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Die Ängstlichen - Roman

Die Ängstlichen - Roman

Titel: Die Ängstlichen - Roman Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Aufbau
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den Barmann an, der sich an der Champagnerflasche zu schaffen machte.
    »Na, was haben wir auf dem Herzen?«, begann die Frau unvermittelt in erstaunlich flüssigem Deutsch und legte zu Helmuts Überraschung ihre Hand vertraulich auf seine.
    »Nichts. Alles bestens!«, antwortete er eine Spur zu hastig, hatte aber nicht den Mut, seine Hand unter der ihren wegzuziehen. (Und wenn er ehrlich war, musste er zugeben, dass ihm die Situation nicht gerade missfiel. Er wusste nicht, wann ihn eine Frau das letzte Mal mit einer solchen Zartheit berührt hatte.)
    »Aber ich seh doch, dass du was auf dem Herzen hast!«, ließ sie nicht locker und begann, mit zwei Fingern sacht und kreisförmig seinen Handrücken zu streicheln.
    »Wie heißt du?«, sagte Helmut in der Hoffnung, die Frau damit auf andere Gedanken zu bringen.
    »Ljudmila«, erwiderte sie.
    Helmut blickte forschend in die Augen der Frau, die ihn weiter ruhig ansah. So als hoffte er, in der Dunkelheit ihrer Pupillen eine Art Tür oder etwas Ähnliches zu entdecken, durch die er auf der Stelle verschwinden konnte.
    »Wo bleibt denn mein Pils?«, rief er ungeduldig in Richtung des Barmanns.
    »Nervös?«, fragte sie.
    »Ich? Nein, wieso?« Helmut kam sich plötzlich wie in einem Verhör vor. (Er spürte jetzt den dünnen Schweißfilm auf seiner Stirn und war sicher, dass sie ihn ebenfalls bemerkt hatte.)
    »Was dann?«, sagte die Frau und nippte an ihrem Champagner, den der Barmann ihr soeben hingestellt hatte.
    »Ach, nichts!«, sagte Helmut und zog nun seine Hand unter der ihren hervor.
    »Du kannst mir vertrauen«, sagte die Frau, blinzelte und umschloss mit ihrer Hand den Fuß ihres Glases.
    »So, kann ich das?«, sagte Helmut leicht ironisch und nahm nun ebenfalls einen tiefen Schluck. Aus dem Hintergrund nahm er diffus Musik wahr.
    »Ja, und wenn du willst, habe ich jede Menge Zeit für dich!«
    Die Vorstellung, in den Armen dieser Frau zu liegen und seiner Angst dadurch für eine Weile zu entgehen, erschien ihm plötzlich verlockend.
    Er trank wieder einen Schluck und sah sich nun nach Gerster um, der, eingeengt von den Frauen, sein halbvolles Glas in der Hand hielt, redete und keinerlei Notiz mehr von ihm nahm.»Na, was ist?«, sagte die Frau und streckte ihm demonstrativ ihr Champagnerglas hin, als wolle sie auf die bereits wortlos mit ihm getroffene Abmachung anstoßen, mit ihr hinaufzugehen und dort das zu tun, was mehr oder weniger alle taten, die hierherkamen.
    »Prost«, sagte Helmut und stieß halbherzig sein Bierglas gegen den Kelch.
    »Na komm!«, sagte sie, stellte ihr Glas vor sich auf dem Tresen ab und zog ihn sanft mit sich.
    »Nein, ich …«, rief Helmut, gab dem Drängen der Frau aber schließlich nach.
    Sie zog ihn ins Treppenhaus, durch dessen Oberlicht kaum Helligkeit hereindrang, und weiter hinauf in den zweiten Stock. An den Wänden hingen riesige gerahmte Fotografien nackter Frauen in animierenden Posen.
    Oben angekommen, schob die Frau ihn, nachdem sie eine gläserne Gangtür geöffnet hatte, in das erste, kaum beleuchtete Zimmer, steuerte an ihm vorbei auf eine auf einem kniehohen Glastischchen stehende und bereits eingeschaltete Mini-Stereoanlage zu und drückte irgendeinen Knopf. Es lief »When a Man Loves a Woman«.
    Im »Sudfass« gab es eine Reihe von Hinterzimmern, die »Privatwohnungen« genannt wurden. Alle waren sie auf die gleiche Art möbliert: ein Kingsize-Bett gegenüber einer verspiegelten Wand, ein Sessel und ein Glastischchen samt Mini-Stereoanlage, eine Minibar und ein Schrank, der verschlossen gehalten wurde. Darin wurden Gegenstände für die unterschiedlichsten Kundenwünsche verwahrt: Peitschen, Handschellen, Dildos, Cremes und dergleichen. Nur der Geschäftsführer des Clubs hatte einen Schlüssel. In einer Glasschale auf dem Tischchen lag eine Handvoll verpackte Kondome.
    Helmut starrte auf das große, mit dunkelrot schimmernderSeide bezogene Bett, über dessen Kopfteil ebenfalls ein riesiger, von Lichterketten in den verschiedensten Farben umrankter Spiegel an der Wand hing. Die eingeschaltete Stehlampe verbreitete einen schwachen rötlichen Schein.
    »Nein, nicht das«, entfuhr es ihm in dem Moment, als die Musik wechselte und die Frau sich auf die andere Seite des Bettes setzte.
    »Komm mal her!«, erwiderte sie so, als hätte sie nicht den leisesten Zweifel daran, dass sie ihr Ziel erreichen würde.
    »Warum denn …?«, sagte Helmut und trat trotzdem näher an das Bett heran.
    »Setz dich einfach«, sagte sie

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