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Die Achte Suende

Die Achte Suende

Titel: Die Achte Suende Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Philipp Vandenberg
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die Erkenntnis schlechthin. Und das würde bedeuten, Mendel fand heraus, was er wohl besser nicht entdeckt hätte. Dafür spricht jedenfalls das Verbot seines Buches durch den Papst. Ein merkwürdiger Mensch, dieser Gregor Mendel. Finden Sie nicht?«
    »Allerdings. Aber seine Merkwürdigkeit hatte vermutlich einen tieferen Grund. Sie wissen, Gregor Mendel wurde zu Lebzeiten nicht als Entdecker der grundlegenden Vererbungsgesetze anerkannt. Erst Jahre nach seinem Tod hat man die Grundlagen der modernen Evolutionsbiologie und die menschlichen Regeln der Vererbung wieder entdeckt. Dass er sich verkannt fühlte, das dürfte für Mendel den Ausschlag dafür gegeben haben, dass er seine größte Entdeckung lange für sich behielt und in Buchform nur einem eingeweihten, kleinen Kreis preisgeben wollte.«
    Der Unbekannte mit dem blassen Gesicht hatte das Essen längst eingestellt. Er musterte Malberg bei seiner Rede, als ob er ihm etwas anvertrauen wolle. Schließlich sagte er mit Ernst in der Stimme: »Würden Sie sich zutrauen, den Text des Buches zu entschlüsseln oder zu übersetzen? Über das Honorar würden wir uns sicher einigen. Für eine tadellose Arbeit könnte ich mir, je nach Aufwand, den Sprachcode zu knacken, hunderttausend Euro vorstellen.«
    Hunderttausend Euro! Malberg versuchte gelassen zu bleiben. Seine Diplomarbeit lag zwar schon ein paar Jahre zurück; aber wenn er sich recht erinnerte, erwähnte Bruder Friedrich Franz in seiner Arbeit einen einfachen Taschenspielertrick, den Mendel anwandte: Er ersetzte beim Schreiben in deutscher Sprache das lateinische Alphabet durch das griechische, eine Kryptographie, die erstmals zur Zeit der Renaissance Anwendung fand.
    »Allerdings«, hörte er den Unbekannten sagen, während er über das Codierungssystem nachdachte, »müssten Sie Ihre Arbeit auf Burg Layenfels am Rhein erledigen.«
    Bei Malberg schrillten alle Alarmglocken. Sagte der blasse Mann Burg Layenfels? Burg Layenfels, wo Monsignor Soffici auf mysteriöse Weise ums Leben gekommen war?
    Malbergs Sinne spielten verrückt. Burg Layenfels – die Burg mit dem rätselhaften Symbol über dem Eingangstor? Dem Symbol, das auch in Marlenes Medaillon auftauchte?
    Er fühlte, wie das Blut in seinen Ohren rauschte, und starrte auf das blendend weiße Tischtuch. Was in aller Welt hatte das zu bedeuten? Die Situation, in die er ahnungslos geraten war, konnte kein Zufall sein.
    »Sie müssen das verstehen«, fuhr der Fremde fort, »ich bin nicht bereit, ein so kostbares Buch aus der Hand zu geben.«
    »Natürlich nicht«, stammelte Malberg. Er hatte keine Ahnung, wie er sich in dieser neuen Situation verhalten sollte. Einfach abzuhauen war wohl die schlechteste Lösung.
Er
kannte zumindest die Herkunftsstätte des fremden Mannes. Die Frage war, ob der Fremde auch
ihn
kannte.
    Unwahrscheinlich, dachte Malberg. Schließlich hatte
er
den Blässling angesprochen und nicht umgekehrt. Und zuerst war der Fremde sehr abweisend gewesen.
    »Wann können Sie anfangen?«, fragte der Unbekannte, ohne Malbergs Einwilligung abzuwarten. Er schien es auf einmal eilig zu haben.
    Malberg strich sich über das Kinn, als ließe er den Terminkalender der nächsten Wochen Revue passieren. In Wahrheit war er viel zu verwirrt, um eine schnelle Antwort zu finden. Er wollte schon ablehnen, weil er überhaupt nicht wusste, was auf ihn zukam. Andererseits war das die Gelegenheit, den Fall Marlene vielleicht zu lösen.
    Er fühlte die stechenden Augen des Mannes auf sich gerichtet und wagte es nicht, dessen Blick zu erwidern. Als der Ober kam und das Geschirr abräumte, empfand Malberg das wie eine Erlösung.
    »Sie misstrauen mir«, sagte der Unbekannte in das betretene Schweigen. »Das kann ich Ihnen nicht verdenken.«
    Keineswegs, wollte Malberg antworten. Nicht weil es der Wahrheit entsprach, eher aus Höflichkeit und um sein ratloses Schweigen zu erklären. Aber dazu kam es nicht, weil der blasse Mann den schwarzen Aktenkoffer, den er während des Essens unter dem Tisch zwischen den Beinen gehalten hatte, auf den Tisch stellte und öffnete.
    Mit großen Augen betrachtete Malberg den Inhalt: Gut und gern eine halbe Million Euro, jeweils zwanzig Fünfhunderter-Scheine zu zehntausend Euro gebündelt und solide mit Banderolen der Deutschen Bank versehen.
    Der Unbekannte entnahm dem Koffer zwanzigtausend und schob Sie Malberg über den Tisch: »Betrachten Sie es als Anzahlung für die zu leistende Arbeit.«
    »Aber Sie kennen mich doch überhaupt

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