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Die Achte Suende

Die Achte Suende

Titel: Die Achte Suende Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Philipp Vandenberg
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vergessen. Er hat uns diese ganze Suppe eingebrockt.«
    »Wenn ich mich nicht irre«, erwiderte Alberto, »hat die Kirche den Zölibat selbst erfunden. Aus den Worten unseres Herrn Jesus geht jedenfalls nichts dergleichen hervor.«
    »Meine Hochachtung! Man merkt, dass Sie kein gewöhnlicher Chauffeur sind, sondern in Diensten des Kardinalstaatssekretärs stehen.«
    »Monsignore«, ereiferte sich Alberto, »Sie vergessen, dass ich an der Gregoriana drei Semester Theologie studiert habe, bevor mir Elisabetta über den Weg lief.«
    »Ich weiß, Alberto, ich weiß.«
    »Irgendwie«, begann Alberto nach einer Weile des Schweigens, »fühle ich mich hier wie in einem Gefängnis. Was sind das nur für Menschen, die sich zu so etwas hinreißen lassen. Was heißt Menschen –
Un
menschen ist das passendere Wort!«
    »Pssst!« Der Sekretär des Kardinals gab einen langgezogenen Zischlaut von sich. »Sie wissen, dass der Kardinal verboten hat, auch nur ein Wort über unsere geheime Aktion und diese Leute zu verlieren. Wir müssen damit rechnen, dass die Wände Ohren haben.«
    »Sie meinen, wir werden überwacht und abgehört?«
    Soffici gab keine Antwort.
    Alberto erhob sich und tastete sich zum Waschbecken vor. Er drehte den Hahn auf und ließ das Wasser laufen.
    »Was soll das?«, erkundigte sich der Monsignore, während Alberto sich zu seinem Lager zurücktastete.
    »Sie sollten sich öfter mal einen Thriller ansehen, Monsignore! Dann wüssten Sie, wie man Abhöranlagen außer Funktion setzt.«
    »Ach.«
    »Ja. Das Wasserrauschen übertönt jedes Geflüster. Und weil die Abhörmikrofone nur das jeweils stärkste Geräusch übertragen, können wir uns jetzt ohne Bedenken leise unterhalten. Glauben Sie, dass wir hier jemals wieder heil herauskommen?«
    »Ich glaube, da kann ich Sie beruhigen, Alberto. Diese Leute sind viel zu raffiniert. Ich kann mir nicht vorstellen, dass sie es darauf anlegen, einen Kardinal, seinen Sekretär und seinen Chauffeur in einem finsteren Verlies verschwinden zu lassen. Das würde zu viel Aufmerksamkeit auf sie lenken. Und wenn die ›Fideles Fidei Flagrantes‹ etwas scheuen, dann ist es die Öffentlichkeit.«
    »›Fideles Fidei Flagrantes‹!«, spottete Alberto, »dass ich nicht lache.«
    »Sie wissen, was dieser Name bedeutet?«
    »Wenn mich meine mühsam erworbenen Lateinkenntnisse nicht im Stich lassen, soviel wie: die Getreuen, die für den Glauben brennen.«
    »Ganz recht. Das klingt zynisch, beinahe makaber angesichts der Tatsache, dass sich in ihren Reihen finstere Gestalten tummeln, von denen sogar ein praktizierender Mafioso noch lernen kann.«
    Durch die Butzenscheiben fiel das erste fahle Morgengrau. Alberto ging zum Waschbecken und schaufelte sich Wasser ins Gesicht. Dann setzte er sich auf seine Bettkante und murmelte: »Wenn ich nur wüsste, was diese Kerle damit bezwecken. Was glauben
Sie
, Monsignore? Was veranlasst diese selbst ernannten Glaubenshüter, sich am Grabtuch unseres Herrn Jesus zu vergreifen …«
    »Von dem nicht einmal sicher ist, ob es sich nicht um eine Fälschung aus dem Mittelalter handelt. Glauben Sie mir, Alberto, diese Frage raubt mir den Schlaf, seit Gonzaga mich in die Sache eingeweiht hat.«
    Den Kopf in beide Hände gestützt, starrte Alberto zum Fenster. Er schreckte hoch, als jemand von außen an der Türklinke hantierte.
    Im nächsten Augenblick trat eine dunkle Gestalt ins Zimmer. Der Mann trug ein Tablett in der Hand mit Frühstücksgeschirr und eine brennende Kerze. Das flackernde Licht beleuchtete sein weiches Gesicht auf skurrile Weise. Wortlos zog er die Tür hinter sich zu und stellte das Tablett auf den einzigen Stuhl. Er wollte die Unterkunft gerade wieder verlassen, da drehte er sich noch einmal um.
    »Das mag Ihnen alles etwas absonderlich vorkommen«, flüsterte er stockend, »aber der Großmeister schätzt kein elektrisches Licht. Von wenigen Räumen abgesehen, verfügt kein privates Zimmer auf der Burg über elektrisches Licht. Gott, der Herr, der Tag und Nacht werden lässt nach seinem Willen, könnte mit einem Wink die Nacht zum Tag und den Tag zur Nacht machen, wenn er es wollte. Elektrisches Licht, sagt der Großmeister, sei Teufelswerk.«
    Soffici fand als Erster die Sprache wieder und sagte: »Diese Ansicht steht aber in krassem Widerspruch zu den geheimen Forschungen, die auf Burg Layenfels stattfinden und die ohne elektrischen Strom unmöglich wären.«
    Der Unbekannte im dunklen Habit knetete unruhig seine Hände. »Leider ist

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