Die achte Offenbarung
unterwegs.«
»Okay.« Paulus legte auf.
»Diese Scheißkerle!«, schluchzte Mele. »Dirk, mein Gott!«
Der Student stöhnte vor Schmerzen. Sein Atem ging rasselnd, sein Gesicht war unnatürlich bleich. Wahrscheinlich hatte er einen Schock. Paulus versuchte, sich an den Erste-Hilfe-Kurs zu erinnern, der schon einige Jahre zurücklag. War es besser, den Verletzten aus dem Auto zu holen und ihn in die stabile Seitenlage zu bringen, oderwürde das die Verletzungen nur verschlimmern? Er entschied sich, den Studenten nicht zu bewegen, drehte jedoch die Rücklehne des Sitzes in die flachste Stellung.
»Wir müssen die Blutung stoppen«, sagte er. »Ist hier irgendwo ein Verbandskasten?«
»Aber das Buch!«, erwiderte Mele. »Du musst den Araber einholen! Ich kümmere mich schon um Dirk.«
»Der ist längst weg. Mit dem BMW hätte ich in dieser Gegend gegen ein Geländemotorrad ohnehin keine Chance.« Paulus wollte nicht darüber nachdenken, was das bedeutete. Stattdessen konzentrierte er sich auf das Naheliegende: Dirks Leben retten.
Er lief zum Heck des Wagens und durchsuchte den Kofferraum. Unter einer Abdeckmatte fand er ein Fach, in dem ein alter Verbandskasten untergebracht war.
»Dirk, kannst du mich hören?«, fragte er.
Der Student drehte den Kopf leicht in Paulus’ Richtung, doch die Bewegung schien ihm Schmerzen zu bereiten. »Es … es tut mir leid …«, röchelte er.
»Sag jetzt nichts. Ein Krankenwagen ist unterwegs.«
Mit einer Schere aus dem Verbandskasten schnitt Paulus das blutige Hemd des Studenten auf. Die Kugel hatte den Oberarm gestreift, dabei eine hässliche, aber vergleichsweise harmlose Fleischwunde aufgerissen und war dann seitlich in die Brust eingedrungen. Möglicherweise hatte sie einen Lungenflügel verletzt, aber zum Glück das Herz verfehlt. Ein dicker, pulsierender Blutstrom quoll aus der Wunde.
So gut er konnte, versuchte Paulus den Blutfluss mit einem Verbandspäckchen einzudämmen, das er auf die Wunde presste, doch er hatte das Gefühl, nur wenig auszurichten. Zum Glück hörte er in diesem Moment die Sirene eines Krankenwagens. Zwei Männer sprangen heraus und rannten mit einer Trage über den Acker.
»Was ist passiert?«, fragte einer der beiden.
»Jemand hat auf ihn geschossen«, erwiderte Paulus. Erleichtert sah er zu, wie die Nothelfer Dirk aus dem Auto zogen und auf die Trage legten. Einer der beiden legte eine Infusion, während der andere die Blutung mit einem Druckverband eindämmte. Dann schleppten sie die Trage zurück zum Krankenwagen.
Paulus und Mele begleiteten sie zum Krankenwagen.
»Wird er durchkommen?«, fragte Mele ängstlich.
»Das können wir noch nicht sicher sagen, es kommt darauf an, wie tief die Kugel eingedrungen ist und wie schwer seine inneren Verletzungen sind. Aber dem ersten Eindruck nach würde ich sagen, er hat noch mal Glück gehabt. Möchten Sie mit ins Krankenhaus kommen?«
»Geh ruhig mit ihm, wenn du möchtest«, sagte Paulus. »Ich mache das mit der Polizei allein.«
Mele schüttelte den Kopf. »Nein. Dirk können wir jetzt nicht helfen. Wir müssen uns um das Buch kümmern!«
Paulus wusste nicht, was sie in Bezug auf das Buch noch unternehmen sollten, aber er nickte.
Inzwischen war auch eine Polizeistreife eingetroffen. Eine junge Beamtin und ein älterer Polizist mit grauem Haar nahmen ihre Personalien auf und befragten sie, was geschehen war.
Als Paulus den Ablauf schilderte, sahen sich die beiden an. »Sie kennen das Opfer?«
»Ja. Er heißt Dirk Mauser und studiert in Köln.«
»Und wissen Sie, wer der Täter ist?«
»Nein. Hören Sie, Sie müssen diesen Kerl schnappen. Er hat ein Buch gestohlen, das … sehr wichtig für mich ist.«
»Ein Buch? Was für ein Buch?«, fragte der ältere Polizist.
»Ein sehr wertvolles Manuskript aus dem Mittelalter.«
»Also handelt es sich um einen Raubüberfall?«
Paulus seufzte. Wie sollte er zwei Provinzpolizisten erklären, dass das Schicksal der Menschheit von diesem Buch abhing? »Ja.«
»Haben Sie das Kennzeichen des Motorrads?«
»Leider nicht.« Paulus beschrieb den Fahrer, so gut er konnte.
»Gut. Wir geben eine Fahndung raus. Warten Sie bitte einen Moment hier.« Der Polizist ging zum Einsatzwagen, während die Frau Dirks Wagen näher untersuchte.
»Was machen wir jetzt?«, fragte Mele.
»Ich … ich weiß es nicht. Ich fürchte, wir können nichts mehr tun. Die einzige Chance besteht darin, dass die Polizei den Araber rechtzeitig schnappt, das Buch sicherstellt
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