Die Achte Suende
doch nicht wahr sein!«
»Und weiter?«
Duca hob beide Hände: »Sie werden mein Verhalten weniger verurteilen, wenn Sie die näheren Umstände erfahren. Anicet hat uns, die gesamte Kurie, in der Hand. Er legte eine Liste des Ordo JP vor mir auf den Tisch und drohte, sie zu veröffentlichen, wenn ich seinen Forderungen nicht nachkäme. Ich brauche Ihnen nicht zu sagen, welche Namen auf dieser Liste stehen.«
Mit einem Mal war es totenstill.
Moro schüttelte den Kopf: »Der Ex-Kardinal ein Erpresser! Worum ging es?«
»Um das Grabtuch unseres Herrn Jesus!«
Alle um den Tisch Versammelten starrten John Duca an, als hätte er ihnen soeben die ewige Verdammnis angedroht.
»Woher«, murmelte Moro mit seiner heiseren Stimme, »kannte der Kerl die Vorgänge um das Grabtuch? Es gab nur ein Dutzend Eingeweihte, darunter Professor John Tyson. Und der schwor einen heiligen Eid, das Geheimnis mit ins Grab zu nehmen. So war es doch?« Moro musterte Jack Tyson mit stechendem Blick.
Der verteidigte sich mit heftigen Armbewegungen: »Herr Kardinal, mein Vater John erzählte mir erst kurz vor seinem Tod, in was er sich mit seinem Schreiben an den Papst eingelassen hatte. Und seien Sie versichert, auch wenn ich um die näheren Umstände Bescheid weiß, ich kann schweigen wie ein Grab.«
Moro musterte die Männer auf beiden Seiten des Tisches. Schließlich blieb sein Blick an John Duca hängen. »Und was wollte Tecina oder Anicet oder wie immer sich dieser Teufel heute nennen mag?«
»Er behauptete, er und seine Bruderschaft seien im Besitz des Grabtuches unseres Herrn Jesus.«
»Unmöglich!«
»Das meinte ich auch. Aber Anicet beharrte darauf. Ein Mann, über jeden Zweifel erhaben, habe die Reliquie höchstpersönlich auf der Burg der Fideles Fidei Flagrantes abgeliefert.«
»Sprechen Sie nicht weiter«, unterbrach Kardinal Moro den Leiter des IOR, »der Mann war Philippo Gonzaga!«
Giovanni Sacchi stieß einen kurzen, aber heftigen Schrei aus, als habe sich ein Dolch in seinen Rücken gebohrt. »Gonzaga, der Kardinalstaatssekretär«, stöhnte er und schüttelte immer wieder den Kopf.
»Die Sache hat allerdings einen Haken«, fuhr John Duca fort, »und das ist der Grund, warum er sich an mich wandte. Namhafte Wissenschaftler, Mitglieder seiner Bruderschaft, behaupteten, Gonzaga habe ihnen nicht das echte Grabtuch übergeben, sondern jene Kopie, die von der Kurie in Auftrag gegeben worden sei.«
»Aber das ist ganz unmöglich«, brauste der Kardinal auf. Sein Kopf lief rot an. »Das würde ja bedeuten, dass das Grabtuch in Turin das echte ist. Alle veröffentlichten Untersuchungen behaupten aber das Gegenteil. Nein, das ist völlig absurd!«
»Das sagte ich auch. Aber Anicet meinte, es gebe vielleicht eine ganz einfache Erklärung. Der Fälscher des Grabtuches habe nicht nur
eine
, sondern
zwei
Kopien hergestellt!«
In sich zusammengesunken, nickte Monsignor Sawatzki mit dem Kopf, dass sein Kinn beinahe die Tischplatte berührte. »Vom Standpunkt des Fälschers«, meinte er nachdenklich, »bedeutet das doppelten Profit!«
»Meine Brüder in Christo«, holte Archibald Salzmann aus, »angenommen, Sie hätten recht mit Ihrer Vermutung, dann stellte sich doch wohl die Frage: Und wo befindet sich dann das echte Grabtuch unseres Herrn Jesus?« Salzmann blickte fragend in die Runde. »Wer steckt hinter diesem Frevel?«
»Dazu fällt mir eigentlich nur ein Name ein«, erwiderte Kardinal Moro.
Sacchi pflichtete ihm bei.
Ebenso Monsignor Sawatzki.
»Kardinalstaatssekretär Philippo Gonzaga«, sagte John Duca. Dabei hob er die Schultern, als sei ihm die Antwort peinlich.
»Gonzaga, Gonzaga, Gonzaga!«, rief Kardinal Moro mit zunehmender Heftigkeit. »Manchmal glaube ich, dass Gott uns den Teufel in Gestalt eines Kardinals gesandt hat, um uns auf die Probe zu stellen!«
Moros Sekretär Abate ließ den Kopf sinken und faltete die Hände wie zum Gebet. Er hatte längst aufgehört, die Worte jedes Einzelnen zu notieren. Die Erfahrung hatte Abate gelehrt, dass Geschriebenes zur schärfsten Waffe des Gegners werden kann.
An John Duca gewandt, stellte Kardinal Moro die Frage: »Bruder in Christo, konnten Sie noch immer nicht in Erfahrung bringen, was es mit den hunderttausend Dollar auf sich hat, die Gonzaga bei seinem Unfall mit sich führte?«
»Leider nein. Wie Sie wissen, verfügt der Kardinalstaatssekretär über einen eigenen Etat für besondere Angelegenheiten. Dieser Etat läuft über ein eigenes Konto, das in keiner
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