Die achte Offenbarung
discovered that one was about a meter shorter than the other. This outraged the bishop, and so the architect was brought to the top of the smaller tower and was thrown to his death.«
Paulus stutzte. Was erzählte die Frau denn da? Der Architekt des Doms sei von einem der Türme zu Tode gestürzt worden, weil sie nicht exakt gleich hoch waren? Das war natürlich völliger Unfug, wie offenbar selbst den Asiaten auffiel, denn einer fragte nach:
»Excuse me, but I read that the towers were only finished in the 19 th century. So how could the architect of the middle ages have been thrown down one of them?«
Die Frau zog die Augenbrauen herab. »Yes, you are right. These new towers were built in the 19 th century. I am talking about the old towers of course, which were destroyed when Napoleon came to Cologne in 1806. They were even higher than the ones you can see today.«
»I see«, sagte der Asiat und nickte.
Das ging Paulus nun aber doch zu weit. Er war kein Experte für die Geschichte des Kölner Doms, aber dass es »alte« Türme gegeben haben sollte, die von Napoleon zerstört worden waren, war hanebüchener Unsinn. Er fühltesich verpflichtet, den ahnungslosen Touristen die Wahrheit zu sagen.
»Excuse me, but this is not true«, mischte er sich ein. »Until about 1850, only half of the cathedral was built, and only one of the two towers was erected to about one third of the size it has today. I’m sorry, but this woman obviously has no idea what she’s talking about!«
Empörtes Gemurmel erhob sich unter den Asiaten. Sie begannen, in ihrer Sprache zu diskutieren.
»Was mischen Sie sich da ein?«, zischte die Blonde Paulus an.
»Ich bin Historiker«, sagte Paulus. »Es ist mein Beruf, die Wahrheit über die Geschichte zu verbreiten!«
»Die Wahrheit? Woher wollen Sie die denn wissen? Waren Sie etwa dabei, als der Dom gebaut wurde?«
»Natürlich nicht, aber …«
Inzwischen waren die Asiaten offenbar zu dem Schluss gekommen, dass sie einer Aufschneiderin aufgesessen waren. »This man is right«, sagte einer von ihnen. »You have told us wrong things. We want our money back!«
»Da sehen Sie, was Sie angerichtet haben!«, sagte die Frau empört. »Ich habe denen doch bloß ein paar spannende Geschichten erzählt, damit sie einen unterhaltsamen Tag haben. Aber nein, Sie wissen ja alles besser! Glauben Sie etwa, es interessiert irgendwen, dass der Dom über Jahrhunderte eine Bauruine war, die hier einfach nur rumgestanden hat? Das ist doch keine interessante Geschichte!«
»Sie können den ausländischen Touristen doch nicht einfach für Geld irgendwelchen pseudohistorischen Quatsch auftischen! Das ist Betrug, und …«
Paulus stockte. Sein Blick glitt zufällig über die Menschenmenge, die auf der Domplatte hin und her wanderte,als er in etwa hundert Metern Entfernung einen Mann mit arabischen Zügen entdeckte, der mitten in dem Trubel stand und sich suchend umsah. Paulus erschrak. Es war der Unbekannte von gestern! Wie kam der Kerl plötzlich hierher?
Ihre Blicke trafen sich. Die Miene des Mannes verfinsterte sich. Er griff in die Tasche seines Jacketts und hatte plötzlich eine Pistole in der Hand.
»Ach du Scheiße!«, rief die Touristenführerin. »Der hat ja ’ne Knarre!« Sie rannte los.
Ohne nachzudenken, folgte Paulus ihr.
Sie bahnten sich einen Weg durch die Menschenmenge in Richtung der Treppen, die hinab zum Hauptbahnhof führten.
Paulus blickte sich über die Schulter um, konnte jedoch den Araber in der Menge nicht entdecken.
Sie überquerten den Vorplatz und stürmten in die Haupthalle des Bahnhofs, die voller Menschen war.
Paulus blieb keuchend stehen, um sich umzusehen. Der Araber war nicht in Sicht. Hatten sie ihn abgehängt? Er warf einen Blick auf die große Anzeigetafel. Der nächste Zug nach Hamburg ging in einer halben Stunde. Aber war es eine kluge Idee, ihn zu nehmen? Der Mann wusste, wo er wohnte. Wenn er Komplizen hatte …
»Jetzt steh nicht so blöd rum und komm mit!«, rief die Touristenführerin. »Oder willst du, dass der Kerl dich abknallt?«
Paulus folgte ihr quer durch den verwinkelten Bahnhof und eine Treppe hinauf zu einem der S-Bahn-Gleise. Ein Zug fuhr gerade ein. Sie sprangen hinein.
Paulus sah aus dem Fenster, doch niemand kam die Treppe hinaufgestürmt. Als der Zug sich in Bewegung setzte, atmete er erleichtert auf.
»Ich bin übrigens Mele«, sagte die junge Frau.
Er ergriff ihre ausgestreckte Hand. »Paulus.«
Sie grinste. »Wie der
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