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Die Adlon - Verschwoerung

Die Adlon - Verschwoerung

Titel: Die Adlon - Verschwoerung Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Philip Kerr
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dieser Insel mehr Geld zu verdienen ist, als sich irgendjemand je hätte träumen lassen. Ich plane selbst ein neues Hotel mit Kasino, und es wird das größte auf der ganzen Welt außerhalb von Las Vegas. Das Riviera. Ich könnte einen Mann wie Sie gebrauchen, Bernie. Bis dahin hätte ich Sie gerne im Montmartre, wo Sie für mich arbeiten sollen. Die gleiche Arbeit, die Sie im Saratoga gemacht haben, für Max.»
    «Ich werde gründlich darüber nachdenken, Mr. Lansky.»
    «Vincent hier wird das Saratoga übernehmen.»
    Vincent Alo war inzwischen auf den Balkon zurückgekehrt. Er hielt einen Chipbeutel voller High Roller. Er lächelte, doch seine blauen Augen blieben kalt. Es war leicht zu erkennen, wie er zu seinem Spitznamen gekommen war, Jimmy Blue Eyes. Seine Augen waren so blau wie das Meer auf der anderen Seite des Malecon - und ganz genauso kalt.
    «Das sieht aber nicht nach zwanzigtausend Dollars aus», sagte ich.
    «Lassen Sie sich nicht von Äußerlichkeiten täuschen», erwiderte Alo. Er löste die Verschlusskordel des Beutels und nahm einen roten Tausend-Dollar-Chip hervor. «Davon sind noch neunzehn weitere im Beutel. Gehen Sie damit zum Kassenschalter im Montmartre, und tauschen Sie die Chips gegen Bargeld um. So einfach ist das, mein lieber Kraut.»
    Das im neoklassischen Stil errichtete Montmartre an der Ecke P Street und Dreiundzwanzigste lag nur einen kurzen Fußmarsch vom Hotel Nacional entfernt. Es stand auf dem Grundstück einer ehemaligen Hunderennbahn und belegte einen ganzen Block. Als einziges Kasino in Havanna hatte es vierundzwanzig Stunden am Tag geöffnet, sieben Tage die Woche.
    Jetzt, kurz vor Mittag, herrschte schon lebhafter Betrieb. Um diese frühe Stunde kamen meistens Chinesen - obwohl sie eigentlich immer da waren. Eine Lautsprecherdurchsage warb für die abendliche «Midnight in»-Bühnenshow, doch sie blickten drein, als könnte sie nichts auf der Welt weniger interessieren.
    Für mich auf der anderen Seite war Europa ein ganzes Stück näher gekommen, als ich mich mit vierzig Porträts von Präsident William McKinley in der Tasche von der Glasscheibe des Kassenschalters abwandte. Ich hatte Lanskys Angebot nur deshalb nicht sofort abgelehnt, weil ich ihm nicht auf die Nase binden wollte, dass ich das Land verlassen würde. Es hätte ihn möglicherweise misstrauisch gemacht. Stattdessen beabsichtigte ich, das Geld auf mein Konto bei der Royal Bank of Kanada einzuzahlen, wo ich bereits meine Ersparnisse deponiert hatte. Ich würde Kuba mit meinen Beglaubigungsschreiben unter dem Arm so schnell wie möglich verlassen.
    Ich spürte, dass meine Schritte beschwingt waren wie schon lange nicht mehr, als ich durch das Tor des Hotel Nacional zu meinem Wagen ging, den ich Yara als Abschiedsgeschenk zu überlassen gedachte. Ich hatte seit dem Wiedersehen mit meiner verstorbenen Frau Kirsten in Wien im September 1947 nicht mehr so optimistisch in die Zukunft geblickt. So optimistisch war mir zumute, dass ich überlegte, Capitän Sanchez einen Besuch abzustatten und mich zu erkundigen, ob ich nicht vielleicht doch etwas für Noreen Eisner und Alfredo Lopez tun konnte.
    Doch letztlich, wenn alles gesagt und getan ist, musste man doch immer wieder feststellen, dass Optimismus nichts weiter ist als eine jener naiven Hoffnungen, die sich aus schierer Unwissenheit speisen.
     

Kapitel 20
    Das Capitolio war von dem kubanischen Diktator Machado im Stil des Kapitols der Vereinigten Staaten von Amerika in Washington erbaut worden, doch es war bei weitem zu groß für eine Insel wie Kuba. Es wäre zu groß gewesen für eine Insel wie Österreich.
    In der Rotunde stand eine siebzehn Meter hohe Jupiterstatue, die stark an einen Academy Award erinnerte, und die meisten Touristen, die das Capitolio besichtigten, schienen zu denken, dass sie ein gutes Erinnerungsfoto abgab. Jetzt, da ich meine Abreise aus Kuba vor Augen hatte, überlegte ich, ebenfalls ein paar Fotos zu schießen. Damit ich mir ins Gedächtnis rufen konnte, was ich vermisste, wenn ich in Bonn wohnte und um neun Uhr abends zu Bett ging. Was gibt es sonst für Möglichkeiten um neun Uhr abends in Bonn? Hätte Beethoven in Havanna gelebt - insbesondere gleich um die Ecke der Casa Marina -, ich halte es für wahrscheinlich, dass er allerhöchstens ein einziges Streichquartett zustande gebracht hätte, wenn überhaupt - sechzehn jedenfalls sicher nicht. Aber Bonn? Man konnte sein ganzes Leben dort verbringen, ohne jemals zu bemerken, dass man

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