Die äußerst seltsame Familie Battersby (German Edition)
mir auch einen Wunsch?«
»Ja, sobald sich alle drei etwas gewünscht haben, bist du an der Reihe.«
»Warum willst du das eigentlich unbedingt?«
Daphnes Geschrei vom Dach wurden lauter.
Chessie trat einen Schritt zurück und fasste Ralph an den Schultern. Sie war in ein Meer von Stoffbändern gehüllt, die in allen Farben des Regenbogens leuchteten. Jetzt konnte Ralph seine Tante zum ersten Mal richtig ansehen. Sie sah umwerfend aus, hatte unglaublich viel Energie und hegte vielleicht gute Absichten (sein ›vielleicht‹ war ihm bewusst und auch, dass er gerade versucht war, ein ›bestimmt‹ daraus zu machen). Was war eigentlich so schlimm daran, den Battersby-Kindern die Möglichkeit zu geben, ihre Tante zu sehen? Wenn Cecil und Beatrice dafür wären, hätte Ralph die Familie vereint und könnte sich seinen Traumjob bei MonoMyth wünschen.
»Was müsste ich denn tun?«, fragte er.
»Du hast ja schon einmal mit der Porzellanhirtin gesprochen. Sie kann dir sagen, wie du den Eltern-Schutzbann aufhebst. Ein Teil des Zaubers besteht nämlich darin, dass ich es dir nicht persönlich sagen darf. Diese ewigen Regeln! Eine echte Plage, ich sag es dir!«
»Ich werde sehen, was ich tun kann«, murmelte Ralph widerwillig und wandte sich zum Gehen.
»Danke«, sagte Chessie, ließ dramatisch eine Träne der Rührung über ihre Wange laufen, ohne damit ihr Zauber-Make-up zu ruinieren, und klimperte effektvoll mit den Wimpern (was durch die Menge an Wimperntusche ein erstaunlich komplexer Vorgang war). »Mehr kann ich nicht verlangen.«
11. Kapitel
Als Ralph sich dem Schloss näherte, sah er Daphne in einem Treppenschacht verschwinden. Offenkundig hatte sie beschlossen, sich selbst zu helfen. Daher ging er direkt zu Beatrice, die in ihrem Zimmer auf dem Boden saß und sich mit einem Filzstift schwarze Schmetterlinge auf die Knöchel malte. »He«, platzte es sofort aus ihm heraus, »sag mir jetzt die ganze Wahrheit über Tante Chessie! Alles, was du weißt. Sofort!«
Beatrice sah ihn mit großen Augen an. »Was für eine Wahrheit?«
»Na ja, zum Beispiel, ob sie gut oder böse ist.«
»Das weiß ich nicht. Ich war noch sehr klein, als ich sie das letzte Mal gesehen habe. Und Mum sagt bestimmt, sie ist böse. Die Boulevardblätter halten sie für gut. Komische Frage.« Beatrice steckte den Deckel auf den Filzstift und starrte Ralph mit zusammengekniffenen Augen an. »Du hast sie gesehen, oder?«
»Nein.«
Ihr Blick wurde noch herausfordernder. »Wo? Was hat sie dir gesagt?«
Ralph kapitulierte. »Draußen. Sie will euch wiedersehen.«
»Sie ist hier? Mein Gott!«
»Eben!«
»Ich will wissen, was sie gesagt hat. Alles! Los!«
»Chessie will euch alle drei sehen. Ich habe ihr gesagt, dass ich erst eure Mum fragen muss. Aber das hat ihr nicht gepasst, und sie ist verschwunden. Dann ist sie doch wieder aufgetaucht. Ich habe ihr versprochen, dass ich es dir und Cecil ausrichten werde, ihr aber auch gesagt, dass ihr es bestimmt nicht wollt. Ach ja, währenddessen ist auch noch Daphne teleportiert worden, weil ein Schutzbann ausgelöst worden ist.«
Beatrice stand auf. »Wo ist sie jetzt?«
»Ich glaube, sie hat alleine den Weg runter vom Dach gefunden.«
»Nein, ich meine Chessie.«
»Du willst sie doch nicht etwa treffen, oder doch?«
»Hat sie dir gesagt, warum sie uns sehen will?«
»Anscheinend, um euch einen Wunsch zu gewähren. Was hat das alles zu bedeuten?«
Anstatt ihm zu antworten, rannte Beatrice zur Tür hinaus.
Zehn Minuten später hatten sich Cecil, Beatrice und Ralph im Keller des Schlosses auf einem runden Teppich um eine dicke, flackernde Kerze versammelt.
»Also, was meinst du?«, fragte Beatrice ihren Bruder.
»Wir treffen uns auf keinen Fall mit ihr. Dieses vorsintflutliche Simsalabim braucht heutzutage keiner mehr.«
»Ich frage mich, ob man sich einfach das Ende der ganzen Wunschzauberei wünschen könnte«, meinte Beatrice. »Wäre es das nicht wert?«
»Hör zu«, sagte Cecil und kratzte nervös an einem Pickel, »ich bin ja nicht per se dagegen, Wünsche zu gewähren. Aber ich bin dagegen, dass eine solche Macht so mir nichts, dir nichts ausgeübt wird. Und darum geht es doch bei diesem ganzen nutzlosen mystischen Scheiß. Warum sollen ausgerechnet adelige Kinder, die eh schon alles haben, auch noch Wünsche erfüllt bekommen?«
»Ich weiß, aber … Ich bin einfach neugierig, du nicht?«
Ralph beobachtete die beiden und staunte über die Ruhe, mit der sie das Ganze
Weitere Kostenlose Bücher