Die achte Offenbarung
und die Brisanz darin erkennt.« Paulus schüttelte den Kopf. »Wenn ich diese beiden da drüben sehe, kann ich mir allerdings nicht vorstellen, dass das passieren wird.«
»Und wenn wir trotzdem zu den Amerikanern gehen? Vielleicht glauben sie uns ja auch ohne das Buch.«
»Warum sollten sie? Die ganze Geschichte klingt doch viel zu absurd! Ohne das Manuskript wird jeder glauben, wir hätten uns das alles ausgedacht.«
»Ausgedacht? Und was ist mit dem Schuss auf Dirk? Außerdem können Dirk und mein Vater bezeugen, dass es das Manuskript gibt und dass darin der Anschlag von Lourdes vorhergesagt wurde!«
Paulus überlegte. »Du hast recht. Trotzdem bräuchten wir zumindest Fotos von … Moment mal!« Er holte sein Handy hervor und durchsuchte den Fotospeicher. Tatsächlich, da waren sie: die Aufnahmen der Manuskriptseiten, die Paulus vor einer Woche gemacht hatte, bevor er zu Frank gefahren war. Er hatte sie auf seinen mittlerweilegestohlenen Laptop überspielt, doch die Originale waren dabei nicht gelöscht worden.
Er hielt Mele das Handy hin.
»Wir müssen sie den Amerikanern zeigen!«, sagte sie. »Das ist unsere einzige Chance! Lass uns zusehen, dass wir hier so schnell wie möglich wegkommen, und nach Berlin fahren!«
»Okay.«
Der Polizist stieg aus dem Einsatzwagen und kam auf sie zu. Er zog einen Notizblock hervor. »Sie sagten, der Täter hätte ein Buch gestohlen. Können Sie mir bitte sagen, worum es sich dabei handelt?«
»Es ist eine Handschrift aus dem Mittelalter, spätes 15. Jahrhundert. Geschrieben von einem Mönch aus Maulbronn namens Hermo von Lomersheim.«
Der Polizist notierte sich den Namen. »Woher hatte dieser Dirk Mauser das Buch?«
»Es ist ein Familienerbstück.«
»Es gehört ihm?«
»Nein, es gehört mir. Ich … habe es ihm geliehen.«
»Haben Sie irgendwelche Dokumente über das Buch? Eine Besitzurkunde oder so?«
»Nein. Ich habe es von meiner Großmutter bekommen.«
»Was, glauben Sie, ist das Buch wert?«
»Das lässt sich schwer sagen. Handschriften aus dem Mittelalter erreichen auf Auktionen manchmal Preise von mehreren hunderttausend Euro.«
»Und woher wusste der Täter davon?«
Paulus runzelte die Stirn. Diese Frage war immer noch ungeklärt. Seltsam war auch, dass das Motorrad so plötzlich aufgetaucht war. Sie mussten Dirk beschattet haben. »Ich weiß es nicht.«
»Würden Sie bitte noch einmal den exakten Ablauf schildern?«
Paulus beschrieb die Ereignisse.
»Wohin wollten Sie eigentlich?«
»Ins Sauerland. Nach Bruchhausen. Die Mausers haben dort eine Ferienwohnung.«
»Warum sind Sie dann nicht weiter auf der Autobahn geblieben?«
Paulus zuckte mit den Schultern. »Dirk kannte den Weg. Ich bin ihm einfach nachgefahren.«
»Und die Schramme an Ihrem Mietwagen? Woher kommt die?«
Paulus stockte. Bisher hatte er bewusst vermieden, die Verfolgungsjagd zu erwähnen. An den zerbeulten Kotflügel hatte er gar nicht mehr gedacht.
»Das war ich«, schaltete sich Mele ein. »Beim Einparken. Da war ein Blumenkübel …« Sie lächelte schief.
»Das muss ein ziemlich großer Blumenkübel gewesen sein«, sagte der Polizist skeptisch.
Mele nickte. »Ja, so ein runder aus Beton.«
Paulus fühlte sich zunehmend unwohl. Sie waren im Begriff, sich in ein Lügengebilde zu verstricken. Wenn der Polizist das merkte und sie verdächtigte, auf Dirk geschossen zu haben, würde er sie vorläufig festnehmen. Bis sich dann herausstellte, dass sie unschuldig waren, würden sie mindestens 24 Stunden verlieren.
Paulus sah auf die Uhr. »Brauchen Sie uns noch? Ich … müsste noch etwas erledigen.«
Der Polizist zog eine Augenbraue hoch. »In Bruchhausen?«
»In Berlin.« Paulus improvisierte. »Es gibt dort eine Registrierungsstelle für mittelalterliche Schriften. Möglich, dass im Archiv dort weitere Informationen über die verschwundeneHandschrift vorhanden sind. Außerdem kann man dort gestohlene Handschriften melden, so dass sie auf dem legalen Markt unverkäuflich werden.«
»Können Sie dort nicht anrufen?«
»Ja, schon, aber ich möchte lieber hinfahren. Die haben dort auch eine Bilddatenbank, die nicht über das Internet zugänglich ist.«
Der Polizist musterte Paulus skeptisch, doch dann nickte er. »Gut. Wenn wir noch Fragen haben, melden wir uns.«
39.
Berlin, Samstag 15:44 Uhr
Sie erreichten Berlin nach gut vier Stunden Fahrt. Die US-Botschaft befand sich am Pariser Platz direkt neben dem Brandenburger Tor. Sie fuhren in ein Parkhaus in der
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