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Die Ängstlichen - Roman

Die Ängstlichen - Roman

Titel: Die Ängstlichen - Roman Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Aufbau
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erzählt!«
    »Ach, Ulrike!«, seufzte Johanna. »Ich kann einfach nicht glauben, was passiert sein soll.«
    »Was sagt die Polizei?«
    »Was soll die sagen? Dass sie nichts Genaues sagen können, dass die Ermittlungen laufen. Das sagen sie.«
    »Mutter, das tut uns so leid für dich!«, sagte Ulrike. »Rainer hat Janek nie besonders gemocht, das weißt du, doch sein Verschwinden lässt ihn trotzdem nicht kalt.«
    »Tja«, seufzte Johanna.
    »Soll ich dich holen, Mutter? Kein Problem! In solchen Zeiten muss man zusammenhalten«, sagte Ulrike. »Dafür ist die Familie doch schließlich da!«
    »Wo da auch noch die Sache mit Helmut ist.«
    »Mit Helmut? Was ist mit ihm?«
    »Verdacht auf Blasenkrebs! Um die Sache abklären zu lassen, ist er ins Krankenhaus.«
    »O mein Gott!«, rief Ulrike und verstummte. »Seit wann …? Ich meine, wie geht er damit um?« (Ulrike spürte, wie die Wand, die sie seit langem von ihrem Bruder trennte, plötzlich kleine Risse bekam.)
    »Du kennst doch deinen Bruder. Nach außen wirkt er relativ gefasst, aber mir kann er nichts vormachen. Helmut hat Angst.«
    »Weiß Ben davon?«
    »Keine Ahnung!«
    »Und wie ist es für dich?«
    »Ich halte natürlich die Luft an, das kannst du dir ja denken.«
    »Ich habe Helmut schon länger nicht mehr verstanden, und seine Art, zu leben, war nie die meine«, begann Ulrike, als seinun der Zeitpunkt gekommen, um mit jemandem darüber zu reden. »Helmut war mir immer fremd. Schon als wir noch Kinder waren, hat er sich bloß über uns lustig gemacht.«
    »Er muss eine Enttäuschung für euch gewesen sein, als Bruder, meine ich«, hakte Johanna ein, die inzwischen auf der kleinen Kommode im Flur Platz genommen hatte.
    »Helmut lebte von Anfang an in einer anderen Welt! Für den waren Konrad und ich immer bloß Luft. Du weißt ja, wie arrogant und überheblich er sein kann.«
    »Und ob!«, Johanna sah Helmut vor sich, seine gedrungene Gestalt, seine tiefliegenden, dicht beieinanderstehenden Augen, seine ungewöhnlich fleischigen Hände.
    »Es kommen auch wieder bessere Zeiten, Mutter! Ganz sicher!«, rief Ulrike aufmunternd. »Du weißt doch, wie das geht, einmal rauf und einmal runter. Und was Janek betrifft, so ist da auch noch nicht das letzte Wort gesprochen. Unkraut vergeht nicht!« (Natürlich wusste Ulrike, wie schwach und leer ihre Worte in Johannas Ohren klingen mussten. Doch im Moment war sie zu echter Anteilnahme nur bedingt fähig, denn ihr Problem hieß nicht Janek oder Helmut, sondern Rainer. Sie hatte alle Hände voll zu tun, ihre Ehe wieder auf Kurs zu bringen, und besaß derzeit beim besten Willen keine Kapazitäten für andere, die gerade ihr selbstverschuldetes negatives Karma, wie sie das nannte, erlebten.)
    »Wo liegt Helmut denn?«, fragte Ulrike.
    »Im Vinzenz, auf der Urologischen«, sagte Johanna.
    »Ruf mich bitte an, sobald du bei ihm warst, ja?! Du besuchst ihn doch?«
    »Natürlich, sofern sie ihn dabehalten! Was denkst du denn?«
    »Ach, noch was, Mutter! Rainer hat irgendwas von einem Familientreffen erzählt, worum geht es da?«
    »Ja, Samstagnachmittag in der Ankergasse«, sagte Johanna.
    »Familientreffen? Jetzt?«, rief Ulrike erstaunt. »Ich meine, ich weiß ja nicht, worum es geht, aber hat das nicht Zeit? Gerade jetzt, nach Janeks Tod und wo auch noch die Sache mit Helmut im Raum steht?«
    »Nein«, erwiderte Johanna dürr.
    »Aber wieso denn nicht?«
    »Weil ich es sage, darum!«
    »Dann erklär mir wenigstens, worum es geht?«
    »Abwarten!«, rief Johanna.
    »Mutter, also bitte! Nach noch mehr bösen Überraschungen ist mir im Moment weiß Gott nicht zumute.«
    »Also ist doch was mit Rainer?«
    »NEEIIN!«, fauchte Ulrike. »Das mit Janek und Helmut ist ja wohl auch mehr als genug, oder nicht!?«
    »Es kann immer noch schlimmer kommen!«, antwortete Johanna vollkommen beherrscht, Ulrikes platten Optimismus übergehend. »Denn wenn ich eines im Leben gelernt habe, dann mit dem Schlimmsten zu rechnen.«
    »Raus damit, Mutter! Was ist los?«
    Johanna kratzte sich die Kopfhaut, bohrte die Nägel ihrer linken Hand fest hinein. »Ulrike, bitte!«
    »Also wenn’s unbedingt sein muss, Mutter, wir kommen!«
    »Ja, und sag bitte den Kindern, dass ich sie dabeihaben möchte.«
    »Die Kinder? Wie stellst du dir das vor, Mutter? Carl ist in Köln und Robert in München. Wie soll das gehen? Und was mit Clara ist, weiß ich überhaupt nicht. Also wirklich, Mutter, gerade jetzt, wo …«
    »Du wirst mir diesen Wunsch doch nicht

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