Die Achte Suende
menschlichen Lebens. Nächste Woche suche ich mir einen neuen Job. Basta.«
Caterinas Geradlinigkeit faszinierte Malberg. Offensichtlich hatte sie sich in den Fall verbissen. Sie witterte eine ganz große Geschichte, größer vielleicht als er erahnen konnte.
»Woran denken Sie denn im Fall Marlene Ammer?«, erkundigte sich Malberg vorsichtig. »An ein Verbrechen der Mafia?«
Caterina lachte aufgesetzt. Spöttisch bemerkte sie: »Vielleicht steckt auch der KGB oder die CIA dahinter! Im Ernst, Verbrechen haben meist einen harmlosen, emotionalen Grund. Die meisten Morde haben ihren Ursprung in verirrten Gefühlen, in Liebe, Eifersucht, Hass, Neid und Rache. Und das ist es, was meinen Beruf so interessant macht. – Na ja. Ich müsste wohl besser sagen, machte.«
Malberg nickte und tat so, als ob er sich für ihre Aufzeichnungen interessierte. In Wahrheit suchte er nach einer Antwort auf die Frage, warum die Reporterin sich ausgerechnet in diesen Fall so verbissen hatte. In einer Weltstadt wie Rom mit hoher Kriminalität waren Morde an der Tagesordnung. Und während Malberg mit einem Ohr zuhörte, beschlich ihn ein seltsames Gefühl.
Wenn er Caterina so ansah, fiel es ihm schwer, sich mit dem Gedanken anzufreunden, dass sie vielleicht ein falsches Spiel spielte. Viel lieber hätte er ihr Komplimente gemacht. Sie sah einfach hinreißend aus. Aber irgendwie stand Marlene zwischen ihnen. Caterina hatte aufgehört zu reden. »Und was haben Sie jetzt vor?«, beeilte sich Malberg zu fragen.
»Wir sollten das Leben Marlene Ammers durchleuchten. Das ist die einzige Möglichkeit, um Licht ins Dunkel dieses Falles zu bringen.«
Malberg registrierte sehr wohl, dass sie »wir« sagte, ihn also wie selbstverständlich in ihre Nachforschungen mit einbezog.
»Ich darf doch mit Ihrer Hilfe rechnen?«
»Selbstverständlich. Mir persönlich ist es ein echtes Bedürfnis zu erfahren, warum Marlene sterben musste.«
Caterina nippte an ihrem Weinglas. »Sie war mit der Marchesa befreundet«, sagte sie nachdenklich. »Ich glaube, sie ist die Einzige, die uns im Augenblick weiterhelfen kann. Kennen Sie Lorenza Falconieri gut?«
»Was heißt gut. Ich bin ihr erst einmal begegnet. Sie machte einen vornehmen Eindruck auf mich, auch wenn sie vermutlich schon bessere Tage gesehen hat. Ich bin an ihrer Büchersammlung interessiert. Um der Wahrheit die Ehre zu geben, ich habe ihr bereits ein Angebot gemacht, und sie hat zugestimmt.«
»Ein gutes Geschäft?«
»Durchaus. Ein Antiquar lebt davon, dass er ganze Sammlungen günstig einkauft und die Bücher einzeln mit Gewinn weiterveräußert.«
Die Reporterin schmunzelte.
»Was ist daran so komisch?«, fragte Malberg.
»Entschuldigen Sie, Signore. Bis heute habe ich mir einen Antiquar ganz anders vorgestellt.«
»So? Wie denn?«
»Nun ja, ein bisschen schrullig, ein wenig angestaubt und vertrocknet, so wie alte Bücher eben.«
Malberg grinste verlegen. »Ich hoffe, Sie werden Ihre Meinung jetzt ändern!«
»Was Sie betrifft auf jeden Fall.«
Wie alle Männer war auch Malberg für Schmeicheleien durchaus empfänglich. Na, schlecht sah er wirklich nicht aus. Er war groß, sportlich, obwohl er keinen Sport trieb, hatte dunkles dichtes Haar, ein Typ wie George Clooney, wie eine frühere Freundin mal zu ihm gesagt hatte.
»Wären Sie unter Umständen bereit, mich zur Marchesa zu begleiten«, erkundigte sich Caterina.
»Ich wollte sie ohnehin aufsuchen.«
Eine halbe Stunde später machten sie sich gemeinsam auf den Weg.
Über Nacht war die drückende Schwüle der vergangenen Wochen angenehmeren Temperaturen gewichen. Der Herbst kündigte sich zaghaft an.
Als das Taxi von der Via dei Coronari in die schmale Seitenstraße einbog, in der sich das Haus der Marchesa befand, wurde Caterina unruhig.
»Halten Sie an«, kommandierte sie den Fahrer und deutete auf die gegenüberliegende Straßenseite: Vor dem Hauseingang der Marchesa parkte ein Wagen der Guardia Civil. Ein Uniformierter stand breitbeinig vor der Tür.
Malberg sah die Reporterin fragend an: »Was hat das zu bedeuten?«
Caterina hob die Schultern. »Warten Sie hier!«
Sie stieg aus und ging hinüber zu dem Polizisten. Nach kurzem Wortwechsel kam sie zurück.
»Er sagt, es handle sich um eine Polizeiaktion. Zu weiteren Auskünften war er nicht bereit. Gegen wen die Aktion gerichtet sei, könne er nicht sagen. Augenblick!«
Während Malberg das Taxi bezahlte, trat Caterina ein paar Schritte zur Seite und fingerte ihr
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