Die Achte Suende
Fremde streckte die Hand über den Tisch: »Ich heiße Giacopo Barbieri. Sie sind Deutscher?«
»Ja. Warum fragen Sie?«
»Sie sprechen gut Italienisch. Leben Sie schon lange hier?«
Malberg schüttelte den Kopf. »Ich bin geschäftlich hier.«
»Ich verstehe.«
»Warum interessiert Sie das?«
»Sie haben recht. Ich sollte Ihnen zuerst etwas von mir erzählen. Also, ich bin Detektiv oder Mädchen für alles oder der Mann fürs Grobe. Nennen Sie es, wie Sie wollen. Bis vor einem Jahr war ich Polizist, mehr schlecht als recht bezahlt. Dann habe ich einen Fehler gemacht. Oder besser gesagt, ich habe mich dabei erwischen lassen. Meine Schuld. Jedenfalls hat man mich von einem Tag auf den anderen auf die Straße gesetzt. Seither halte ich mich mit Gelegenheitsaufträgen über Wasser. Und Sie?«
»Ich bin hier, um alte Bücher einzukaufen. Wissen Sie, Rom wurde im Krieg weit weniger zerbombt als die deutschen Großstädte, in denen zwei Drittel aller Buchbestände verbrannt sind. Und das ausgerechnet in dem Land, in dem die Druckkunst erfunden wurde! In Rom mit seinen zahllosen Kirchen und Klöstern gibt es jedenfalls mehr Bücher und Bibliotheken als in jeder anderen Stadt.«
»Aber die Bücher, hinter denen Sie her sind, werden wohl nicht auf Flohmärkten angeboten?« Der Mann grinste.
»In der Tat. Wissen Sie, man hat da seine Kontakte. In meinem Beruf lebt man sozusagen von guten Kontakten. Aber warum wollen Sie das alles wissen?«
»Weil es mich interessiert. Vielleicht kann ich Ihnen sogar behilflich sein, Signor Malberg.«
Malberg erschrak. Hatte er dem Fremden überhaupt seinen Namen genannt? Er war unsicher. »Wie wollen Sie mir helfen?«, fragte er.
»Ich glaube, Sie sind in ziemlichen Schwierigkeiten.«
»In Schwierigkeiten? Wie meinen Sie das?«
Der Fremde hob die Schultern und wandte den Blick zu Boden. Es schien, als wollte er nicht so recht raus mit der Sprache.
»Was soll diese Andeutung?«, drängte Malberg. »Woher kennen Sie meinen Namen?«
Der andere setzte ein überhebliches Grinsen auf, das Malberg nicht zu deuten wusste. Auch seine Antwort war rätselhaft: »Ich bin der große Unbekannte.«
Malberg sah den Fremden verwirrt an.
»Was glauben Sie, woher Caterina Lima ihre Informationen bezieht?«, fuhr dieser fort. »Ich bin zwar aus dem Polizeidienst entlassen, aber über Umwege habe ich noch immer Zugang zu allen Dienststellen. Ich weiß, dass Sie zur Fahndung ausgeschrieben sind.«
Malberg saß da wie versteinert. Ließ Caterina ihn etwa beschatten? Welche Rolle spielte sie eigentlich in dem geheimnisvollen Mordfall? War ihr Zusammentreffen wirklich ein Zufall gewesen? Und dieser Giacopo Barbieri? Konnte er ihm trauen? Wem konnte er überhaupt noch trauen?
»Beobachten Sie mich eigentlich schon lange?«, erkundigte sich Malberg nach einer Weile erfolglosen Nachdenkens.
Barbieri verzog das Gesicht. »Ich habe diese Frage erwartet. Nein! Caterina bat mich, ein Auge auf Sie zu werfen. Sie fürchtet, Sie könnten einen Fehler begehen, der alle bisherigen Nachforschungen zunichtemacht. Das mag eigenartig klingen, aber glauben Sie mir, Signor Malberg, Caterina meint es gut.«
»Einen Fehler begehen – was soll das heißen?«
»Zunächst geht es vor allem darum, Sie vor einer Festnahme zu bewahren.«
»Sie meinen, ich darf mich nur noch bei Nacht und in abenteuerlicher Verkleidung auf die Straße wagen?«
»Unsinn. Rom ist eine riesige Stadt. Selbst wenn Sie zur Fahndung ausgeschrieben sind, haben Sie kaum etwas zu befürchten, solange Sie gewisse Spielregeln einhalten und den Fahndern keine Fährte legen.«
»Können Sie nicht deutlicher werden?«
»Natürlich. Sie sollten auf keinen Fall in Ihr Hotel zurückkehren.«
»Ist mir klar. Und weiter?«
»Ich hoffe, Sie haben in den letzten zwei Tagen nicht mit ihrem Mobiltelefon telefoniert.«
»Nein. Nur vom Hotel aus. Warum ist das wichtig?«
»Für die Polizei ist es eine Kleinigkeit, den Standort, von dem Sie telefonieren, bis auf zwanzig Meter genau ausfindig zu machen.«
»Das wusste ich nicht!«
»Deswegen sage ich es Ihnen ja. Im Übrigen sollten Sie mit Ihrer Kreditkarte am Automaten kein Bargeld abheben. Die Automaten sind alle mit Kameras ausgestattet, die jeden, der Geld abhebt, mit einem Foto verewigen. Wenn Sie mit Ihrer Kreditkarte im Laden bezahlen, ist das übrigens kein Problem. Außerdem sollten Sie kein Rotlicht überfahren und Schauplätze meiden, die irgendwie mit Ihrem Fall in Verbindung stehen.«
»Mit
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