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Die Achte Suende

Die Achte Suende

Titel: Die Achte Suende Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Philipp Vandenberg
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Es schien, als genieße er die Spannung des Augenblicks. Nach einer schier endlosen Pause äußerte er sich umständlich: »Was heißt sicher. Es ist so: In der Kürze der Zeit stieß ich nur auf zwei von Kardinal Moro veranlasste Überweisungen in Höhe von je zweihundertfünfzigtausend Euro. Die Transaktionen wurden im Abstand von sechzehn Monaten veranlasst und gingen beide auf dasselbe Konto bei der Netherlandsbank in Antwerpen. Empfänger: Ernest de Coninck.«
    »Das sagt gar nichts«, unterbrach Anicet den Banker.
    »Augenblick! Sie werden Ihre Meinung gleich ändern. Außer den Überweisungen wurden von Moros Kardinalssekretariat zwei Flüge der Alitalia im Abstand von sechzehn Monaten gebucht. Der eine auf den Namen Gonzaga Rom–Brüssel–Rom, der andere auf den Namen Coninck Brüssel–Rom–Brüssel.«
    »Das klingt allerdings sehr interessant!«
    »Offenbar hat Moro das Original des Grabtuches nach Antwerpen gebracht, und der Fälscher brachte das Original samt Kopie nach Rom zurück.«
    »Ich hoffe, Sie behalten recht mit Ihrer Theorie. Sonst gnade Ihnen Gott.« Anicet legte auf und reiste noch am selben Tag ab.

Kapitel 22
    Bei aller Strenge, die Signora Papperitz an den Tag legte, hatte das Leben in der Locanda einen großen Vorteil. Malberg blieb absolut anonym, denn die übrigen Bewohner, drei alleinstehende Herren und ein ebenso attraktives wie arrogantes Frauenzimmer von etwa vierzig Jahren, standen früh auf und gingen ihrem Beruf nach, noch bevor Malberg den Frühstücksraum betrat. Abends verschwand jeder in seinem Zimmer. Zu Begegnungen mit den anderen Pensionsgästen kam es nur selten.
    Zudem hatte Signora Papperitz die Angewohnheit, täglich gegen siebzehn Uhr das Haus zu verlassen und erst nach zwei Stunden zurückzukehren – eine günstige Gelegenheit, sich mit Caterina zu treffen.
    Das erste Treffen in der fremden Umgebung verlief etwas verkrampft, was weniger an Caterina lag als an Malberg selbst. Der Stress der letzten Tage, vor allem aber der unerwartete Ausbruch von Leidenschaft, hatte sein Gefühlsleben, das bisher stark von seinem Verstand kontrolliert wurde, arg durcheinandergebracht.
    Die angespannte Stimmung blieb Caterina nicht verborgen. »Wenn du willst«, meinte sie und legte den Kopf zur Seite, »wenn du willst, können wir einfach vergessen, was gestern passiert ist.«
    »Vergessen?« Malberg sprang auf und ging, die Hände in den Hosentaschen, in seinem Zimmer auf und ab. Plötzlich blieb er stehen: »Ist das dein Ernst?«
    Caterina hob die Schultern. »Mir kommt es so vor, als sei es dir im Nachhinein peinlich. Aber es ist nun einmal passiert. Eine Art Unfall. Entschuldige, ich glaube, ich rede dummes Zeug.«
    »So ein Unsinn!«, Malberg fuhr sich mit der Hand durch die Haare. »Wir kennen uns einfach zu wenig. Und die Umstände, unter denen wir uns begegnet sind, waren nicht gerade die ideale Voraussetzung dafür, sich ineinander zu verlieben.«
    »Zwischen uns steht Marlene. Habe ich recht?«
    »Was redest du da. Marlene wurde ermordet. Marlene ist tot!«
    »Du hast sie insgeheim geliebt. Stimmt’s?«
    Malberg blieb erneut stehen. Er sah Caterina an; aber er antwortete nicht.
    Da warf Caterina sich ihm in die Arme. Mit einer heftigen Bewegung vergrub sie ihr Gesicht an seinem Hals. »Ich wusste es!«, flüsterte sie.
    »Nein, nein, das ist es nicht«, sagte Malberg leise und strich ihr zärtlich über das Haar. »Ohne Zweifel war Marlene eine attraktive Frau – wie viele Frauen, die ich gekannt habe. Aber sie war nicht so wie du. Es ist eher diese geheimnisvolle Kraft, die mich antreibt, ihren Tod aufzuklären. Ihr Tod, der im Moment alle anderen Gefühle überlagert. Ich werde nie vergessen, wie sie da in der Badewanne lag. Und ich werde nicht eher zur Ruhe kommen, bis ich die näheren Umstände und den Mörder kenne.«
    »Dann bleibt also noch ein Funken Hoffnung für mich?«
    Malberg lachte: »Dummes Mädchen. Die Frage ist eher, ob du mich dann noch magst.« Er küsste sie auf die Stirn. Dann auf den Mund.
    »Genug geküsst!«, Caterina löste sich aus der Umarmung. »Was willst du also tun?«
    »Ich muss auf jeden Fall noch einmal in die zugemauerte Wohnung von Marlene. Wer immer das veranlasst hat, er hat es nicht ohne Grund getan. Die Frage ist nur …«
    »Wie gelangt man in eine Wohnung, deren Zugang zugemauert ist.«
    »Vielleicht gibt es noch einen zweiten Eingang, so wie hier.« Malberg zeigte mit dem Daumen auf den alten Barockschrank in seinem Zimmer.

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