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Die Affäre Mollath: Der Mann, der zu viel wusste (German Edition)

Die Affäre Mollath: Der Mann, der zu viel wusste (German Edition)

Titel: Die Affäre Mollath: Der Mann, der zu viel wusste (German Edition) Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Uwe Ritzer , Olaf Przybilla
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sie zu überprüfen und herauszufinden, ob die Anschuldigungen stimmen oder nicht, ob sie Substanz haben oder nicht? Zumindest also Vorermittlungen einzuleiten?
    »Die Einleitung eines Ermittlungsverfahrens erfordert nach dem Gesetz das Vorliegen von ›zureichenden tatsächlichen Anhaltspunkten‹ für eine Straftat«, heißt es in einer Stellungnahme des Generalstaatsanwalts vom 26. November 2012. Auf Mollaths Strafanzeige vom 9. Dezember 2003 sei allein deshalb zu Recht kein Ermittlungsverfahren eingeleitet worden, weil die von ihm genannten Anhaltspunkte nicht zureichend gewesen seien. »Geldtransfers von Deutschland in die Schweiz sind nicht automatisch strafbar und Tatsachen dafür, dass es sich um Schwarzgeld gehandelt habe (Geld, dessen Erträge den deutschen Steuerbehörden nicht offenbart wurden), wurden nicht dargelegt«, lautet ein zentraler Satz in der Erklärung der Nürnberger Staatsanwaltschaft.
    Das kann man in diesem konkreten Fall auch ganz anders sehen. Mollaths Verteidiger Strate hat einmal nachgezählt: In seiner Strafanzeige vom 9. Dezember 2003 nennt Mollath die Namen von 24 möglichen Schwarzgeldkunden seiner Frau, der HVB-Vermögensberaterin. Unter der Überschrift »Zeugen und Täterliste« nennt er 39 weitere Personen samt ihren Funktionen und teilweise mit genauen Anschriften. Gleiches gilt für sieben weitere Personen in der Schweiz und elf Menschen, die bei einer namentlich genannten Investment Services GmbH arbeiten, welche nach seinen Angaben in die dubiosen Geldgeschäfte involviert sind. Mollath gibt den Ermittlern sogar den Tipp, über die Kundenlisten dieser Investmentfirma könnte man die Schwarzgeldschieber ausfindig machen.
    Vor allem aber beschreibt Mollath in seiner Strafanzeige ein Geldverschiebungssystem, wie es seit Jahrzehnten typisch ist für den Schwarzgeldverkehr mit Steueroasen wie der Schweiz. Er nennt angebliche Kontaktleute seiner Frau und bietet sich sogar selbst mit seinen Unterlagen und seinem Insiderwissen als Zeuge an. Es geht um angebliche Kurierfahrten seiner Frau mit Schwarzgeld von Kunden in die Schweiz (wöchentlich, immer freitags), und er beschreibt unter Angabe des Hotelnamens und anderer konkreter Daten, wie »in einem der besten Hotels in Zürich« die Nürnberger Banker »eingehend zur weiteren Vermögensverschiebung geschult« worden seien. In »Steuerrecht, Strafrecht, im Verhalten bei Entdeckung« hätten die Schweizer Banker seine Frau und andere deutsche Helfer unterrichtet. Mollath weiter: »Es wurde weiter verwaltet und hin und her geschoben, je nach Bedarf und Gusto.«
    Einen Kunden habe seine Frau nach dessen Tod sogar beerbt, angeblich inklusive Schweizer Schwarzgeldkonto mit dem Decknamen »Monster«. Das Erbe findet sich übrigens auch im HVB-Revisionsbericht erwähnt. Mollath nennt in seiner Strafanzeige viele solcher Zusammenhänge und beschreibt die zentrale Rolle, die ein Schweizer Banker bei den illegalen Geschäften gespielt haben soll. Er benennt zwei Banken in Zürich als Schauplätze. Und hätte man Mollaths Schnellhefter gelesen, hätte man sogar die Überweisungsaufträge gefunden.
    Viele Namen und Daten, viele Ansätze, wenn man ermitteln will.
    »Es kann keinerlei Zweifel daran geben, dass es sich bei dem Schreiben des Gustl Ferdinand Mollath nicht nur formal, sondern auch materiell um eine Strafanzeige gehandelt hat, die die Staatsanwaltschaft Nürnberg zu weiteren Ermittlungen hätte veranlassen müssen«, schreibt der Hamburger Rechtsanwalt Strate am 22. November 2012 in einer gutachterlichen Stellungnahme, mit der ihn die Freien Wähler im bayerischen Landtag beauftragt haben. Strate ist zu diesem Zeitpunkt noch nicht Mollaths Anwalt. Das Mandat übernimmt er erst wenige Wochen danach, nachdem er, wie er später sagt, »schon bei der ersten Beschäftigung mit diesem Fall in unglaubliche Abgründe geblickt« hat.
    Strate steht nicht in dem Ruf, so mir nichts, dir nichts Gefälligkeitsstellungnahmen zu erstellen. Der Strafrechtler genießt in Justizkreisen bundesweit einen hervorragenden Ruf – den er wohl nicht für hanebüchene Behauptungen aufs Spiel setzt. Er hat bekannte Mandanten in spektakulären Fällen vertreten; in den 1990er Jahren etwa Monika Böttcher, besser bekannt als »Mutter Weimar«, die wegen der Ermordung ihrer beiden Kinder vor Gericht stand. Strate gilt als Spezialist für Wiederaufnahmeverfahren. Ein solches strebt er im Februar 2013 auch für Gustl Mollath an.
    Über Mollaths ignorierte

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