constant das Messer ein wenig fester gegen ihre blasse Haut, schüttelte dabei leicht den Kopf, als bedauerte er, was er nun tun musste. »Wie dem auch sei, es geht nicht um Geld. Vernier hat sich etwas genommen, das mir gehört.«
    Marguerite hörte die Veränderung in seiner Stimme und begann, sich zu wehren. Sie versuchte, ihre Arme zu befreien, was lediglich zur Folge hatte, dass sich die Fesseln noch enger zuzogen. Der scharfe Draht schnitt in die nackte Haut ihrer Handgelenke. Blut sickerte hervor, tropfte rot auf den blauen Teppich.
    »Ich flehe Sie an«, schrie sie. »Lassen Sie mich mit ihm reden. Er wird Ihnen zurückgeben, was er sich genommen hat. Ich gebe Ihnen mein Wort.«
    »Ha, dafür ist es leider zu spät«, sagte er leise, während seine Finger über ihre Wange strichen. »Ich frage mich, ob Sie Ihrem Sohn überhaupt meine Karte gegeben haben,
chère
Marguerite.« Seine schwarze Hand kam an ihrem weißen Hals zum Stillstand. Er erhöhte den Druck. Marguerite begann zu würgen, während sie sich wand und gegen seinen fester werdenden Griff sträubte, verzweifelt versuchte, den Hals zu recken, um sich seinen starken Fingern zu entwinden. Der Blick in seinen Augen, Lust und Eroberung in gleichem Maße, jagte ihr ebenso große Angst ein wie die erstickende Gewalt seines Würgegriffs.
    Plötzlich und unerwartet ließ er sie los.
    Sie fiel nach hinten gegen die Rückenlehne, rang gierig keuchend nach Luft. Ihre Augen waren rot, und an ihrem Hals zeigten sich hässliche Blutergüsse.
    »Fang mit Verniers Zimmer an«, wies Constant seinen Diener an. »Such nach seinem Tagebuch.« Er hielt die Hände hoch. »Ungefähr so groß.«
    Der Diener ging.
    »Und nun«, sagte er, als wäre er mitten in einer völlig normalen Unterhaltung, »wo ist Ihr Sohn?«
    Marguerite sah ihm in die Augen. Ihr Herz pochte dröhnend vor Angst, was er ihr antun würde. Aber sie hatte schon früher Misshandlungen erduldet und überlebt. Sie konnte es wieder schaffen.
    »Ich weiß es nicht«, sagte sie.
    Diesmal schlug er sie. Fest und mit der Faust, so dass ihr Kopf nach hinten schnellte. Marguerite keuchte auf, als ihre Wange aufplatzte. Blut quoll ihr in den Mund. Sie senkte das Kinn und spuckte in ihren Schoß. Sie zuckte zusammen, als sie ein Ziehen am Hals spürte und seine rauhen Lederhandschuhe, die die gelbe Seidenschleife lösten. Sein Atem ging jetzt schneller. Sie konnte die Wärme seines Körpers fühlen.
    Mit der anderen Hand schob er ihr den Stoff des Negligés über die Knie, die Oberschenkel hinauf, noch höher.
    »Bitte nicht«, flüsterte sie.
    »Es ist noch nicht einmal drei«, sagte er und strich ihr mit einer grotesken zärtlichen Geste eine Haarlocke hinters Ohr. »Wir haben mehr als genug Zeit, um Sie zum Reden zu bringen. Und denken Sie doch an Léonie, Marguerite. So ein hübsches Kind. Ein bisschen zu temperamentvoll für meinen Geschmack, aber ich bin sicher, ich könnte eine Ausnahme machen.«
    Er schob die Seide von ihren Schultern.
    Marguerite wurde ruhig, verschwand in sich

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