Bücher online kostenlos Kostenlos Online Lesen
Die Adlon - Verschwoerung

Die Adlon - Verschwoerung

Titel: Die Adlon - Verschwoerung Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Philip Kerr
Vom Netzwerk:
verderben. Doch dann kam Miranda dahinter, dass er betrogen wurde, und soll man es glauben, er gab natürlich mir die Schuld. Womit ich nur eine Möglichkeit hatte. Entweder die Spielautomaten behalten und Lopez loswerden - und riskieren, dass die Rebellen mich aufs Korn nehmen. Oder die Automaten abschaffen und Miranda zu ärgern. Ich entschied mich für Letzteres. Als Resultat habe ich jetzt einmal in der Woche F.B. persönlich hier, um mit mir die Bücher durchzugehen, weil er einen bedeutenden Anteil an diesem Hotel besitzt. Die ganze Geschichte kostet mich einen Haufen Geld und verursacht nur Scherereien. Wie ich das sehe, ist dieser Mistkerl Fredo Lopez ein echter Glückspilz. Er hat Glück, dass er noch am Leben ist.»
    «Sie haben recht, Max. Sie haben sich tatsächlich verändert. Der alte Max Reles hätte ihm einen Eispickel ins Ohr gestoßen.»
    Er grinste bei der Erinnerung an sein einstiges Ich. «Hätte ich das? Darauf können Sie Gift nehmen. Damals waren die Dinge noch einfacher. Ich hätte ihn erledigt, ohne zu zögern.» Reles zuckte die Schultern. «Doch wir sind hier in Kuba, und in Kuba lösen wir die Dinge anders. Ich hatte gehofft, der Mistkerl würde es vielleicht kapieren, wenn er darüber nachdenkt. Und sich dankbar zeigen. Aber nein, kein Stück. Er macht mich hinter meinem Rücken bei Noreen schlecht, während ich mich um eine bessere Atmosphäre bemühe, wegen meiner Beziehung zu Dinah.»
    «Also haben Sie Batista und den Rebellen Geld gegeben», stellte ich fest.
    «Indirekt», sagte er. «Offen gestanden, ich räume ihnen keine Chance ein, aber bei diesen Typen kann man nie wissen.»
    «Das heißt, Sie räumen ihnen doch eine Chance ein.»
    «Vor dem Zwischenfall mit den Spielautomaten habe ich etwas Interessantes beobachtet. Eines Tages habe ich unten im Hotel aus dem Fenster gesehen, einfach so, wie man das manchmal tut, und da war dieser junge Habanero auf dem Bürgersteig - noch ein halber Junge, wissen Sie? Und als er an meinem Cadillac vorbeikam, hat er gegen den Kotflügel getreten.»
    «Was denn, das hübsche kleine Cabrio? Wo war Ihr Oger?»
    «Waxey? Er ist nicht annähernd schnell genug auf den Beinen, um diesen flinken Burschen zu stellen. Aber das ist es nicht, worauf ich hinauswill. Es gab mir zu denken. Nicht die Beule am Wagen. Die war nicht der Rede wert. Nein, etwas anderes. Ich habe eine Menge darüber nachgedacht, sehen Sie? Zuerst dachte ich, der Junge hätte es getan, um seiner Freundin zu imponieren. Dann dachte ich, er hätte vielleicht etwas gegen Cadillacs. Aber dann dämmerte mir die Wahrheit, Bernie. Mir wurde klar, dass es nicht die verdammten Cadillacs waren, die er nicht mag. Sondern Amerikaner. Womit ich wieder an die Revolution denken musste. Ich dachte, es wäre vorbei gewesen nach dem vergangenen Juli. Wie die meisten Leute. Nach dem Angriff auf die Moncada-Kaserne, wissen Sie? Aber als ich sah, wie dieser verdammte kleine Mistkerl gegen meinen Wagen trat, dachte ich, es ist vielleicht noch längst nicht vorbei. Vielleicht hassen die Kubaner uns Amerikaner so sehr, wie sie Batista hassen. Was bedeutet, falls sie ihn je verjagen, könnten sie sich auch gleich gegen uns wenden.»
    Ich hatte fürs Erste genug eigene Einsichten gewonnen, daher schwieg ich. Abgesehen davon mochte ich selbst die Amerikaner auch nicht besonders. Sie waren vielleicht nicht so schlimm wie Russen oder Franzosen, doch die Russen und Franzosen erwarteten auch nicht, dass man sie mochte. Genauer gesagt war es ihnen sogar ziemlich egal. Amerikaner hingegen waren anders: Selbst nachdem sie den Japsen zwei Atombomben auf die Köpfe geworfen hatten, wollten sie noch von ihnen gemocht werden. Was mir ziemlich naiv erschien. Also schwieg ich, und wir genossen - beinahe wie zwei alte Freunde - für eine Weile die Aussicht vom Dach seines Hotels. Es war eine prächtige Aussicht. Unter uns die Baumwipfel des Campo de Marte und zur Rechten, wie eine riesige Hochzeitstorte, das Capitolio Nacional de La Habana. Dahinter konnte man die Partagas-Zigarrenfabrik und das Barrio Chino erkennen. Ich hätte im Süden bis zum amerikanischen Kriegsschiff im Hafen sehen können und bis zu den Dächern von Miramar im Westen, doch nur mit meiner Brille. Allerdings - die Brille machte mich älter. Älter als Max Reles. Andererseits hatte er wahrscheinlich selbst irgendwo eine Brille und wollte mir nicht zeigen, dass er sie benötigte.
    Er versuchte erfolglos, sich in der steifer werdenden Brise vom Meer

Weitere Kostenlose Bücher