Die Achte Suende
es mir.«
»Der Staatsanwalt, der die fragwürdige Autopsie kritisierte, wurde seines Postens enthoben und verschwand irgenwo in der piemontesischen Provinz. Man hat nie mehr von ihm gehört.«
»Aber Sie glauben nicht ernsthaft, dass die Mafia hinter dem Tod Marlene Ammers steckt!«
»Sie stört der Gedanke, dass es auch gewisse Zusammenhänge mit der Kurie gibt. Davon sollten Sie sich nicht täuschen lassen. Die Drahtzieher der Mafia verfügen über eine geniale Begabung, was die Inszenierung scheinbar unmöglicher Zusammenhänge betrifft. Ich erinnere mich an den Fall eines angesehenen Laboratoriumsmediziners. Der Professore leitete in Ostia ein Institut, in dem auch Sporder auf Doping getestet wurden. Niemand hätte es je gewagt, dem renommierten Wissenschaftler Unlauterkeit vorzuwerfen. Doch der Professor hatte eine heimliche Leidenschaft, das Roulette-Spiel. Und diese Leidenschaft stürzte ihn in immense Schulden. Eines Tages bot ihm ein Unbekannter an, seine Schulden zu begleichen, er müsse nur gewisse Pferdeurinproben nach den Rennen vertauschen. Das ging jahrelang gut, ohne dass jemand Verdacht schöpfte. Nicht einmal, als lahme Mähren plötzlich Rennen gewannen. Aufkam die Sache erst, als die Ehefrau den Professor verriet. Aus Rache, weil er sie mit einer Jüngeren betrog.«
Malberg schüttelte den Kopf. Seine Vergangenheit hatte ihn gelehrt, dass das Leben die irrsinnigsten Geschichten schreibt. Aber Marlene mit der Mafia in Zusammenhang zu bringen, das erschien ihm doch zu absurd.
»Wie mir Caterina erzählte«, fuhr Barbieri fort, »haben Sie bei der heimlichen Beerdigung der Signora Ammer eine Ansammlung von in vornehmes Schwarz gekleideten Herren beobachtet ...«
»Von denen einer der kahlköpfige Kardinalstaatssekretär Philippo Gonzaga war«, unterbrach Malberg. »Das steht zweifelsfrei fest.«
»Nun ja, das schließt allerdings in keiner Weise aus, dass die übrigen Herren nicht Mitglieder der sogenannten feinen Gesellschaft waren. - Verstehen Sie mich recht, ich will keineswegs behaupten, dass die Signora in mafiose Geschäfte verstrickt war. Ich will nur sagen, dass man die Möglichkeit nicht ausschließen sollte.«
»Und das heißt?«, erkundigte sich Malberg ratlos.
Barbieri hob die Schultern. »Wir sollten uns zusammensetzen und alle Informationen, die Sie bislang über den Fall zusammengetragen haben, zu Papier bringen. Ich bin sicher, bisher haben Sie alles nur in Ihrem Kopf gespeichert: Personen, Schauplätze, Zeugenaussagen und Recherchen. Aber das menschliche Gehirn ist kein Computer, und Ihr Gedächtnis in allen Ehren, doch wie wollen Sie das alles behalten? Aus meiner Erfahrung als Kriminalist weiß ich, dass es meist Kleinigkeiten sind, die zur Lösung eines Falles führen. Kleinigkeiten, die das menschliche Gehirn längst aussortiert und damit vergessen hat.«
Malberg nickte zustimmend. »Was die Sache so schwierig macht, ist das Problem, eine gewisse Logik hinter all den Vorfällen zu erkennen.«
Kapitel 29
Missmutig blinzelte die Marchesa Falconieri vor dem Frauengefängis Santa Maddalena in die diffuse Morgensonne. Sie hatte die triste Anstaltskleidung mit ihrer eigenen vertauscht. Aber das helle Leinenkostüm hing lose an ihr herab, und der Rock war zerknittert wie ein apulischer Bauernkittel. Sie hatte ihre Haare nach hinten gerafft, und der Charme, den früher ihr Gesicht ausstrahlte, war einem bitteren Ausdruck gewichen.
Auf Anraten ihres Pflichtverteidigers hatte Lorenza Falconieri ein umfassendes Geständnis abgelegt: Ja, sie habe von den Betrügereien ihres Mannes gewusst und nach dessen Tod versucht, die kostbare Hehlerware an den Mann zu bringen.
Im zweiten Anlauf war es ihrem Anwalt gelungen, den Haftrichter zu überzeugen, dass keine Fluchtgefahr bestand. Daraufhin hatte sie das Gericht unter der Auflage, sich einmal wöchentlich bei der nächstgelegenen Polizeistation zu melden, auf freien Fuß gesetzt.
Nun wartete sie, in der Hand eine Reisetasche mit ihren Habseligkeiten, auf das Taxi, das die Anstaltsleitung für sie bestellt hatte. Die Marchesa fühlte sich unwohl in ihrer Haut, unfrei und noch immer irgendwie gefangen, gefangen in ihrer zweifelhaften Vergangenheit. Und obwohl sie – zumindest vorläufig – frei war, kam es ihr vor, als blicke sie noch immer durch das vergitterte Fenster ihrer Zelle.
Als der Taxifahrer endlich eintraf, grinste er provozierend. Lorenza Falconieri überging die Unverschämtheit und nannte die Via dei Coronari als
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