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Die achte Offenbarung

Die achte Offenbarung

Titel: Die achte Offenbarung Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Karl Olsberg
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überzeugt, dass die Geschichte Unsinn war. »Und das sollen wir ernsthaft bringen!«, sagte er, als Paulus geendet hatte. »Ich wollte dich eigentlich nicht mit der Sache belästigen, aber Jan meinte, du solltest dir das anhören.« Er lachte trocken. »Auf jeden Fall hat es ja einen gewissen Unterhaltungswert!«
    Ruhloff ignorierte Neumanns Einwurf. »Wenn die Geschichte stimmt, dann haben diese Leute einen ziemlichen Aufwand getrieben, um Sie zu überzeugen«, sagte er. »Warum, glauben Sie, hat man ausgerechnet Sie ausgewählt, Herr Brenner?«
    Paulus zuckte mit den Schultern. »Ich habe ein paar Aufsätze über mittelalterliche Kryptographie veröffentlicht. Meine Großmutter wurde aus ungeklärter Ursache verhaftet und ist im Arbeitslager gestorben. Das gab ihnen einen guten Angriffspunkt für die Geschichte. Ich denke, man hat mich ausgewählt, weil ich die Aufgabe lösen konnte, weil ich nicht im Verdacht stehe, etwas gegen Juden oder Moslems zu haben, und weil man glaubte, mich relativ gut manipulieren zu können.«
    Ruhloff lächelte. »Es scheint, in dem Punkt haben sich die Verschwörer geirrt.«
    »Du … du glaubst die Geschichte doch nicht etwa?«, fragte Neumann entsetzt.
    Ruhloff wandte sich ihm zu. »Daniel, es geht nicht darum, was wir glauben. Wir haben die Aufgabe, Spuren nachzugehen, auch wenn sie auf den ersten Blick merkwürdig wirken. Gerade dann. Außerdem haben wir auch eine publizistische Verantwortung. Wir können viel Schadenanrichten mit dem, was wir veröffentlichen, aber auch viel Nutzen.«
    »Eben«, sagte Neumann. »Wenn wir die Story bringen, werden wir uns bis auf die Knochen blamieren! Die Hitlertagebücher sind gar nichts dagegen! Wir könnten mit solch absurden Behauptungen sogar diplomatische Verwicklungen auslösen!«
    Ruhloff nickte. »Wahrscheinlich hast du recht.«
    Die Hoffnung, die Paulus aufgrund von Ruhloffs freundlicher Art geschöpft hatte, fiel in sich zusammen.
    »Andererseits«, fuhr Ruhloff nach einer kurzen Pause fort, »muss man manchmal etwas riskieren, wenn man wirklich große Geschichten erzählen will.«
    »Du willst unsere Glaubwürdigkeit aufs Spiel setzen? Hast du nicht immer gepredigt, dass man Jahre, ach was, Jahrzehnte braucht, um das Vertrauen der Leser aufzubauen, es aber mit einem einzigen falschen Satz zerstören kann?«
    »Wir müssen es ja nicht wie eine Enthüllungsstory präsentieren. Wir können es so schreiben, wie es uns erzählt wurde: Zwei junge Menschen kommen in die Redaktion und erzählen eine unglaubliche Geschichte, die mehrere scheinbar unabhängige Ereignisse in Verbindung bringt. Der Leser soll sich selbst ein Urteil bilden.«
    »Nichts anderes machen Verschwörungstheoretiker. Willst du dich wirklich auf deren Niveau herabbegeben?«
    »Ist dir schon mal in den Sinn gekommen, dass es unter all den wirren Verschwörungstheorien ein paar gibt, die tatsächlich stimmen? Was, wenn die Amerikaner wirklich Teheran angreifen? Sollen wir da etwa tatenlos zusehen?«
    »Nehmen wir mal an, es wäre so«, wandte Neumann ein. »Wir bringen die Story, und die Amis, die vielleicht tatsächlich vorhatten, Teheran zu bombardieren, lassen esbleiben. Ein Bioterroranschlag findet auch nicht statt. Dann wären wir die Dummen! Dieses Manuskript ist verschwunden, und die Amerikaner werden garantiert abstreiten, dass an der Geschichte was dran ist. Niemand wird uns dafür loben, dass wir eine Katastrophe verhindert haben. Sie werden uns alle auslachen!«
    »Da hast du wohl recht, Daniel«, sagte Ruhloff. »Aber wenn man eine gute Tat nur wegen des erwarteten Lobes vollbringt, ist es keine gute Tat mehr, oder?«
    »Herrgott, Oskar, wir sind ein Nachrichtenmagazin und nicht die Pfadfinder! Muss ausgerechnet ich dich daran erinnern?«
    »Das habe ich nicht vergessen.« Ruhloff sah sich um. »Wo ist eigentlich Jan? Mich würde interessieren, was er darüber denkt.«
    »Keine Ahnung. Ich such ihn mal.« Neumann verließ den Raum und kehrte kurz darauf mit Kleibert zurück.
    »Ich habe mit der Polizei in Hamburg und Soest telefoniert und ein bisschen recherchiert«, sagte der Redakteur, nachdem er Ruhloff begrüßt hatte. »Was die beiden uns als Fakten präsentiert haben, stimmt.«
    »Das beweist gar nichts«, sagte Neumann.
    »Da ist noch was«, sagte Kleibert. »In der Nähe von Boston wurde ein Mann ermordet aufgefunden, der Papiere auf den Namen Aaron Lieberman bei sich hatte. Die US-Polizei hat einen Aufruf an die Bevölkerung herausgegeben, verdächtige

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