Die Achte Suende
Bilanz der Vatikan-Bank oder des Istituto per le Opere Religiose auftaucht. Das Konto und sein Saldo werden, soweit mir bekannt ist, in einem der sieben Tresore des Geheimarchivs aufbewahrt, wo sich auch das Grabtuch unseres Herrn befand.«
Da richteten sich alle Augen auf Giovanni Sacchi, den Leiter des Geheimarchivs.
Der Monsignore schüttelte den Kopf: »Nein, nein, nein! Der Herr bewahre mich vor dieser Versuchung. Ich habe bei Übernahme meines Amtes als Geheimarchivar vor Gott einen heiligen Eid geschworen, alle Gesetze der Mutter Kirche zu achten. Und dazu gehört es, mein geheimes Wissen für mich zu behalten, und wenn meine Stunde gekommen ist, es mit ins Grab zu nehmen.«
»Auch wenn der Fortbestand der heiligen Mutter Kirche auf dem Spiel steht?«
»Das Kirchengesetz kennt keine Ausnahme. Gerade Ihnen, Eminenza, brauche ich das nicht zu erläutern. Im Übrigen versündige ich mich nicht, wenn ich Ihnen mitteile, dass ich weiß, wo Gonzaga die Unterlagen seiner Konten aufbewahrt.«
Misstrauen machte sich breit.
Monsignor Sawatzki blickte ungläubig zur Seite, ohne den Geheimarchivar anzusehen. In die peinliche Stille hinein meinte er plötzlich: »Wer sagt eigentlich, dass Gonzaga das sündige Geld für das Grabtuch unseres Herrn erhalten hat? In Anbetracht der Bedeutung des Objekts wären hunderttausend Dollar reine Blasphemie. Und Gonzaga ist nicht der Mann, der das Grabtuch für ein Linsengericht verkaufen würde.«
»Kann es sein«, warf Archibald Salzmann ein, »dass wir alle das Gleiche denken?«
Der Kardinal nickte: »Schweigegeld!«
Salzmann: »Gonzaga machte mit dem Geld einen Mitwisser mundtot.«
John Duca nickte und meinte schließlich: »Man sollte den Kardinalstaatssekretär observieren. Seine häufigen Reisen, seine obskuren Colloquien innerhalb der Kurie, all das macht ihn in hohem Maße verdächtig.«
Bruno Moro verzog sein ohnehin verhärmtes Gesicht: »Wie wollen Sie das anstellen, Bruder in Christo? Gonzaga hat von Amts wegen die Aufgabe, den Kontakt der Kurie mit der übrigen Welt zu halten. Er ist einerseits der Außenminister des Kirchenstaates und andererseits Regierungschef innerhalb der Leoninischen Mauern. Das bringt eine Menge Konferenzen, Colloquien und Besprechungen mit sich. Wie wollen Sie diesen Mann beschatten, ohne aufzufallen?«
»Wenn ich mir die Bemerkung erlauben darf«, griff Monsignor Abate in die Debatte ein, »man müsste versuchen, Giancarlo Soffici, den Sekretär des Kardinalstaatssekretärs, auf unsere Seite zu ziehen.«
Der Vorschlag fand ein geteiltes Echo. Sawatzki und Salzmann hielten den Versuch für riskant. Monsignor Sawatzki meinte, das wäre so, wie wenn Gonzaga an Monsignor Abate heranträte und versuchte, seinen Herrn Kardinal Moro auszuspionieren. Natürlich würde Abate sich umgehend Moro anvertrauen.
John Duca hingegen betrachtete Soffici als einen Mann, der unter der Arroganz und Herrschsucht des Kardinalstaatssekretärs leide wie ein Hund und der es trotz herausragender Stellung und fortgeschrittenen Alters noch nicht einmal zum päpstlichen Kaplan gebracht habe. »Ich könnte mir vorstellen …«, begann er.
»Es käme zuerst Kardinal Gonzaga zu, Soffici für den Titel eines päpstlichen Kaplans vorzuschlagen«, unterbrach Moro John Ducas Gedanken.
»Eminenza«, erwiderte dieser, »glauben Sie ernsthaft, dass Seine Heiligkeit
Ihnen
den Wunsch abschlagen würde, Soffici zu befördern? Ein plausibler Grund findet sich immer. Für Kardinalstaatssekretär Gonzaga wäre das sogar eine rechte Blamage. Und Soffici würde, da bin ich sicher, dahinschmelzen vor Dankbarkeit. Auf diese Weise hätten wir eine Laus im Pelz Gonzagas.«
»Kein schlechter Gedanke!« Über Moros Gesicht huschte zum ersten Mal ein Lächeln, ein hinterhältiges Lächeln allerdings.
Da sprang Monsignor Sacchi auf und rief erregt: »Brüder in Christo, ist Ihnen eigentlich klar, dass wir schon wieder dabei sind, Böses mit Bösem zu vergelten? Haben wir nicht schon genug Schuld auf uns geladen? Wir, die Männer der Kirche in der Nachfolge des heiligen Petrus, führen uns auf wie die Pharisäer im Tempel, die der Herr einst aus seinem Haus vertrieben hat. Unser Interesse gilt mehr dem Laster und dem Verbrechen als dem Glauben und der Erlösung. Machtgier und Einflussnahme auf die apostolische Hierarchie schrecken nicht einmal mehr vor Mord zurück. Wie spricht der Prophet Jeremias? – Fürwahr, Ihr setzet auf trügerische, wertlose Redensarten Euer Vertrauen. Und
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