Die Achtsamkeits-Revolution
mentales Verhalten, das der Ausbalancierung des Geistes förderlich ist und störende, aufrührende mentale Zustände wie Hass, Gier, Verwirrung, Angst, Neid und Eifersucht mindert und verringert. Der Aufruf zum Einhalten ethischer Disziplin konfrontiert uns alle mit der Herausforderung, das eigene Verhalten sorgfältig zu überprüfen und uns die kurzfristigen wie auch langfristigen Konsequenzen unseres Handelns vor Augen zu führen. Mag sein, dass da irgendeine Aktivität sofortiges Vergnügen mit sich bringt, wenn sie aber mit der Zeit zu Ruhelosigkeit, Konflikten und Elend führt, verdient sie das Etikett "unheilsam" Sollte andererseits ein Verhalten kurzfristig gesehen Schwierigkeiten mit sich bringen, schließlich aber zu Zufriedenheit, Harmonie und echtem Glück für uns und andere führen, dann können wir es als »heilsam« betrachten. Eine auf die natürliche Umwelt bezogene, soziale und psvcho- physische Ethik beinhaltet insgesamt eine Lebensweise, die unserem eigenen Wohlbefinden und dem anderer förderlich ist. Die ethische Lebensführung unterstützt die Entwicklung und Pflege mentaler Ausgewogenheit, was uns wiederum noch besser befähigt, das eigene und das Wohl-Sein anderer zu fördern.
6. Zwanghafte Gedanken aufgeben
Viele von uns lassen zu, dass unser Geist von zwanghaften Gedanken beherrscht wird. Diese werden nicht plötzlich über Nacht ein Ende haben. Wichtig ist jedoch, dass wir, wenn wir uns auf die Shamatha-Praxis einlassen, sowohl während als auch zwischen den Sitzungen unsere Geistesaktivitäten beobachten und den Geist zügeln, wenn er in Denkmuster verfällt, die die geistige Verwirrung noch verstärken. Ansonsten wird es uns ergehen wie der Katze, die, um sich im Teich über Wasser zu halten, wie wild um sich schlägt; wir werden nie von Geistestumulten frei sein. Der indische buddhistische Weise Atisha schrieb auf die Bedeutsamkeit dieser Vorbedingungen bezogen: Solange die Vorbedingungen für Shamatha Unvollständig sind, wird die meditative Festigung Nicht erlangt, selbst wenn du Tausende von Jahren Unermüdlich meditierst.
In unserer materiell gesinnten Gesellschaft findet sich sogar auch bei Leuten, die sich zu nichtmateriellen Werten hingezogen füh len, die starke Tendenz, unseren gegenwärtigen Lebensstil als die Norm anzusehen, dem man dann zur Behebung des allgemeinen Dilemmas die Meditation hinzufügt, so wie man eine schwärende Wunde verbindet. Hier kann meine eigene erste Erfahrung mit dem Meditieren gegen Ende der sechziger Jahre als gutes Beispiel dienen. Ich suchte einen Lehrer auf, der mir ein Mantra gab und mir erklärte, wie ich darüber zu meditieren hatte; doch fehlte in diesen Anweisungen ein Hinweis darauf, wie ich mein restliches Leben führen sollte. Auch jetzt, Jahrzehnte später, wird die Meditation häufig mit nur spärlichen oder gar keinen Hinweisen auf die oben genannten Vorbedingungen gelehrt. Man hat sie auf eine Art Erste Hilfe reduziert, um die Symptome eines aus den Fugen geratenen Lebens mit all seinen Störungen - Ängste, Depression, Frustration und emotionale Auf und Ab - zu lindern. Ein Geist, der von einer Unzahl mentaler Leiden befallen ist, braucht mehr als nur einen Sanitäter. Wir brauchen langfristige intensive Fürsorge und Pflege. Und darum geht es bei diesem Training.
ZWISCHENSPIEL · MITFREUDE
W enn Sie sich in ein langes Meditationsretreat begeben, überkommt Sie vielleicht zunächst ein Gefühl der Erleichterung, weil Sie nun weg sind von Ihrem normalen Leben mit all seinen Anforderungen und Sorgen. Ist diese Flitterwochenphase aber vorbei, beginnt die harte Arbeit des Geistestrainings. Die Lebensführung im Retreat kann durchaus eine massive Herausforderung darstellen. Leben wir inmitten der Gesellschaft, können wir unser Bewusstsein mühelos vom Geist abziehen und uns in der Arbeit, im Vergnügen, in Gesprächen und vielen anderen Arten von Betriebsamkeit verlieren. Doch das einfache, unverstellte Leben eines Kontemplativen hält uns von äußeren Quellen der Ablenkung und Zerstreuung fern, und die körperlichen und mentalen Reaktionen darauf können heftig ausfallen. Wir sind süchtig nach angenehmen Reizen, und wenn wir uns täglich viele Stunden dem Shamatha-Training widmen und zwischen den Sitzungen nur wenig Ablenkung haben, bekommen wir allmählich Entzugserscheinungen. Der Geist pendelt zwischen Langeweile und Rastlosigkeit hin und her und versinkt zuweilen auch in Depression und Selbstzweifel.
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