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Die Adlon - Verschwoerung

Die Adlon - Verschwoerung

Titel: Die Adlon - Verschwoerung Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Philip Kerr
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taub war.
    Die Polizeiwache auf der Zulueta lag ein paar Minuten zu Fuß vom Capitolio entfernt, doch ich hatte nichts gegen einen Spaziergang. Erst wenige Monate zuvor war ein Professor der Universität von Havanna vor der Polizeiwache von Vedado ums Leben gekommen, weil Rebellen seinen schwarzen 1952er Hudson mit dem identischen Modell des stellvertretenden Leiters der kubanischen Ermittlungsbehörde verwechselt hatten. Seitdem achtete ich peinlich darauf, meinen Chevrolet Styline nie unbeaufsichtigt draußen vor einer Polizeiwache stehen zu lassen.
    Die Wache selbst war in einem alten Kolonialgebäude untergebracht, von dessen Fassade der Putz bröckelte. Vor den Fenstern hingen grüne Lamellenläden, und über dem breiten Säulenvorbau hing schlaff eine kubanische Flagge wie ein buntes Strandtuch, das aus einem der Fenster darüber heruntergefallen war. Die Kanalisation vor dem Haus roch nicht besonders gut. Wenn man erst drinnen war, merkte man es aber kaum noch, vorausgesetzt, man atmete nicht durch die Nase.
    Sanchez war im zweiten Stock in einem Büro mit Aussicht auf einen kleinen Park. In einer Ecke des Raums hing eine Flagge an einem Mast, und an der Wand ein Bild von Batista über einem Schrank voller Gewehre für den Fall, dass sich der Exerzierplatzpatriotismus in Form von Flagge und Fotos nicht auszahlte.
    Es gab einen kleinen billigen Schreibtisch aus Holz und jede Menge Platz ringsherum. Wände und Decke waren staubig beige, der Boden mit braunem Linoleum ausgekleidet, das an den Panzer einer toten Schildkröte erinnerte. Ein teurer Humidor aus Rosenholz, der auf einem Sideboard des Präsidenten am richtigen Platz gewesen wäre, stand auf dem Schreibtisch wie ein Faberge-Ei in einem Plastik-Picknickset.
    «Es war ein ziemliches Glück, dass ich diese Zeichnung gefunden habe, meinen Sie nicht?», begann Sanchez.
    «Glück gehört zur Polizeiarbeit dazu.»
    «Ganz zu schweigen davon, dass der mutmaßliche Mörder schon tot war.»
    «Irgendwelche Einwände?»
    «Wie könnte es welche geben? Sie lösen den Fall und machen gleichzeitig eine Schlaufe aus allen losen Enden. Nein, das nenne ich echte Detektivarbeit. Ich sehe jetzt, warum Lansky Sie für den richtigen Mann hielt, um diesen Fall zu lösen. Einen Nero Wolfe, wenn es je einen gegeben hat.»
    «Sie sagen das so, als glaubten Sie, ich hätte mir das alles zurechtgestutzt. Wie ein Schneider.»
    «Jetzt sind Sie aber böse. Ich war nie in meinem Leben bei einem Schneider. Nicht bei meinem Gehalt. Ich habe ein hübsches Guayabera aus Leinen, aber das ist auch schon alles. Wenn es formeller wird, ziehe ich üblicherweise meine Ausgehuniform an.»
    «Ist das die ohne Blutflecken?»
    «Sie verwechseln mich mit dem Teniente Quevedo.»
    «Ah. Ich bin froh, dass Sie den Teniente erwähnen, Capitän.»
    Sanchez schüttelte den Kopf. «Das ist unmöglich. Niemand mit Ohren im Kopf ist jemals froh, den Namen von Teniente Quevedo zu hören.»
    «Wissen Sie vielleicht, wo ich ihn finde?»
    «Man findet Teniente Quevedo nicht. Nicht, wenn man einen Rest von Verstand im Kopf hat. Er findet einen.»
    «So schwierig kann es doch wohl nicht sein. Ich habe ihn bei der Beerdigung gesehen. Sie erinnern sich?»
    «Der Friedhof ist sein natürliches Habitat.»
    «Ein großer Mann. Bürstenhaarschnitt, mit einem scharfgeschnittenen Gesicht, untypisch für einen Kubaner. Ich meine damit, dass er etwas vage Amerikanisches in seinem Gesicht hat.»
    «Es ist gut, dass wir immer nur die Gesichter der Menschen sehen und nicht ihre Herzen, meinen Sie nicht, Senor?»
    «Wie dem auch sei, Sie haben gesagt, ich würde nicht nur für Lansky arbeiten, sondern auch für Quevedo. Und deswegen ...»
    «Habe ich das wirklich gesagt? Nun ja, Vielleicht. Wie beschreibt man einen Menschen wie diesen Meyer Lansky? Er ist so glitschig wie eine geschälte Ananas. Quevedo hingegen ist aus anderem Holz geschnitzt. Wir haben eine Redensart hier bei der militia. Sie haben ihn auf der Beerdigung gesehen. Ich wollte Sie nur auf ihn aufmerksam machen wie auf eine giftige Schlange. Damit Sie ihm aus dem Weg gehen können.»
    «Ich werd's mir merken.»
    «Freut mich, das zu hören.»
    «Ich würde ihn trotzdem gerne sprechen.»
    «Worüber nur, frage ich mich.» Er zuckte die Schultern und zündete sich, indem er den kostbaren Humidor ignorierte, eine Zigarette an.
    «Das ist meine

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