Die achte Offenbarung
Beobachtungen zu melden.«
»Lieberman ist tot?«, rief Paulus erschrocken. »Aber … das verstehe ich nicht …«
Er wusste plötzlich nicht mehr, was er glauben sollte. Wenn Lieberman einer der Verschwörer war, wieso hatte er dann sterben müssen?
Ruhloff schien seine Reaktion genau zu beobachten.»Ich denke, es gibt vier Möglichkeiten«, sagte er nach einer kurzen Pause. »Immer vorausgesetzt, alles, was Sie uns erzählt haben, stimmt. Dann könnte es theoretisch sein, dass die Terroristen Lieberman in den USA aufgespürt und umgebracht haben. Das aber würde bedeuten, dass die Geschichte mit der Botschaft aus der Zukunft wahr ist. Und bei all meiner Unkenntnis über die Möglichkeiten moderner Technik kann ich das doch nicht so ganz glauben. Die zweite Möglichkeit ist, dass das ein Zufall ist. Vielleicht ist der Aaron Lieberman, den das FBI identifiziert hat, gar nicht der, der Ihnen das Manuskript gegeben hat. Oder er ist es, aber der Mord hat nichts mit der Sache zu tun. Das wäre allerdings schon ziemlich ungewöhnlich. Möglichkeit Nummer drei: Lieberman wollte aussteigen, und die Verschwörer haben ihn zum Schweigen gebracht. Ebenfalls nicht sehr plausibel, denn dann hätten sie ihn vermutlich gründlicher beseitigt. Somit bleibt noch Möglichkeit vier: Der Tote ist gar nicht Aaron Lieberman.«
Paulus sah ihn verblüfft an. »Was meinen Sie damit?«
Ruhloff wandte sich an Kleibert. »Jan, weißt du etwas über die Umstände des Todes?«
Kleibert blickte auf einen Ausdruck in seiner Hand. »Er wurde erschossen. Die Leiche wurde anschließend mit Benzin übergossen und angezündet.«
»Sehen Sie?«, meinte Ruhloff. »Jemand hat dafür gesorgt, dass man die Gesichtszüge des Toten nicht erkennt. Trotzdem konnte die Polizei ihn anhand seiner Papiere identifizieren. Das ergibt keinen Sinn, oder? Wenn die Mörder die Leiche verbrannt hätten, weil sie nicht wollten, dass man seinen Namen herausfindet, dann hätten sie ja wohl vorher die Brieftasche entfernt. Wahrscheinlich hat das FBI in Wirklichkeit irgendeinen armen Penner gefunden, dem man Ausweispapiere auf den Namen AaronLieberman zugesteckt hat. Der wahre Lieberman ist untergetaucht, oder es hat ihn nie gegeben.«
Paulus nickte.
»Aber warum sollten sie so was tun?«, fragte Mele. »Warum musste dieser arme Mann sterben?«
»Um Ihrer Geschichte von dem Manuskript Glaubwürdigkeit zu verleihen. Überlegen Sie mal: Sie spazieren einfach so in die US-Botschaft und erzählen denen eine Science-Fiction-Story. Sie haben keinerlei Beweise für das, was Sie behaupten, außer einem Handy mit irgendwelchen mysteriösen Fotos, mit denen niemand was anfangen kann. Trotzdem nimmt die CIA Sie ernst. Die müssen einen Grund dafür gehabt haben, etwas, das sie wussten, das Sie beide sich unmöglich ausgedacht haben konnten. Denken Sie mal nach: Haben Sie den Namen Aaron Lieberman im Gespräch mit der CIA erwähnt?«
»Ich habe natürlich erzählt, wie Lieberman mir das Buch gegeben hat«, ergänzte Paulus. »Der CIA-Mann hat extra nachgefragt, wie der Mann aussah, und sich den Namen notiert.«
»Wer weiß, was die noch alles gemacht haben, um der Geschichte Glaubwürdigkeit zu verleihen«, sagte Ruhloff. »Das menschliche Gehirn ist so konstruiert, dass es permanent versucht, aus unabhängigen Einzelinformationen ein Gesamtbild zusammenzusetzen. Das haben diese Leute ausgenutzt, um ein überzeugendes Lügengebilde zu konstruieren, das weit über das Manuskript hinausreicht. Denken Sie nur an Lourdes! Siebzehn Menschen mussten sterben. In den Augen dieser Verbrecher war das nur ein weiteres Mosaiksteinchen, um ein glaubwürdiges Bild eines kurz bevorstehenden grauenhaften Anschlags zu erzeugen. Sie beide sind ebenfalls bloß Teile dieses Puzzles.«
»Für mich ergibt das alles immer noch keinen Sinn«, warf Neumann ein. »Die Zusammenhänge erscheinen mir an den Haaren herbeigezogen. Und selbst wenn es diese Verschwörung gibt – wenn wir das durchschauen, dann sollte die CIA dazu ja wohl auch in der Lage sein, oder?«
»Du vergisst, dass wir Informationen haben, die die CIA nicht besitzt – insbesondere die Jagd, die die Verschwörer gestern auf Herrn Brenner und Frau Kallen gemacht haben.«
»Trotzdem … mich überzeugt das alles immer noch nicht«, sagte Neumann.
»Da ist noch eine Sache«, sagte Kleibert. »An sich nichts Aufregendes, aber im Zusammenhang mit dieser Geschichte könnte es signifikant sein: Johnson hat überraschend seine Europareise
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