Bücher online kostenlos Kostenlos Online Lesen
Die Achte Suende

Die Achte Suende

Titel: Die Achte Suende Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Philipp Vandenberg
Vom Netzwerk:
wie Sie, Chef des Istituto per le Opere Religiose werden konnte.«
    John Duca senkte den Kopf und sah Anicet von unten an: »Ich erwarte von Ihnen, dass Sie schweigen. Selbst wenn Sie meine Worte morgen in einer Zeitung veröffentlichten, ich würde alles abstreiten und Sie der Lüge bezichtigen.«
    »Sie sind ein Dummkopf, John!« Anicet nestelte am oberen Knopf seines Sakkos und zog ein dünnes weißes Kabel an einer Kugel, nicht größer als eine Tollkirsche, hervor. An dem Kabel hing ein winziges Aufzeichnungsgerät, so klein wie eine Streichholzschachtel.
    Als Duca sah, dass er Anicet in eine Falle gegangen war, sprang er auf, hechtete über den Tisch, dass seine Kaffeetasse in weitem Bogen zu Boden fiel und zerbrach, und versuchte Anicet die elektronische Apparatur zu entreißen.
    Der jedoch war darauf gefasst, packte seine ausgestreckte Rechte und drehte sie mit eiserner Kraft nach außen, sodass John Duca leise aufschrie.
    Im Lokal waren nur drei Tische besetzt, zwei davon von englischen Touristen, der dritte von einem bärtigen alten Mann, welcher der Auseinandersetzung keine größere Bedeutung beimaß. Nach seinem verklärten Blick zu schließen, verstand er die Welt ohnehin nicht mehr ganz.
    »Sie sind ein Schwein«, zischte Duca, nachdem Anicet seinen Griff gelockert hatte.
    »Und Sie?«, entgegnete Anicet während er sein Gerät in die Hosentasche stopfte. »Sie können im Übrigen beruhigt sein. Vermutlich werde ich von der Aufzeichnung keinen Gebrauch machen.«
    »Was heißt vermutlich?« Der Banker sah Anicet hasserfüllt an.
    Anicet wartete ab, bis eine Bedienung die Scherben beseitigt hatte. Kaum war das Mädchen verschwunden, antwortete er: »Ich will von Ihnen den Namen des Fälschers wissen. Wie ist der Name des Genies, das dieses Kunstwerk – und um ein Kunstwerk handelt es sich ohne Frage – geschaffen hat?«
    John Duca zeigte sich beinahe erleichtert. Er hatte ganz andere Forderungen erwartet. Die Sache hatte nur einen Haken: »Ich fürchte, Sie werden es mir nicht glauben«, bemerkte er mit weinerlicher Stimme, »aber ich kenne seinen Namen nicht. Ich habe mich um die Angelegenheit nie gekümmert. Das machte Moro sozusagen auf eigene Rechnung. Glauben Sie mir!«
    Anicet stützte den Kopf in die linke Hand. Mit der Rechten wischte er unwillig über die marmorne Tischplatte. »Die Kopie des Grabtuches muss doch ein Heidengeld gekostet haben. Ich kann mir nicht vorstellen, dass Kardinal Moro die Fälschung aus eigener Tasche bezahlt hat.«
    »Natürlich nicht.«
    »Ich habe auch Zweifel, dass eine Kopie wie diese für ein paar Tausend Euro zu haben ist. Und das bedeutet, ein entsprechender Scheck oder eine Überweisung müsste über Ihre Bücher gelaufen sein. Der Vatikan gibt für Restaurateure pro Jahr viele Millionen aus. Die Überweisung an einen Fälscher würde dabei gar nicht auffallen. Aber wie in den Zeitungen zu lesen war, geht die Kurie mit Geld ziemlich leichtsinnig um.«
    »Sie meinen die peinliche Geschichte mit Gonzagas Unfall auf der Piazza del Popolo?«
    »Ich möchte es einmal so ausdrücken: Von einem Kardinalstaatssekretär erwartet man nicht gerade, dass er nächtens mit hunderttausend Dollar in der Plastiktüte unterwegs ist. Sie wissen sicher mehr darüber.«
    »Ich muss Sie enttäuschen. Das ist eine dieser Geschichten, die Gonzaga sozusagen im Alleingang durchführt.«
    »Selbstverständlich nur zum Wohle der heiligen Mutter Kirche!«
    Duca zeigte keine Regung. Schließlich meinte er: »Geben Sie mir drei Tage Zeit. Ich werde mich darum bemühen, den Fälscher ausfindig zu machen.«
    »Sagten Sie drei Tage?« Anicet kicherte vor sich hin. »Gott hat in sieben Tagen die Welt erschaffen, und Sie wollen drei Tage brauchen, um eine Adresse herauszufinden.«
    »Aber das ist gar nicht so einfach ...«
    »Ich erwarte morgen um zehn Uhr Ihren Anruf. Ich wohne im Hotel Hassler. Und vergessen Sie nicht, was ich in meiner Hosentasche herumtrage.«
    Kurz vor zehn klopfte es an der Zimmertür. Anicet ließ den Kellner herein, der das Frühstück brachte. Dann trank er einen Schluck Cappuccino und wollte sich gerade seinem Cornetto widmen, als das Telefon summte.
    Duca meldete sich ohne Gruß: »Haben Sie etwas zum Schreiben?«
    »Ich höre«, erwiderte Anicet ebenso kurz angebunden und griff zu einem Stift.
    »Ernest de Coninck, Luisenstraat 84, Antwerpen.«
    »Ein Belgier?«, rief Anicet entsetzt. »Sind Sie sicher?«
    John Duca ließ sich mit der Antwort ungehörig lange Zeit.

Weitere Kostenlose Bücher