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Die Ängstlichen - Roman

Die Ängstlichen - Roman

Titel: Die Ängstlichen - Roman Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Aufbau
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barsch. »Denn so etwas zu tun ist kriminell und steht unter Strafe, wie du hoffentlich weißt!«
    »Na ja, ich meine ja bloß …«
    »Was meinst du bloß, Ben?«, sagte sie. »Was?«
    »Nix, einfach nur so.«
    »Dass ich, wie du es nennst, unauffällig hunderttausend Euro stehlen könnte? Ja? Ist es das, was du meinst, Ben?«
    »Ach, vergiss es!«, antwortete er und beugte sich zu ihr hinunter, um ihr einen Kuss auf die Stirn zu drücken. Unwillig ließ sie es geschehen. Daraufhin schlang er ihr den Arm um den Hals, schob sein Gesicht ganz nah an ihres, sah ihr tief in die Augen und sagte: »Denkst du ernsthaft, ich könnte so etwas von dir verlangen?«
    »Nicht verlangen, nein«, antwortete sie, »aber mich irgendwann darum bitten vielleicht!«
    »So ein Unsinn!«, wiegelte er ab, fügte aber sogleich hinzu: »Aber du musst zugeben, dass der Gedanke wirklich ziemlich verlockend ist!«
    »Welcher Gedanke?«
    »Hunderttausend einfach so per Mausklick von da nach da umbuchen zu können, ohne dass es jemand merkt.«
    »Erstens sind hunderttausend nicht verlockend!«, sagte sie nun ärgerlich. »Drei Millionen sind verlockend, wenn du esgenau wissen willst! Aber hunderttausend doch nicht. Hunderttausend hat heute jede fünfte Rentnerin in ihrem Sparstrumpf! Und zweitens: Wie kommst du eigentlich darauf, dass das niemand merkt?«
    Ben ließ nicht locker, sagte: »Nur mal hypothetisch gefragt? Wie würdest du so was anfangen?«
    Sie hatten vor, nach der Sauna in ein italienisches Restaurant in der Nähe des Hauptbahnhofs zu fahren, ins »La Mamma«. Iris hatte ihm von den hausgemachten Teigwaren, die dort in den unterschiedlichsten Variationen auf der Speisekarte standen, vorgeschwärmt.
    »Wenn du jetzt nicht sofort damit aufhörst, gehe ich rüber und frage den da, ob er mit mir Tagliatelle in Safransauce essen geht!«, sagte sie, rollte die Augen und deutete mit einem kurzen Rucken ihres Kinns in Richtung der Duschen, wo ein gutgebauter, ziemlich muskulöser schwarzhaariger Typ mit dem Rücken zu ihnen unter der Schwallbrause stand und sich die Haare wusch.
    »Untersteh dich!«, rief Ben grinsend, erhob sich und setzte sich auf den Rand ihrer Liege. Er nahm ihr Gesicht in beide Hände, sah sie lange an und gab ihr einen Kuss auf den Mund, wie um ihr Gespräch beiseitezuwischen. Doch als sie eine Dreiviertelstunde später an einem Fenstertisch im »La Mamma« saßen und Iris im Schein der Tischkerzen die Speisekarte studierte, nahm er allen Mut zusammen und sagte: »Du musst mir helfen, Iris!«
    »Aber gerne, mein Schatz. Was kann ich für dich tun?«, antwortete sie beiläufig und studierte weiter interessiert die Karte.
    »Ich brauche neunzigtausend Euro.«
    »Was?« Sie zog die Brauen zusammen, ließ die Speisekarte auf den mit einem frischen hellen Tuch bedeckten Tisch sinken und sah ihn an. »Wovon redest du, Ben?«
    »Stell bitte keine Fragen! Ich kann sie dir sowieso nicht beantworten.Nur so viel: das Geld ist nicht für mich, sondern für einen guten Bekannten, und es geht dabei womöglich um Leben und Tod.«
    »Leben und Tod? Jetzt mach aber mal einen Punkt!« Das Lächeln wollte ihr nicht gelingen.
    »Doch, Iris, es ist wahr«, sagte er, »darum habe ich auch vorhin schon in diese Richtung gefragt, weil mir die Zeit davonläuft! Aber ich hatte dann nicht den Mumm, mit der Sache rauszurücken.«
    »Und jetzt hast du ihn?«
    »Was spielt das jetzt noch für eine Rolle? Ich brauche deine Hilfe, und darum frage ich dich jetzt ganz direkt: Kannst du da etwas für mich tun, Iris, ja oder nein?«
    Sie holte tief Luft, die Arme vor der Brust verschränkt. Sie starrte ins Nichts. Dann sah sie ihn an und sagte: »Wie stellst du dir das vor? Meinst du vielleicht, ich kann …«
    Im selben Moment trat der Kellner an ihren Tisch und sagte: »Allora Signori, haben Sie gewählt, was möchten Sie trinken?«
    »Einen Moment noch, bitte! Ja?«, antwortete Iris und klappte die Speisekarte demonstrativ wieder auf, worauf der Kellner einen Schritt zurücktrat und mit den Worten »Gar keine Probleme, Signora, wie Sie wünschen!« weglief.
    »Also hör mal! Wo soll ich eine solche Summe hernehmen?«, sagte Iris.
    Ben griff nach dem vor ihm liegenden Messer und ritzte unbewusst kleine Muster in das blütenweiße Stofftischtuch. »Wenn mein Bekannter das Geld nicht spätestens in zwei Tagen übergeben hat, geht es ihm an den Kragen.«
    »Von wem redest du, Ben? Um was für einen Bekannten handelt es sich da?
    »Herrgott, Iris,

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