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Die achte Offenbarung

Die achte Offenbarung

Titel: Die achte Offenbarung Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Karl Olsberg
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abgesehen hatte? Ihm war nicht entgangen, wie interessiert sie zugehört hatte, als Paulus seine Geschichte erzählte.
    Andererseits hatte der Typ, der hinter ihm her war, tatsächlich keine Ahnung, wer Mele war. Bei ihr wäre er fürs Erste sicher. Ihre Zufallsbegegnung konnte sich als Glücksfall erweisen. Doch sein Misstrauen blieb. »Warum willst du mir helfen?«
    Sie sah ihn beinahe zornig an. »Na hör mal, warum sollte ich dir nicht helfen? Was würdest du denn machen, wenn ich in der Situation wäre?«
    Paulus war sich durchaus nicht sicher, ob er ihr genauso selbstverständlich seine Hilfe angeboten hätte. Sie kam ihm immer noch ein wenig dubios vor mit ihrer Art, Touristen haarsträubende Lügengeschichten zu erzählen. Aber sie hatte genau richtig reagiert, indem sie zur S-Bahn geflohen war und ihm vielleicht so das Leben gerettet.
    Er nickte. »Okay. Danke!«

9.
Köln, Sonntag 15:10 Uhr
    Es stellte sich heraus, dass Mele ein Zimmer in einer Studenten-WG belegte. »Ich wohne hier nur vorübergehend«, erklärte sie, als sie die Treppe eines alten Mietshauses an der Bismarckstraße hinaufstiegen. »Die Frau, der es eigentlich gehört, macht gerade ein Auslandssemester.«
    »Was studierst du denn?«, fragte Paulus.
    »Menschen«, antwortete Mele kryptisch. Sie schien ihren Wohnungsschlüssel vergessen zu haben, denn sie klingelte.
    Ein missmutig dreinblickender Typ mit schulterlangen schwarzen Haaren und runder Brille öffnete. »Ach, du bist’s«, sagte er zur Begrüßung. Und nach einer kurzen Pause: »Wer ist das denn?«
    »Paulus«, erklärte Mele. »Er bleibt für eine Weile bei mir.«
    Der Typ machte eine finstere Miene. »Mele, wir haben doch ganz klar vereinbart, dass du keine Typen mehr mit in die WG …«
    »Nun mach keinen Stress, Dirk«, sagte Mele. »Es ist ein Notfall. Ein Killer ist hinter ihm her.«
    Dirk rollte mit den Augen. »Hör mir auf mit diesen blödsinnigen Geschichten! Die kannst du deinen Touristen erzählen!«
    »Aber es stimmt wirklich!«
    »Ich bleibe nicht lange«, mischte sich Paulus ein. »Es würde mir wirklich sehr helfen, wenn ich zumindest ein paar Tage bei euch unterkommen könnte, bis ich etwas Besseres gefunden habe.«
    Dirk musterte Paulus von Kopf bis Fuß. Dann seufzte er theatralisch. »Na gut.«
    Mele führte Paulus durch die Wohnung. Sie hatte drei Schlafzimmer, in denen außer Dirk und Mele noch ein Jurastudent namens Mike wohnte, der für ein verlängertes Wochenende zu seinen Eltern gefahren war.
    Meles Zimmer wirkte wie der Wohnraum einer gespaltenen Persönlichkeit: An einer Wand stand neben einem verspiegelten Kleiderschrank ein großes Bücherregal voller juristischer Fachliteratur, an den Wänden hingen ordentlich gerahmte Drucke bekannter moderner Kunstwerke. Doch das Bett war zerwühlt, schwarze Unterwäsche lag neben einem großen Plüschteddy, Kleidung hing unordentlich über dem Stuhl. Neben dem Bett lag ein aufgeklappter Koffer voller Schmutzwäsche. Auf dem Schreibtisch türmten sich Zettel, zerfledderte Liebesromane, ein Comicheft, eine leere Kekspackung. Paulus vermutete, dass die eigentliche Bewohnerin einen Schock bekäme, wenn sie ihr Zimmer in diesem Zustand sehen würde.
    Mele führte Paulus in das gemeinsam genutzte Wohnzimmer mit einer alten Couchgarnitur, einem Fernseher und einem runden Esstisch. Sie zeigte auf die Couch. »Da kannst du schlafen«, sagte sie, ohne sich um Dirks empörtes Schnauben zu kümmern.
    Paulus wandte sich an ihren Mitbewohner. »Ich bezahle auch dafür.«
    Dirk schüttelte energisch den Kopf. »Das brauchst du nicht. Höchstens vielleicht einen Anteil für das Essen. Aber du kannst ein bisschen mithelfen, die Wohnung in Ordnung zu halten. Mele hat es nicht so mit dem Küchendienst.«
    Das glaubte Paulus ihm aufs Wort. »Klar, mach ich.«
    »Zeigst du mir noch mal das Buch?«, bat Mele.
    »Was für ein Buch?«, fragte Dirk.
    »Das Buch, wegen dem der Killer hinter ihm her ist«, erklärte Mele aufgeregt.
    »Dessentwegen«, sagte Dirk.
    »Was?«
    »Es heißt ›dessentwegen‹, nicht ›wegen dem‹.«
    »Von mir aus. Jedenfalls wäre er dessentwegen beinahe erschossen worden.«
    Paulus unterdrückte ein Grinsen, als er sah, wie sich Dirk eine erneute Verbesserung mühsam verkniff. »Du behauptest, es ist jemand hinter dir her?«, fragte der Student. »Wegen eines Buches?«
    Paulus fühlte sich nicht wohl dabei, die ganze Geschichte nun auch noch Dirk zu erzählen. Andererseits halfen ihm diese Studenten, und

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