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Die Äbtissin

Die Äbtissin

Titel: Die Äbtissin Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Toti Lezea
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warf ihn zu Boden wie eine Stoffpuppe. Der Knabe blieb bewusstlos auf dem Weg liegen und ein feiner Faden Blutes begann aus seinem Mundwinkel zu rinnen. María wollte ihm zu Hilfe eilen, aber einer der Männer, sie wusste nicht, welcher, hielt sie gewaltsam fest. Der Anführer trat zu Antoñino, stieß ihn mit dem Fuß an und lachte laut auf, als er feststellte, dass dieser sich nicht rührte.
    »So ergeht es denen, die sich als Helden aufspielen wollen!«, rief er. Dann musterte er die Frauen. »Und nun zu Euch. Das Weib wurde zum Vergnügen der Männer geschaffen, nicht, um sich in einem Kloster einzuschließen.«
    Er ging zu Inés, die wie erstarrt war vor Schreck, und packte sie grob am Arm, während sich die anderen beiden um María und Joaquina stritten, die nicht weniger verängstigt waren. Ein Schrei ließ sie innehalten.
    »Lumpenpack! Halunken! Strolche! Schweinehunde!«
    Lope de Salazar kam herangeprescht, das blanke Schwert in der Hand. Bevor die Männer reagieren konnten, schlug er einem von ihnen mit einem sicheren Hieb den Kopf ab und spießte den zweiten auf wie ein Rebhuhn auf den Bratspieß. Der Anführer stieß Inés zu Boden und machte sich bereit, dem Hauptmann zu begegnen, der ungestüm auf ihn losging. Der Wegelagerer bewies, dass er ein kampferprobter Haudegen war. Er sprang zur Seite, um dem Angriff auszuweichen, packte den Soldaten am Bein und zerrte ihn vom Pferd. Die beiden lieferten sich einen erbitterten Kampf.
    María lief zu Antoñino und schleifte ihn mithilfe von Inés und Joaquina zum Wagen, ohne die beiden Männer aus den Augen zu lassen. Noch nie hatte sie bei einem Kampf zugesehen, und schon gar nicht bei einem auf Leben und Tod. Sie war entsetzt und zugleich fasziniert von der Brutalität, die sie an den Tag legten. Das Eisen schlug Funken, die Gesichter der Männer waren schweißüberströmt und ihre Augen blitzten wie die von wilden Tieren, die sich gegenseitig zu zerfleischen versuchten. Plötzlich bohrte der Hauptmann sein Schwert in den Leib seines Gegners, und der Kampf war zu Ende. Der Mann blieb reglos stehen und starrte auf die Wunde, aus der Unmengen von Blut hervorzuquellen begannen. Er schien keinen Schmerz zu empfinden und aus seinem Gesicht sprach Überraschung. Dann sackte er zusammen.
    »Geht es Euch gut, Hauptmann?«
    Inés stürzte verängstigt zu Salazar und betastete seine Brust und seine Arme, um sich zu vergewissern, dass er nicht verletzt war.
    »Mir fehlt nichts, Inés. Beruhigt Euch«, antwortete er keuchend, während er versuchte, sich von der Anstrengung zu erholen.
    María trat zu dem Mann, der am Boden lag. Er lebte noch, und sie presste instinktiv ihre Hand auf seine Wunde. An einem seiner Finger funkelte ein Ring mit dem Wappen Kastiliens.
    »Lasst es sein, Doña María.« Don Gonzalo stand neben ihr. »Er hat nicht mehr lange zu leben und wird bald Rechenschaft für all seine Missetaten ablegen müssen.«
    »Können wir nichts mehr für ihn tun?«
    »Ich fürchte nein. Ich habe schon öfter solche Wunden gesehen, sie führen unweigerlich zum Tode.«
    María konnte ihren Blick nicht von dem Gesicht des Verwundeten wenden. Er war alt, sein Haar und sein Bart waren nahezu weiß. Der Ringpanzer und die Hosen waren schmutzig und zerrissen, und der Blutfleck wurde allmählich größer.
    »Doña María! Antoñino kommt wieder zu sich!«, rief Joaquina.
    María eilte zu ihm. Der Junge hatte die Augen aufgeschlagen und sah sie an, als erwachte er soeben aus einem Traum. Sein Gesicht war geschwollen von dem Fausthieb, den er eingesteckt hatte, und es würde Tage dauern, bis er wieder normal aussah, doch darüber hinaus schien er unversehrt zu sein.
    »Antoñino, mein Junge, wie fühlst du dich?«, erkundigte sich María.
    »Mir brummt der Schädel. Was ist passiert?«
    »Du warst ein Held«, sagte der Hauptmann, während er näher trat. »Dank dir sind Doña María und ihre Mitschwestern unversehrt geblieben.«
    Der Knabe stützte sich auf die Ellenbogen.
    »Ist das wahr?«
    »Aber ja, Antoñino«, beteuerte Don Gonzalo. »Von nun an bist du ein Soldat, und ich ernenne dich zu meinem Pagen und Schildknappen.«
    »Na, wenn sie das zu Hause erfahren! Mein älterer Bruder wird umkommen vor Neid!«, rief der Junge, und sein verschwollenes Gesicht strahlte vor Freude.
    Alle lachten erleichtert auf und schickten sich an, die Reise fortzusetzen. Der Hauptmann ersparte es ihnen, sich um die Toten kümmern zu müssen, und schleifte sie eigenhändig in den Wald. Als

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