Die achte Offenbarung
Willst du wieder trainieren?«
»Nein, mit dem Laufen hab ich aufgehört, wegen meines Knies, du weißt schon. Ich hab eine Frage an dich als Physiker.«
»Seit wann interessierst du dich für Physik?«
Paulus improvisierte. »Es … es geht um ein Buch. Geschichte. Für Jugendliche.«
»Echt? Ich wusste gar nicht, dass du schreibst.«
»Ist … nur ein Versuch. Ich dachte, man könnte Geschichte für die Kids interessanter machen, wenn man sie mit spannenden Abenteuern verbindet.«
»Und dafür brauchst du mich?«
»Ich hatte die Idee, dass mein jugendlicher Held mit einer Zeitmaschine in die Vergangenheit reist.«
»Und wo ist das Problem?«
»Na ja, ich wollte wissen, ob Zeitreisen in die Vergangenheit möglich sind.«
»Natürlich nicht. Aber das ist doch egal, oder? Es gibt jede Menge Romane, in denen Leute in die Vergangenheit reisen.«
»Ja, schon, aber ich wollte es möglichst realistisch halten. Es soll ja immerhin einen pädagogischen Wert haben. Also, du sagst, Zeitreisen sind ausgeschlossen?«
»Theoretisch nicht unbedingt, aber praktisch schon.«
»Wieso das?«
»Um eine Zeitreise zu machen, müsste man ein Wurmloch groß genug und stabil genug machen, dass ein Mensch sicher hindurchreisen könnte. Allein die Energie, die dafür notwendig wäre, liegt weit außerhalb unserer Möglichkeiten, und ob das überhaupt technisch möglich wäre, weiß niemand.«
»Aber das heißt doch nicht, dass es nicht irgendwann in Zukunft gelingen könnte«, wandte Paulus ein. »Immerhin hatte man vor hundert Jahren auch keine Ahnung, wie man es jemals bewerkstelligen könnte, auf den Mond zu fliegen.«
»Das ist nicht richtig. Man wusste damals schon recht genau, was man machen muss, um einen Menschen zum Mond zu bringen, lies mal Jules Verne. Man hatte nur noch nicht die technischen Möglichkeiten.«
»Genau wie heute in Bezug auf die Zeitmaschine.«
»Glaub mir, das ist eine ganz andere Dimension von Problem. Es ist eher vergleichbar damit, dass die Leute vor hundert Jahren nicht wussten, wie man unsterblich wird. Aber natürlich weiß ich auch nicht, was in hundert oder in zweihundert oder tausend Jahren alles technisch möglich sein wird. Dennoch kann ich dir mit einiger Sicherheit sagen, dass man niemals eine Zeitmaschine bauen wird, mit der man in die Vergangenheit reisen kann.«
»Wieso nicht?«
»Weil wir es sonst schon wüssten. Stell dir mal vor, es wäre tatsächlich möglich, dann müsste es doch hier von Zeitreisenden wimmeln. Wir hätten dauernd Besuch vonirgendwelchen Touristen aus der Zukunft. Es gäbe jede Menge unerklärliche Ereignisse in der Vergangenheit, die von solchen Typen verursacht wurden.«
Paulus unterließ es, Olaf darauf hinzuweisen, dass es in der Geschichte genug Ereignisse gab, die noch niemand richtig erklären konnte. »Vielleicht bemerken wir sie nicht. Vielleicht gibt es Regeln, nach denen sie sich so verhalten müssen, dass der Lauf der Geschichte nicht gestört wird.«
»Glaubst du im Ernst, das würde funktionieren? Fahr mal in ein Hotel auf Mallorca, dann siehst du, wie gut sich Touristen an Regeln halten! Wenn Zeitmaschinen möglich wären, dann gäbe es mit Sicherheit Leute, die damit irgendwann in der Zukunft Unfug anstellen, den wir heute spüren würden. Es sei denn …« Olaf schwieg einen Moment, als müsse er über etwas nachdenken.
»Es sei denn, was?«
»Mir ist gerade ein interessanter Gedanke gekommen. Vielleicht ist es doch irgendwann möglich, eine Zeitmaschine zu bauen, mit der man in die Vergangenheit reisen kann. Aber möglicherweise braucht man dafür einen Empfänger.«
»Wie meinst du das?«
»Nehmen wir an, du willst Materie mit einem Transmitter mit Lichtgeschwindigkeit von A nach B schicken, so wie das Beamen in Star Trek. Dann brauchst du zwei Geräte: einen Sender, der Materie in Information verwandelt und sie als Lichtstrahl losschickt, und einen Empfänger, der aus der Information wieder Materie macht.«
»Aber bei Star Trek beamen sie doch Leute einfach so auf Planeten.«
»Klar, das ist ja auch eine Science-Fiction-Serie. Materietransmitter sind immerhin in der Theorie möglich. Manhat bereits in der Praxis Lichtquanten, oder genauer gesagt die Quantenzustände des Lichts teleportiert. Aber ohne Empfänger geht da gar nichts.«
»Und was hat das mit Zeitreisen zu tun?«
»Wenn man jemals eine Zeitmaschine bauen wird, dann wird sie wahrscheinlich auch so einen Empfänger brauchen. Das würde jedenfalls erklären, warum wir
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