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Die Adlon - Verschwoerung

Die Adlon - Verschwoerung

Titel: Die Adlon - Verschwoerung Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Philip Kerr
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träfe, um schnell dorthin abzureisen. Und Freeman erwiderte, dass er sich unverzüglich an meine wichtigen Empfehlungsschreiben setze.
    Ich würde nach Hause fahren. Nach beinahe fünf Jahren im Exil würde ich nach Deutschland zurückkehren. Mit Geld in den Taschen. Ich konnte mein Glück kaum fassen.
    Das war die eine Sache. Die andere waren die Ereignisse des Vorabends in jener Wohnung in Vedado.
    Sobald ich gewaschen und angezogen war, führ ich ins Nacional und stieg in den Lift zu der großen, luxuriösen Suite in der Vorstandsetage, um die Lanskys zu informieren, dass ich den Fall Max Reles «gelöst» hatte. Nicht, dass man es je wirklich einen «Fall» hätte nennen können. «Übung in Öffentlichkeitsarbeit» wäre ein viel genauerer Begriff für meine Ermittlungen gewesen, vorausgesetzt, man stellte sich unter «Öffentlichkeit» die Betreiber der Hotels und Kasinos von Havanna vor und sonst niemanden.
    «Sie meinen, Sie haben einen Namen?» Meyer Lanskys Stimme hatte jenen tiefen, frittierten Klang eines Indianerhäuptlings in einem Western. Jeff Chandler vielleicht. Der kleine Mann hatte definitiv die gleiche Nase wie Chandler. Und das gleiche unergründliche Gesicht.
    Wie schon zuvor saßen wir auf dem umlaufenden Balkon mit der gleichen Aussicht auf das Meer, nur dass ich es diesmal nicht nur hören und riechen, sondern auch sehen konnte. Ich würde das beständige Rauschen der Brandung vermissen, so viel stand fest.
    Meyer trug eine graue Gabardinehose, eine dazu passende Strickjacke, ein einfaches weißes Sporthemd und eine Sonnenbrille mit dickem Gestell, weshalb er eher wie ein Buchhalter und nicht wie ein Gangster aussah. Jake war ähnlich zwanglos gekleidet. Er trug ein lockersitzendes Frotteehemd und den kleinen Stroh-Stetson eines Buchmachers mit einer Hutschnur, die genauso schmal war wie seine Lippen. Im Hintergrund hielt sich wie immer der große, breitschultrige Vincent Alo auf, der, wie ich inzwischen wusste, Jimmy Blue Eyes genannt wurde. Alo trug eine graue Flanellhose, eine weiße Mohairjacke mit Kragen und eine gemusterte Seidenkrawatte auf dem weißen Hemd. Die Jacke war weit geschnitten, doch nicht weit genug, um das Schweinsrippchen zu verbergen, das er in einem Schulterhalfter unter dem Arm trug. Er sah aus wie ein italienischer Playboy in einer römischen Rache-Tragödie aus der Feder von Seneca, geschrieben zur Unterhaltung von Kaiser Nero.
    Wir tranken Kaffee aus kleinen italienischen Tassen, die kleinen Finger vornehm ausgestreckt.
    «Ich habe einen Namen», sagte ich zum wiederholten Mal.
    «Dann lassen Sie hören, Gunther.»
    «Irving Goldstein.»
    «Der Kerl, der sich selbst das Leben genommen hat?»
    Goldstein war Aufseher im Kasino des Hotels Saratoga gewesen und hatte von seinem hohen Sitz aus den Craps-Tisch kontrolliert. Er stammte ursprünglich aus Miami und war in mehreren illegalen Kasinos in Tampa zum Croupier ausgebildet worden. Nachdem er mit dreizehn anderen in Amerika geborenen Kartengebern im April 1953 ausgewiesen worden und nach Havanna gekommen war, arbeitete er in den Kasinos des Saratoga, des Sans Souci, Montmartre und Tropicana.
    «Ich habe noch gestern Abend mit Hilfe von Capitän Sanchez seine Wohnung in Vedado durchsucht», fuhr ich fort. «Und wir fanden das hier.»
    Ich reichte Lansky eine technische Zeichnung und ließ ihn eine Weile daraufstarren.
    «Goldstein hatte sich mit einem Mann eingelassen, der im Palette-Club als Transvestit aufgetreten ist. Meinen Informationen zufolge hat Max, bevor er starb, Wind davon bekommen und Goldstein, weil ihm dessen Homosexualität suspekt war, gesagt, dass er sich in einem anderen Kasino nach einer Arbeit umsehen solle. Der Kasino-Manager des Saratoga, Nunez, hat bestätigt, dass die beiden Männer nicht lange vor Max' Tod einen Streit hatten. Ich bin überzeugt, dass es dabei um die Kündigung ging. Und dass Goldstein den Mord an Max aus Rache für seine Entlassung beging. Er hatte das Motiv. Er hatte die Gelegenheit: Nunez hat mir berichtet, dass Goldstein in der Mordnacht gegen zwei Uhr morgens seine Pause gemacht hat und für ungefähr eine halbe Stunde von seinem Würfeltisch weg war.»
    «Und der Beweis ist ... das hier?» Meyer wedelte mit dem Blatt in der Luft herum, das ich ihm gegeben hatte. «Ich habe nicht die geringste Ahnung, was zum Teufel das darstellen soll. Du vielleicht, Jake?» Meyer gab seinem Bruder das Blatt, der es gleichermaßen verständnislos anstarrte, als wäre es die Blaupause

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