Die Achte Suende
auffing, rief der Kardinalstaatssekretär, jetzt mit deutlicher Zurückhaltung: »Soffici, Bruder in Christo, so melden Sie sich doch!«
Aus dem Telefon kam die Bandansage: »Der Teilnehmer ist vorübergehend nicht erreichbar.«
Kapitel 34
Missmutig blickte Lukas Malberg morgens beim Rasieren in den Spiegel. Er erkannte sich kaum wieder. Kein Wunder, die Umstände waren nicht dazu angetan, sein Äußeres jugendlich und erholt erscheinen zu lassen.
Während er in Barbieris engem Badezimmer seiner bescheidenen Körperpflege nachkam, stellte Malberg sich die Frage, warum die Marchesa sterben musste, während er noch lebend herumlief. Entweder, dachte er, war er zu unbedeutend, was den Fall Marlene betraf, oder er hatte etwas an sich, was anderen noch von Nutzen sein konnte.
Bis tief in die Nacht hatte er mit Barbieri zusammengesessen und versucht, die jüngsten Ereignisse zu bilanzieren. Sie hatten sich halbtot geredet, wobei zwei Flaschen Castelli-Wein ihr Übriges taten. Lukas Malberg hatte Giacopo Barbieri das Du angeboten, und gegen halb zwei waren sie mit dem Vorsatz ins Bett gefallen, am folgenden Tag eine Strategie zu entwickeln für ihr weiteres Vorgehen.
Beim gemeinsamen Frühstück, das eher bescheiden ausfiel wie die Morgenwegzehrung in einem Trappistenkloster, brummelte Barbieri mit belegter Stimme vor sich hin: »Im Übrigen habe ich dir gestern Abend etwas verschwiegen, was mir nicht mehr aus dem Kopf geht.«
Barbieri blickte ihn neugierig an.
»Gestern auf dem Friedhof, an Marlenes Grab, hatte ich eine seltsame Erscheinung. Ich bin mir inzwischen nicht einmal sicher, ob ich mir das nicht nur eingebildet habe. Während Caterina bei strömendem Regen auf mich einredete und diesen Spruch aus der Apokalypse zitierte - vom Satan, der losgelassen wird aus dem Kerker -, sah ich plötzlich hinter einem Grabstein eine dunkle Gestalt. Der Mann im langen schwarzen Mantel stand da, wie aus dem Boden gewachsen, und starrte zu uns herüber.«
»Du willst aber jetzt nicht behaupten, dass das der Leibhaftige war«, unterbrach Barbieri.
»Ich hätte schwören können, dass es Kardinal Gonzaga war.«
»Und?«, fragte Barbieri aufgeregt.
»Nichts und. Ich verlor völlig die Nerven und rannte davon«, erklärte Malberg verlegen.
»Meinst du, dass er hinter dir her ist?«
»Nach der Geschichte mit Paolo halte ich das nicht für ausgeschlossen.«
Mit einer Armbewegung schob Barbieri das Frühstücksgeschirr auf dem Tisch beiseite. Dann holte er einen Schreibblock, legte ihn vor sich auf den Küchentisch, und mit einem Reklame-Kugelschreiber kritzelte er auf das Blatt: Marchesa Lorenza Falconieri. Hinter dem Namen machte er ein Kreuz.
Als er Malbergs fragende Blicke sah, begann er: »Ich glaube, die Marchesa ist die Schlüsselfigur in unserem Fall. Wenn es uns gelingt, ihr Leben zu durchleuchten, dann stoßen wir zwangsläufig auf ihren Mörder. Und wenn wir ihren Mörder kennen, haben wir auch eine Spur zu Marlenes Mörder.«
»So einfach ist das!« Lukas machte sich über Giacopo lustig. »Glaubst du wirklich, Marlene und die Marchesa hatten ein und denselben Mörder? Das ist doch lächerlich!«
»Habe ich das behauptet? Ich meinte, wenn es uns gelänge, den gewaltsamen Tod der Marchesa aufzuklären, ergäben sich daraus vermutlich auch Hinweise auf Marlene Ammers Tod.«
»Und wie willst du das Leben der Marchesa durchleuchten? Sie ist tot, und ihr Tod wird offensichtlich ebenso wie der von Marlene unter den Teppich gekehrt. Das wird nicht einfach.«
Barbieri zog die Augenbrauen hoch. Er wirkte beinahe arrogant, als er sagte: »Wer die Einfachheit liebt, sollte kein Kriminaler werden.«
Malberg nickte anerkennend. »Und wie stellst du dir das weitere Vorgehen vor?«
»Wir beginnen mit dem Naheliegenden.«
»Und das wäre?«
»Wir halten das Haus der Marchesa Tag und Nacht unter Beobachtung und sehen, was passiert.«
»Was soll schon passieren? Nichts!«
»Da könntest du sogar recht haben.«
»Also, wozu dann der Aufwand?«
»In scheinbar aussichtslosen Fällen wie diesem greift der Fahnder nach jedem Strohhalm. Merk dir das!«
Lukas verzog das Gesicht: »Wenn du meinst.«
»Mir scheint, du sprühst vor Eifer!«
»Entschuldige, aber ich verspreche mir nicht allzu viel von deinem Vorhaben.«
»Hast du eine bessere Idee?«
Malberg schwieg.
»Also. Ich mache dir einen Vorschlag. Wir setzen unsere Beobachtungen für drei Tage an. Sollten wir in dieser Zeit auf keinen Verdächtigen stoßen,
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